•EINUNDVIERZIG - ICH•

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Tom fährt mit einer Hand durch seine Mähne.

Ich mag seine wuscheligen braune Haare, die aussehen, als sei er gerade aufgestanden.

Währenddem ich auf das Piepsen des Backofens warte, mustere ich ihn von der Seite.

Unter seinem weissen Hemde zeichnet sich ein schlanker, durchtrainierter Oberkörper ab. Die Hemdsärmel hat er hochkrempelt, sodass ich seine muskulösen Unterarme sehe. Er sieht wirklich gut aus.

Im Herbst letzten Jahres ungefähr, stand er in meinem aufgeräumten Büro, hatte meine Bücher ausgepackt, auf die Kommode neben dem Regal mit den Ordnern gestellt. Und er hatte damit ein ziemliches Chaos angerichtet. Selbstverständlich wurde ich wütend und habe gedacht, ich hätte es mit einem Paparazzo zu tun. Hätte ja wirklich sein können. Jedenfalls hatte ich George vom Sicherheitsdienst gerufen, damit er ihn hinaus eskortieren sollte.

Und was dann folgte, war definitiv besser als eine Komödie. Parker hörte man aus dem Nebenzimmer - eine nicht angenehme, etwas kreischende Stimme. Er stand wie auf Nadel, da ich seinen neuen Marketing Leiter aus dem Gebäude schmeissen wollte.

Wohl am Anfang unserer ersten Begegnung habe ich wohl sehr wenig diplomatisch verhalten, wie es sich von einem typischen Schweizer gehörte, so Tom.

Das war auch einer der Gründe, weshalb ich mir Sprüche über Schweizer anhören muss, die sich Tom jeweils ausdenkt und mich damit in den Wahnsinn treibt.

Allerdings musste er auch mit der Tür direkt ins Haus fallen und küsste mich wenige Monate später einfach so auf den Mund.

Seine schokoladenbraunen Augen sehen mich jetzt gerade amüsiert an. Der Backofen piept, die Pizzen sind fertig. Mein Magen knurrt leise, da sich der köstliche Pizza Geschmack in der ganzen Wohnung verteilt hat. Schliesslich öffne ich die Backofentüre und nehme die Pizzen raus.

Mein Freund hat es sich mittlerweile auf der Couch bequem gemacht und wartet sehnsüchtig auf das Essen. Lange sitzen Tom und ich an diesem Abend zusammen und unterhalten uns. Dabei essen wir die köstlichen Pizzen und trinken noch ein Glas Rotwein.

Danach kuscheln wir uns zu zweit auf das Sofa und schauen irgendeinen Schwachsinn, der gerade im Fernseher läuft.

Ich höre gar nicht so genau, denn meine Gedanken wandern wild umher von meiner Familie, über meinen Job zu meiner Buchvorlesung im Krankenhaus ...und Louis. Wieder einmal Louis. Immer wieder muss ich an unseren Kuss denken.

Ich weiss, dass es sinnlos ist und ich weiss, dass es falsch ist. Doch die Erinnerung an diesen Abend ist wie eine Droge - sie gibt mir sofort ein gutes Gefühl, ein garantiertes Hochgefühl - auch wenn es aussichtslos erscheint. Louis ist der derjenige, der mich eiskalt abgewiesen hat. Es verletzt mich nach wie vor.

Aber jetzt habe ich Ruhe vor Walker und seinen dämlichen Sprüchen. Je eher ich ihn vergesse, desto besser.

Ich kuschle mich enger an Tom, während er tapfer auf den Fernseher sieht, ohne zu seufzen oder die Augen zu verdrehen.

«Mona, ich möchte den Film zu Ende schauen.»

Unbeeindruckt beginne ich seinen Nacken zu küssen und habe inzwischen auch den Rest seines Ohres im Mund.

«Tommy, den Film kennst du bereits.», necke ich ihn oder versuche ich es zumindest ihn auf die Nerven zu gehen.

«Ich weiss die gute Absicht hinter deiner Tat zu schätzen, Mona.»

Ich nicke. Das hörte sich richtig an. «Dann kannst du mir auch einen Gefallen tun. Bitte, küss mich einfach.», flehe ich und strecke mich ihm entgegen.

«Was ist bloss los mit dir?», fragt er grinsend. «Zuerst lässt du mich 2 Wochen im Regen stehen und jetzt willst du mich verführen?»

«Ich will nur etwas herausfinden.»

«Ach so, wenn du meinst.», erwidert mein Freund und nimmt mich fester in den Arm.

Ich atme seinen Geruch ein und hebe den Kopf, um ihn zu küssen. Weil ich sicher bin, dass das ausreichen wird, um diese Gedanken beiseite zu schieben. Aber Tom zieht mich fester in die Arme und hält mich. Es verwirrt mich, der feste Herzschlag in seiner Brust, seine Arme, die mich umgeben und die Zärtlichkeit dieser Geste noch effektiver sind als die Leidenschaft seiner Lippen.

Eine ganze Weile sitzen wir eng aneinandergepresst. Durch die geöffnete Terrassentür hört man den Strassenverkehr, aber alles, was ich fühlen möchte, ist Tom.

Es ist schon ein intensives Gefühl, das nichts mit Lust zu tun hat und das ich zulassen sollte.

Tom schiebt mich ein Stück von sich weg und sein Blick sucht den meinen. Ich sehe die Frage, darin was mit mir los wäre, was ich selbst nicht beantworten kann.

Ohne Erklärung knöpfe ich ihm sein Hemd auf, bevor ich mich selbst ausziehe. Erst als ich nur noch BH und Slip trage, setze mich auf seine Schenkel.

«Ich will endlich mit dir schlafen. Weil ich dich gern habe und mittlerweile an nichts anderes mehr denken kann.», offenbare ich ihm.

«Du hast mich ganz schön lange zappeln lassen, muss ich sagen.»

«Mit jemanden zusammen sein, heisst für mich noch lange nicht, dass ich deshalb auch gleich mit ihm ins Bett hüpfen muss.»

«Bist du dir sicher, dass du das hier willst?», will Tom von mir wissen.

Das ist wohl eine Fangfrage, deren Antwort voller Selbstzweifel, Unsicherheit und Gefühlschaos wäre.

«Ja, ich bin mir ganz sicher.»

BEFORE YOU SAY GOODBYE | 🇩🇪Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt