VI - Elno (2/6)

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Die nächsten zwei Wochen verbrachte er im Haus der Heiler. Er schlief in einem gemütlichen Bett und bekam jeden Tag eine bittere, dunkle Flüssigkeit zu trinken. Sie schmeckte nach Gras und Beeren und immer wenn er einen Schluck davon nahm, zog sich sein Mund zusammen. Zu essen gab es jeden Tag das Gleiche, eine klare Brühe aus Gemüse und Kräutern. Sie schmeckte nicht schlecht, doch schon nach ein paar Tagen wuchs in Elno das Bedürfnis nach fester Nahrung.

Auch sein verletztes Handgelenk besserte sich. Am dritten Tag bekam er keinen neuen Verband und die Schmerzen waren fast verschwunden.

Die meiste Zeit langweilte er sich. Meister Hoergel hatte ihm zwar ein Buch über die Heilkunst zu lesen gegeben und Elno hatte sich auch bedankt dafür, aber lesen konnte er es nicht. Nur die Bilder hatte er sich anschauen können. Sie zeigten eine Reihe von Pflanzen und Elno war überrascht, dass er ein paar von ihnen kannte, auch wenn er ihre Namen nicht wusste.

Bereits nach einer Woche war es ihm besser gegangen, doch Meister Hoergel hatte darauf bestanden, dass er noch eine weitere Woche dort blieb.

»Wenn einer das Fieber hat, dann bekommen es die anderen auch! Du bleibst hier«, hatte er gesagt. Elno war froh, als Hoergel ihn an einem sonnigen Nachmittag endlich wieder gehen ließ.

Auf dem Weg zurück zum Heim von Ketena rechnete er nach, was am morgigen Tag wohl anstehen würde und er kam darauf, dass sie sich wohl mit dem Drachenfliegen beschäftigen würden. Doch seine gute Laune, die er angesichts der Aussicht morgen auf Miro reiten zu können, entwickelte, wurde zunichtegemacht, als er abends in ihrem Schlafsaal auf Piules traf.

»Sch... Sch... schlechte Neuigkeiten!«, sagte dieser, nachdem er Elno begrüßt hatte, offensichtlich froh ihn wiederzusehen. »M... Meisterin Gimla hat gesagt, d... d... dass du d... d... das Verpasste nachholen sollst!«

Elno wusste nicht, was daran schlecht sein sollte. Zweimal hätte er in der Zwischenzeit mit Finiel unterwegs sein sollen und er hatte die Zusammentreffen im Heilerhaus schmerzlich vermisst. Sie nachholen zu können, erfreute ihn.

»S... Sssie hat gefragt, wer dich sonst herum f... f... führt und ich habe gesagt, d... d... dass Finiel es macht.«

Elno wünschte sich, Piules würde schneller zum Punkt kommen, aber er wartete.

»F... fff... Finiel ist aber nicht da, sie mmmacht einen Er... Erkundungsflug! Und... und... und«

Eine Ahnung stieg in Elno auf und sie hatte mit dem verkniffenen Gesicht eines Jungen zu tun.

»Und... und... und jetzt wird Gitto dich weiweiweiter herumführen.«

»Wann?«, fragte Elno.

»Gl... gl... gleich morgen!«

Elno nickte. Seine Stimmung trübte sich. Die Aussicht, den nächsten Tag mit Gitto zu verbringen, verunsicherte ihn und einen Moment dachte er daran, ob er unter irgendeinem Vorwand wieder ins Haus der Heiler zurückkehren könnte, bis Finiel zurück wäre. Er erinnerte sich, wie sehr Piules unter Gittos strenger Art gelitten hatte und immerhin konnte Piules sich die Sachen noch aufschreiben, die Gitto ihm beibrachte. Er konnte das nicht und überhaupt fiel es ihm schwer, sich etwas zu merken. Außer bei Finiel, dachte er, doch er schob den Gedanken gleich wieder beiseite. Er war ein wenig verstimmt, dass sie unterwegs war und er nun den nächsten Tag und vielleicht sogar noch einen weiteren Tag mit Gitto verbringen musste. Zumal nun auch das Fliegen ausfallen würde und ein Wiedersehen mit Miro ebenfalls verschoben war.

Piules, der ihn die ganze Zeit beobachtet hatte, schlug seine Decke zurück und kroch ins Bett.

»G...g...gute Nacht, Elno«, sagte er.

»Nacht«, antwortete Elno unfreundlich und legte sich unzufrieden schlafen.

Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sichWhere stories live. Discover now