VII - Elno (3/5)

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Die folgende Woche war anstrengend für ihn. Immer wieder sah er Jungreiter tuschelnd zusammenstehen und mit den Fingern in seine Richtung zeigen. Wenn er vorbeilief, dann warfen sie ihm verstohlene Blicke zu. Andere wiederum schienen ihm mit neuer Hochachtung zu begegnen. Doch er war weder stolz auf das, was er getan hatte, noch mochte er ihre Scherze darüber, wem er als Nächstes die Haare verbrennen sollte. Er war froh, wenn sie Unterweisungen erhielten, denn nur selten wurde dort Getuschel und Ablenkung geduldet.

Als sie nach einer Woche anstrengender Übungen ihren freien Tag hatten, war Elno anders als sonst nicht froh darüber, denn er fürchtete, dass es schwer sein würde, den anderen aus dem Weg zu gehen. Als er morgens erwachte, verkroch er sich unter seiner Decke und wartete mit dem Aufstehen, bis die anderen ihren Schlafsaal verlassen hatten. Wahrscheinlich waren sie zum Frühstück gegangen. Da er ihnen auch dort nicht begegnen wollte, überlegte er, ob er zu den Kartenräumen gehen sollte, um zu schauen, ob er Gitto dort traf. Er wusste nicht genau wieso, aber er begann, Gitto zu mögen. Er war noch ein weiteres Mal mit ihm unterwegs gewesen, zusammen mit Piules. Sie hatten sich das Heim des Clans von Utinga angeschaut und Elno verstand, dass ihre Erkundungen Atheas damit abgeschlossen waren. Das bedeutete auch, dass er kein weiteres Mal mit Finiel unterwegs sein würde und sie von nun an wohl wieder im Kartenraum bei der alten Gimla sitzen würden.

Finiel schien weiterhin beschäftigt zu sein. Nur einmal kurz hatte er sie gesehen, ohne jedoch viel mit ihr sprechen zu können. Anscheinend hatte sie sich gleich wieder auf den Weg gemacht, um sich an einigen Lieferflügen zu beteiligen, wie er erfuhr. Das irritierte ihn, denn er erinnerte sich daran, dass sie gesagt hatte, diese Flüge seien sehr unbeliebt. Damals hatte er daraus geschlossen, dass auch Finiel sie nicht mögen würde. Insgeheim war er ein wenig enttäuscht, dass sie so beschäftigt war und keine Zeit mehr für ihn hatte.

Auch Roderic schien weiter unterwegs zu sein, zumindest fehlte er bei den Kampfübungen. Elno trainierte stattdessen mit Gordwyn, jenem Mädchen, welches ihm hin und wieder unfreiwillige Gesellschaft bei seinen Schreib- und Leseübungen leistete. Entgegen ihren Misserfolgen beim Lesen zeigte sie ein überraschend gutes Kampfgeschick. Das Training mit ihr machte Spaß und Elno merkte, dass er mit Roderic mehr gelernt hatte, als ihm bisher klar gewesen war. Trotz allem fragte er sich, wo Roderic wohl war und auch seine Abwesenheit missfiel ihm. Jetzt, wo Roderic nicht da war, schien Tenolia ihn öfter bei seinen Übungen zu beobachten und sie kritisierte ihn viel. Das verunsicherte ihn und sein aufkommendes Selbstvertrauen, welches er angesichts seiner angenommenen Erfolge hatte, verflog schnell wieder. Gordwyn hingegen schien von den gemeinsamen Übungen zu profitieren und sie fragte Elno des Öfteren, ob sie diese oder jene Bewegung richtig ausführte. Meistens entdeckte er kleinere Fehler. »Nein, nicht so«, sagte er dann und zeigte ihr, wie er es für richtig hielt. Erklären aber konnte er ihr nichts und dieses Unvermögen machte es schwer für ihn, dass sie fragte.

Auf dem Hof war es mittlerweile sehr kalt. Trotz allem geriet Elno bei seinen Übungen ins Schwitzen und es schien ihm doppelt so anstrengend wie an den wärmeren Tagen, auch wenn sie viel kürzer übten. Wenn man eine Pause machte, begann man sehr schnell zu frieren, was dazu führte, dass die meisten einfach gar keine Pause machten.

Auch die Flugstunden waren weniger erfreulich. Elno fror in der eisigen Flugluft. Er hielt das Tempo gering, sofern es möglich war, denn Miro verfolgte bisweilen andere Pläne. Er schien sich einen Spaß daraus zu machen, Elno zu erschrecken oder zu ärgern, nachdem er ihn in der Zeit zuvor im Glauben gelassen hatte, Elno würde bestimmen, wo es lang ginge. Schon damals hatte Elno den Eindruck gehabt, Miro würde einzig aus Gefälligkeit fliegen, wie er es wollte und nun hatte er den Beweis für seine früheren Überlegungen.

»Mach dir nichts daraus!«, sagte Flugmeisterin Igrimma eines Tages zu ihm, nachdem Miro mit Elno herumgeflogen war, wie es ihm gefiel und Elno keine einzige der Flugaufgaben hatte ausführen können, die Igrimma ihnen aufgab. »Miro galt schon immer als etwas verrückt. Vor dir hat er für Jahrzehnte keinen Reiter akzeptiert.« Elno nahm diese Information zur Kenntnis, ohne dass sie ihn wirklich aufmuntern konnte. Zwischenzeitlich erinnerte er sich daran, wie er bei seiner ersten Begegnung mit Miro dessen Stimme in seinem Kopf gehört hatte. Mittlerweile war er sich sicher, dass er sich sie nur eingebildet hatte, denn seitdem hatte er nichts Vergleichbares mehr erlebt. Ein ums andere Mal beneidete er die anderen um ihre Drachen, die viel ruhiger und bedächtiger zu sein schienen, ja manchmal sogar abwesend wirkten. Auch die anderen Drachen schienen Miro ein wenig zu meiden, als störe sie seine überdrehte Art.


Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sichWhere stories live. Discover now