V - Vinja (4/4)

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Der Verkaufsraum war voller Menschen. Auf der einen Seite des Zimmers standen vier Männer und eine Frau. Zwei der Männer trugen weiße Kleider, die anderen hingegen reichbestickte, schwarzblaue Jacken und Mäntel. Einer von ihnen trug darüber hinaus einen eckigen Hut. Er hielt ein Blatt Pergament in den Händen und wedelte damit in der Luft herum, während er sprach. Auf der anderen Seite standen Rigund und Belfonso mit verschränkten Armen hinter der Theke und schauten mit harten Gesichtern zu den anderen hinüber. Waren ihre Eltern in Schwierigkeiten?

»...sind bereit, euch nachzusehen, dass ihr euch bisher nicht selbst gemeldet habt. Aber so geht das nicht weiter!«, beendete der Mann mit dem Pergament in der Hand seinen Satz. Seine Stimme war hoch und dünn, aber er sprach mit strengem Klang und seine Augen funkelten. Einer der Männer blickte zu Vinja herüber, als sie in den Raum trat, wandte den Blick aber schnell wieder Rigund und Belfonso zu. Trotz allem erkannte Vinja ihn. Es war der Mann, den sie getroffen hatte, nachdem sie eine Werbeschrift an die Königsgarde verteilt hatte und der sich sehr dafür interessiert hatte, was sie machten.

»Es gibt hier nichts nachzusehen!«, blaffte jetzt Rigund. »Wir hatten nie vor, uns bei der Gilde zu melden und wir werden es auch jetzt nicht tun.« Sie deutete auf das Pergament. »Das kannst du dir sonst wohin stecken.«

Wenn es möglich war, so verfinsterte sich der Blick des Mannes mit dem Hut noch weiter, doch er ließ die Hand mit dem Pergament sinken.

»Dann habt ihr in unserem Viertel nichts mehr zu suchen! Ihr müsst umziehen!«, sagte er zornig.

»Das ist unser Haus! Ich glaube kaum, dass ihr da irgendetwas zu entscheiden habt!«, gab Rigund zurück.

»Das führt doch zu nichts«, schaltete sich jetzt die Frau ein, die neben dem Mann mit dem Hut stand, »Ihr seid nicht von hier und ich verstehe, dass das euch erst einmal fremd vorkommt, aber die Gilde bietet euch auch Vorteile. Wir legen Preise fest, sodass euch keiner unterbieten kann, wir vertreten eure Interessen vor ...«

Weiter kam sie nicht. Rigund schnitt ihr mit einer Geste das Wort ab und begann dann selbst zu sprechen: »Und genau deswegen brauchen wir euch nicht! Wir legen unsere Preise fest, versteht ihr? Und wir vertreten unsere Interessen, wenn es sein muss. Eure Bader waschen mit solch miserabler Qualität, dass wir Goldschillinge für jede Wäsche verlangen könnten, wenn wir wollten!«

Als sie das sagte, sogen zwei der in Weiß gekleideten Männer scharf und hörbar Luft ein. Einer von ihnen, er war klein und grauhaarig, bekam einen puterroten Kopf und wandte sich an den Mann mit dem Hut.

»So eine Unverschämtheit, bisher hat es nie Klagen gegeben! Selbstverständlich verstehen wir unser ...«

Doch die Frau achtete nicht auf ihn. Auch sie wandte sich zu dem Mann mit dem Hut. Ihre Stimme war kalt und unzufrieden.

»Ich denke, es ist alles gesagt. Wir sollten gehen.«

Der Mann nickte, ohne sich zu ihr umzudrehen, den Blick immer noch auf Rigund und Belfonso gerichtet.

»Wohl an«, sagte er und machte einen Schritt auf die Theke zu. Vinja sah, wie Belfonso einen Schritt nach hinten machte, aber Rigund blieb ohne jede Regung stehen und starrte dem Mann ohne mit der Wimper zu zucken ins Gesicht.

»Ich rate euch, unser Angebot noch einmal zu überdenken. Wie Umine schon gesagt hat, es hat Vorteile, in der Gilde zu sein.« Er machte eine kurze Pause, wobei er Rigund mit schmalen Augen fixierte, »Darüber hinaus kann es durchaus zu ...«, er zögerte einen Moment und sprach das nächste Wort mit besonderer Betonung aus, »... zu Problemen führen, nicht in der Gilde zu sein.« Er streckte den Kopf nach vorne und ließ seinen Blick von Rigund zu Belfonso und zurück zu Rigund wandern.

Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt