IV - Elno (1/4)

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Elno langweilte sich. Er saß im Sessel vor dem Fenster und blickte hinaus in den dahinter liegenden Garten. Der Tag neigte sich dem Ende zu und draußen wurde es still.

Seit seiner Ankunft waren einige Tage vergangen. Girion war am zweiten Tag kurz vorbeigekommen, um zu fragen, ob es ihm gut ginge. Elno hatte keinen Grund gehabt, sich zu beschweren und Girion war schon bald wieder gegangen. Ansonsten hatte Elno nur Tymot zu Gesicht bekommen. Der alte Mann kam mehrmals am Tag ins Zimmer geschlurft, brachte etwas zu essen und fragte Elno nach seinem Befinden.

Elno begann, den alten Mann zu mögen. Tymot war freundlich und schien ihn nicht absonderlich zu finden. Allerdings wirkte er auch oft abwesend und Elno hatte den Eindruck, dass Tymot einfach das machte, was er immer machte, ohne dabei wirklich wahrzunehmen, was er tat.

Wie alt Tymot wohl sein mochte? Elno hatte einmal gehört, dass Menschen mehrere hundert Jahre alt werden konnten, doch er wagte nicht, Tymot danach zu fragen.

Das Essen, das es gab, war das beste, was Elno je gegessen hatte. Es gab viele Früchte und immer wieder waren welche dabei, die Elno nicht kannte. Manchmal sagte ihm Tymot ihre Namen, aber Elno vergaß sie meistens wieder. Daneben gab es Brot und Käse, Wurst, aber auch süße Sachen, wie etwa Honig oder kleine Naschereien aus süßem Teig.

Am zweiten Tag hatte Elno an den Apfel und die Honinchen denken müssen, die Finiel für ihn eingesteckt hatte und er überlegte, ob sie wohl vorbeikommen würde, um sie ihm zu bringen. Doch sie kam nicht, nicht am ersten Tag, nicht am zweiten und auch nicht am dritten.

Einmal war Tymot mit ihm in den Garten gegangen und Elno hatte sich dort sehr wohlgefühlt. Ein einzelner Vogel lebte im Garten und abends sang er in der Nähe von Elnos Fenster. Ohne Tymot jedoch traute sich Elno nicht nach draußen, auch wenn dieser ihm gesagt hatte, er dürfe sich auch alleine außerhalb seines Zimmers bewegen und im Palast herumspazieren. Aber Elno wagte es nicht. Als Tymot dies bemerkte, hatte er Elno selbst im Palast herumgeführt.

»Wir befinden uns hier im Palast der Winde«, hatte Tymot erläutert, als sie zusammen in der großen Eingangshalle standen. Seine hohe und dünne Stimme bekam hier einen unheimlichen Klang, wenn sie von den Wänden und dem Kuppeldach zurückgeworfen wurde.

»Es ist das älteste Gebäude Atheas und es wird gesagt, es war schon vor den ersten Menschen hier, als nur die Drachen den Berg bewohnten.«

Das hatte Elno sehr verwundert. Er hatte gedacht, die Menschen wären mit den Drachen hierhergezogen, aber so wie Tymot es erzählte, klang es, als ob die Drachen schon ohne die Menschen hier gelebt hätten. Sein Blick war zu den Statuen und Bänken an den Wänden gewandert.

»Nein, die sind jüngeren Ursprungs«, hatte Tymot gesagt, als hätte er Elnos Gedanken erraten, der sich gerade fragte, wie Drachen so etwas hatten bewerkstelligen können, und wieso sie überhaupt Bänke hätten fertigen sollen.

Einer der Gänge, die aus der Halle führten, endete an der Bibliothek. Der Gang war sehr schön, er war breit und hatte so viele Fenster, dass man fast den Eindruck bekommen konnte, als würde man draußen spazieren gehen. Wie schon in der Eingangshalle schlenderten hier einige Leute herum oder saßen auf einer der vielen Bänke. Die meisten beachteten Elno nicht, aber fast jeder schien Tymot zu kennen und die meisten grüßten ihn freundlich.

In der Bibliothek waren sie nur sehr kurz gewesen. Elno konnte nicht lesen und mit Büchern konnte er nichts anfangen, auch wenn ihn die hohen Bücherregale beeindruckten, die sich hinter einer Theke weit in den Raum hinein erstreckten. An der Theke hatten sie einen Mann getroffen, den Tymot ihm als Hibrian vorgestellt hatte. Hibrian wirkte auf Elno fast so alt wie Tymot, doch bewegte er sich etwas geschmeidiger und war nicht so gebeugt. Hibrian schien es nicht zu gefallen, dass Tymot und Elno sich in der Bibliothek aufhielten und es dauerte nicht lange, da schickte er sie unfreundlich wieder hinaus. Im Gang entschuldigte sich Tymot bei Elno und sagte, Hibrian hätte aufgrund seines jungen Alters noch ein sehr hitziges Temperament.

Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sichWhere stories live. Discover now