III - Elno (1/5)

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Elno starrte an die Decke. Er lag auf dem Boden des Zimmers, das ihm der Bürgermeister zur Verfügung gestellt hatte. Das Zimmer war groß und Elno fühlte sich elend und verloren. Draußen war es dunkel.

Sein Blick wanderte zur Tür. Sie war geschlossen und wenn niemand von außen hereinkam, würde sie es auch bleiben, denn Elno hatte keine Lust hinauszugehen. Der Bedienstete des Bürgermeisters, der ihn hierher gebracht hatte, hatte ihm zwar gesagt, dass er herunterkommen möge, wenn er sich »frisch gemacht« hätte, aber Elno hatte nicht vor, sich frischzumachen.

Der Bedienstete hatte die Nase gerümpft, als Elno mit dem Bürgermeister durch die große Eingangstüre gekommen war und hatte Elno das Gefühl vermittelt, nicht hierherzugehören. Elno wäre lieber nicht hier gewesen. Er hatte beschlossen, einfach im Zimmer zu warten, bis Girion oder jemand anderes ihn abholen würde.

Bisher hatte man ihn in Ruhe gelassen. Das war ihm nur recht, denn in seinem Kopf kreisten die Gedanken und seine Gefühle wechselten wild hin und her.

Seine Situation kam ihm seltsam unwirklich vor. Er war auf einem Drachen geritten und nun sollte er zu einem Drachenreiter werden. Das Bild von den vorbeiziehenden Drachen und ihren prächtigen Reitern bei der Parade tauchte in seinem Kopf auf. Wie sollte er jemals so auf einem Drachen sitzen und eine solche Rüstung tragen, umjubelt und bewundert? Er seufzte und drehte sich auf die Seite. Dabei fiel sein Blick auf das große Bett, das im Zimmer stand. Es war so groß, dass eine ganze Familie hätte darin schlafen können. Elno hatte nur einmal kurz den weichen Stoff der Decken berührt und sich dann auf den Boden gelegt. Er wollte den Stoff nicht beschmutzen. Als er an sich hinuntergeschaut hatte, war er sich in seiner neuen Umgebung besonders dreckig vorgekommen.

Der Bedienstete des Bürgermeisters hatte ihm gesagt, er solle sich frisch machen, aber Elno wusste nicht genau, was er damit gemeint hatte. Neben dem Bett stand eine Wasserschüssel, daneben lagen ein weiches Tuch, ein weites Hemd und eine Hose. Hemd und Hose waren Elno viel zu groß, daher vermutete er, dass sie nicht für ihn gedacht waren. Von dem Wasser hatte er ein paar Schlucke getrunken, denn er war sehr durstig.

Was wohl Keff und die anderen gerade taten? Hatten sie Jula gefunden und waren auf dem Rückweg? Oder liefen sie noch immer in der Stadt herum und suchten sie? Elno seufzte. Es war das erste Mal, dass er andere Kinder kennengelernt hatte, die freundlich zu ihm gewesen waren. Dann fiel ihm ein, dass er ihnen gesagt hatte, er würde von einem benachbarten Hof kommen. Keff hatte gesagt, er würde ihn dort besuchen. Was er wohl denken würde, wenn er dort aufkreuzte und herausfände, dass Elno ihn angelogen hatte? Vermutlich würden sie ihn nicht mehr nett finden, wenn sie ihn das nächste Mal sahen. Dieser Gedanke machte ihn traurig und er schloss die Augen.

Dann musste er an seine richtige Familie denken. Was in ihrer Hütte wohl gerade passierte? War Bolg daheim oder war er wieder unterwegs? Und wie ging es Nela? Elno hoffte, dass es ihr gut ging und er versuchte sich einzureden, dass es ohne ihn sicher besser war, denn Bolg hatte sich öfter über ihn als über Nela aufgeregt. Doch als er Nela vor seinem inneren Auge sah, ahnte er, dass er sich etwas vormachte.

Er stand auf. Elno wusste nicht wirklich wieso, aber etwas zog ihn zurück nach Hause. Er wollte nicht mehr hier sein. Hier kam er sich fehl am Platz vor und viele der Dinge, die er erlebt hatte, verstand er nicht. Er ging zur Tür und presste sein Ohr gegen das Holz. Draußen war es ruhig, aber in einiger Entfernung konnte er Stimmen hören. Einmal meinte er sogar, seinen Namen zu hören.

Ob sie ihn einfach gehen lassen würden, wenn er wollte? Was, wenn nicht? Nervös schaute er im Zimmer umher. Sein Blick blieb am Fenster hängen. Vielleicht war das eine Lösung. Er war gut im Klettern. Niemand würde ihn bemerken, wenn er in der Dunkelheit hinaus klettern würde. Aber war das Fenster zu hoch? Zumindest nachgucken wollte er und mit ein paar schnellen Schritten durchquerte er den Raum.

Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sichWhere stories live. Discover now