Vorbereitungen

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Auch wenn Adriana gesagt hatte, dass die Vorbereitungen fast abgeschlossen seinen, dauerte es noch vier Wochen voller Vorbereitungen, bis es endlich losgehen konnte. Leider hatte ich selbst keinen Einfluss an den Vorbereitungen, auch wenn ich immer wieder versuchte Tipps zu geben, welche Kleidung die geeignetste wäre, welche Strecke man am Besten nehmen sollte oder was man für ein Nachtlager bräuchte, wollte keiner der insgesamt 12 Expeditionsteilnehmer auf mich hören und auch nur einen dieser Tipps annehmen. Ich durfte mir noch nicht mal meine Tasche für die Reise selbst packen. Die Expedition wurde für zwei Monate geplant, doch obwohl ich mehrfach fragte in welche Richtung sie gehen würden, konnte ich mit ihren Angaben und Namen, die sie den Orten außerhalb gegeben haben nichts anfangen.

In der Nacht vor unserm Aufbruch war ich so aufgeregt, dass ich keinen Schlaf fand. Ich betrachtete die Tasche mit den gepackten Sachen. Mit einem Mal wurde mir klar, dass ich nun als eine von Ihnen die die Welt meiner Familie ging. Jeder Clan würde mich für eine aus diesem kriegerischen Clan der Fremden halten. Sie würden mich mehr verabscheuen, als davor. Ich erinnerte mich, wie der Halander Clan auf ich reagiert hatte und da trug ich die Kleidung der Clans, war allein unterwegs und konnte mit ihnen sprechen. Jetzt würde ich da draußen umringt von ihren Waffen stehen.

Panik überkam mich und ich sprang von dem Bett. Sofort fing ich an in meinem Schrank zu wühlen, bis ich drei Unterkleider zusammen hatte. Dann suche ich mir noch eine Kordel, die so schmucklos war wie möglich und stopfte alles zusammen in meine Tasche. Ich konnte jetzt nur noch hoffen, dass niemand mehr reingucken würde. In diesen Kleidern könnte ich mich wie eine Clanfrau anziehen. Auch wenn es vermutlich nichts ändern würde, dass ich so aussah, wie die „bösen“ Fremden, hatte ich doch das Gefühl damit nicht so fehl am Platz zu sein, wie mit den Kleidern, die mir eingepackt wurden. Irgendwann schlief ich dann vor Erschöpfung ein.

Viel zu früh wurde ich am nächsten Morgen geweckt. Lucía half mir mich zu waschen und dann anzuziehen. Dafür hielt sie mir ein Kleidungsstück entgegen, was ich von den Männern kannte. Aber ich hatte noch nie gesehen, dass eine Frau das anzog. „Das ist eine Leinenhose, die wirst du brauchen, wenn du da draußen bist.“ Erklärte mir Lucía. Ich zog die beige Hose an und mochte sofort das Gefühl, wie sie meine Beine umschmeichelte. Nachdem ich auch ein beiges und lockeres Leinenoberteil anhatte, betrachtete ich mich im Spiegel. Ich musste zugeben, dass mir diese Kleidung stand. Auf jeden Fall besser als die weitausladenden und bunten Kleider, die man mir hier täglich angezogen hatte.

Als ich nach unten ging erwartete mich Yermo bereits am Frühstückstisch. Stumm saßen wir nebeneinander und aßen. Ich hatte das Gefühl, dass etwas zwischen uns stand. Was genau das war konnte ich aber nicht sagen. Als es Zeit zum Abschied war stellte ich mich vor Yermo und vollführte einen Knicks, wie er es mir beigebracht hatte: „Auf Wiedersehen Yermo.“ Sagte ich höflich. Als er mich weiterhin ungerührt ansah drehte ich mich um, während ich das Gefühl hatte, dass sich etwas spitzes in mein Herz bohrte. Ich ging die wenigen Schritte zur Tür und griff nach der Türklinke.

„Siela, warte!“ Erleichtert doch noch etwas von ihm zu hören, drehte ich mich in freudiger Erwartung um. Statt einer Verabschiedung drückte mir Yermo nur einen überdimensionierten Weidenhut in die Hand. „Vergiss nicht deinen Hut“, sagte er, drehte sich um und verschwand im Wohnzimmer. Entgeistert schaute ich ihm nach. Bedeutete ich ihm denn gar nichts? Hatte er mich dieses knappe Jahr, dass ich nun bei ihm lebte, nur geduldet? War er etwa froh die lästige Fremde loszuwerden? Den Tränen gefährlich nah umklammerte ich den Hut und stürmte aus dem Haus.

Die Hausangestellten hatten Mühe mir mit dem Gepäck zu folgen, als ich so schnell ich konnte ohne zu Laufen auf den Marktplatz zuging, wo wir uns treffen würden. Neben Adriana und mir kam noch Thomás der Koch, Mark, Andrés, Nael, Luis, Gael und José von der Wache sowie Enzo als Schreiber und Iker als Fotograf. Adriana als Expeditionsleiterin und ich waren demnach die einzigen Frauen. Unser Gepäck, sowie alle Vorräte für den Koch, den Schreiber, den Fotograf und mich, befanden sich auf einem großen Planwagen, der von vier Pferden gezogen wurde. Den Wagen würde immer einer der Teilnehmer fahren, da dies gleichzeitig bedeutete nicht laufen zu müssen. Die restlichen Teilnehmer wurden nah beim Wagen gehen, während uns die Wachen mit ihren Gewehren, wie diese Waffen hießen, umringen würden. Es dauerte nicht lange bis wir vollzählig waren und unter dem Jubel der Menge, die sich um uns versammelt hatte durch das Tor marschierten.

Sintalis - Weiße RoseWhere stories live. Discover now