NEUN - ICH

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Die restlichen Tage verbringe ich die meiste Zeit damit, mich abzulenken und mir über diese eine Nachricht nicht allzu fest Gedanken darüberzumachen.

Bin ich etwa so naiv zu denken, dass sich dadurch mein Leben um 180 Grad komplett verändern würde? Vermutlich? Ich weiss es leider nicht.

In meinem Kopf spielen sich schon Szenarien ab, was passieren würde, denn ich Mister Parker zurückschreiben würde.

Mir bleibt also nicht anders übrig, als wieder im Trott der Routine stecken zu bleiben. Und ich bin mir sicher, dass irgendwann mein Hamsterrad des Alltages anhält. In jeder Hinsicht bin ich sehr zuversichtlich.

Es ist also wieder Montag, der Tag, dem alle mit hängendem Mundwinkel entgegensehen. Jener Tag, über den viele sogar am Freitag verfluchen. Und natürlich, an dem alles wieder von vorne losgeht.

Ich brauche jetzt wirklich einmal eine Auszeit. Am Strand beispielsweise im Liegestuhl oder in der Hängematte einfach so – die Seele baumeln lassen. Cocktail schlürfend den Wellengang beobachten, das Meeresrauschen in den Ohren hören und den salzigen Geruch spüren, der in der Nase kitzelt. Anstatt, dass ich den attraktiven Bademeister anstarre, wie er zwischendurch seine Muskeln spielen lässt, widme ich meine volle Aufmerksamkeit lieber einem alten Buchklassiker wie beispielsweise Wilhelm Tell von Friedrich Schiller.

Es ist sechs Uhr morgens und mein Wecker klingelt – wie immer extrem laut und einfach zu früh. Wie viel würde ich dafür geben, den ganzen Tag im Bett zu bleiben und einfach nichts machen.

Täglich grüsst wieder das Murmeltier.

Ich habe noch eine Variante, bei der ich einfach simulieren müsste. Eine absurde Krankheit würde mir bestimmt noch einfallen, bei der ich bestimmt hier bleiben dürfte.

Denk nach, Mona.

Die Diagnose wird bestimmt Faulheit oder etwa ähnlich lauten. Stattdessen richte ich gähnend einen Blick auf den Wecker und strecke alle Viere von mir. Dann nehme ich mein Handy vom Nachttisch und schalte es ein.

Viertel vor acht. Verdammt nochmal bin ich spät dran. Vor lauter Schreiben habe ich wieder die Zeit vergessen, schleunigst steige aus dem Auto. Es ist nicht mehr weit, höchstens ein kurzer Sprint zum Uni-Gebäude, in dem ich schon unzählige Stunden verbringen darf.

So verliefen meine Tage jeweils ab.

Jedenfalls bis zu jenem besagten Tag, der mein Leben radikal von einem Tag auf den anderen verändern soll. Eines Abends kam ich etwas früher als gewohnt von der Arbeit nach Hause.

Als mich meine Mutter mit den Worten „Du hast Besuch" empfängt, wundere ich mich schon und habe ein ungutes Gefühl. Noch weiss ich nicht, dass dieser Abend mein ganzes bisheriges Leben auf den Kopf stellen wird. Nichts soll mehr so sein wie früher.

„Du hast Besuch. Kommst du bitte mit¨", sagt meine Mutter und deutet mit dem Finger auf die Wohnzimmertüre, die weit offen ist. Ein Lichtstrahl fällt in den Flur.

Ich nicke und folge ihr. Schon von weitem höre ich die Stimme meines Vaters. Und noch eine weitere Stimme, die ich noch nie zuvor hörte. Die beiden Herren bemerken mich sofort und beenden ihr Gespräch.

Als mich der unbekannte Herr anschaut, steht er sofort auf und streicht sich seinen schwarzen Anzug glatt. Er zieht seinen Krawattenknoten zurecht und reicht mir seine Hand.

"Guten Tag, Mona", begrüsst er mit einer angenehmen Stimme.

Ich nickte und grüsste ihn freundlich zurück.

"Tag. Und wer sind Sie?", frage ich ihn und schaue ihn etwas verwirrt an.

"Oh, entschuldige. Mein Name ist Max Parker und ich bin der Inhaber von Paper Heart Verlag.", stellt er sich dann vor.

BEFORE YOU SAY GOODBYE | 🇩🇪Where stories live. Discover now