•FÜNFUNDFÜNFZIG - ICH•

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«Er ist schön. Er ist charmant, keine Frage. Witzig und andere Adjektive, die ich dir im Nu aufzählen. Dafür reicht der Akku nicht länger aus, leider. Doch da ist noch etwas anderes - eine Seite, die er vor mir versteckt. Eine, die ihm selbst Angst bereitet? Vielleicht? Manchmal werde ich nicht so ganz schlau aus ihm. Louis hat Tiefgang und das spüre ich. Er weiss so vieles, das ist unglaublich. Ich könnte stundenlang mit ihm verbringen und uns würde nie der Gesprächsstoff ausgehen. Auch wenn es einmal der Fall sein sollte, dann würde ich unser Schweigen nicht mal als unangenehm empfinden.»

Plötzlich halte ich inne. Und Sofie fängt am anderen Ende der Leitung zu lachen.

«Also, eines lässt sich mit Sicherheit sagen: du hattest eine sehr schöne Zeit mit ihm verbracht. Das sieht mir ganz nach der grossen Liebe aus...»

«Ich weiss nicht. Wie kann man da sicher sein? Das steht ihm oder einem anderen Mann nicht auf der Stirn geschrieben, so quasi. Hey du! Hier bin ich. Der Mister Right, zu Ihren Diensten. Man wird ja auch nicht via Handy benachrichtigt, wenn er dann plötzlich vor dir steht. Ich spüre, dass da ist etwas zwischen Lou und mir... und es fühlt sich so unbeschreiblich gut an. Wie soll ich wissen, was er für mich fühlt? Was in seinem Kopf vorgeht?»

«Du bist eine waschechte Romantikerin. Warum überrascht mich das nicht immer wieder aufs Neue. Lass es auf dich zukommen und geniesse es einfach. Hörst du?», meint sie daraufhin.

Ich nickte. Sie hat Recht und ich mag es nicht besonders, wenn ich meiner Freundin Zuspruch geben muss. Sonst bin ich immer diejenige, die anderen Ratschläge erteilt und ihnen Hoffnungen mache. Das zeichnet mich als Optimist auch aus, zumindest denke ich das.

«Mensch, das Telefon mit dir hat mir richtig gutgetan. Danke, dass es dich gibt!»

«Du brauchst mir nicht zu danken, Mona. Schliesslich bin ich deine beste Freundin und das ist doch selbstverständlich. Dafür sind doch Freunde da, nicht wahr?»

Sofie holt tief Luft, bevor sie fortsetzt. «Wann kommst du eigentlich wieder nach Hause? Ich vermisse dich wirklich! Ohne dich ist alles so langweilig und naja...wie soll ich es sagen... Mein kleiner Star fehlt mir eben schon.»

«Du willst bloss wieder von meinem nichtvorhandenen Prominentenstatus profitieren. Genau, wie das letzte Mal, als dich zu dieser öden Party mitgeschleppt habe und du dich auf das kostenlose Buffet gestützt hast und Wincent Weiss beinahe...»

«Waaaas? Ach, daran kann ich mich gar nicht erinnern. Wer war dieser Wincent nochmals?! Da müsstest du mich verwechselt haben», unterbricht sie mich sofort, spielt die Unwissende und Ahnungslose.

Ich verdrehe genervt die Augen.

«Hey! Das hat Amy auch immer getan, wenn ihre beste Freundin etwas Dämliches gesagt oder angestellt hat, Und du willst mir nicht weiss machen, dass Laura überhaupt gar nichts von mir hätte...»

«Das nächste Mal schalte ich die Kamera wieder aus, Lau ehmm Sofie.»

«Haha! Das hast du das letzte Mal auch schon gemeint...Wolltest du mich ernsthaft Laura nennen?»

«Ehmmmm...»

«Ha! Da haben wir es... Schon wieder. Leider habe ich es immer noch nicht schwarz auf weiss, aber hey! Ich bin Sofie aka Laura Brown von Shadow Light. Und dieser Hotty von Lotty aka Oliver Light müsste dann also dieser mysteriöse Louis sein. Und noch etwas, ich bin noch ein klein wenig gekränkt, dass du mir verschwiegen hast, dass du Mojestic auf Wattpad bist.»

«Du bist immer noch gekränkt? Meine Güte! Als du mir von Wattpad erzählt hattest, hatte ich bereits die zweite oder dritte Besprechung mit Parker.»

«Oh, Exgüsi! Und ich habe in deiner Gegenwart Shadow Light geschwärmt und mich gleichzeitig tierisch über Lights Ego aufgeregt.»

«Du hast noch gemeint, wie blöd der Autor wäre, einen solchen Egoist als Protagonist zu wählen. Da war ich schon etwas beleidigt.»

«Ja, ich wusste zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass du der kreative Kopf hinter Shadow Light bist. Wie sieht es eigentlich mit der Fortsetzung aus? Wie weit bist du?»

«Ehmmm... können wir das Thema wechseln? Ich möchte nicht darüber sprechen...»

«Warum denn nicht?»

«Ich komme nicht weiter... Das Schreiben fällt mir enorm schwer und das schon seit einer Weile.», offenbare ich ihr.

«Nein echt? Das tut mir echt leid. Das wusste ich gar nicht! Mensch Mona, warum hast du es mir eher gesagt?»

«Weil ich mich schäme. Welcher Autor hat direkt nach dessen ersten Veröffentlichung eine Schreibblockade? Wirklich Niemand.»

«Du bezeichnest dich selbst als Niemand. Wie bitte? Hallo?!?! du bist jemand besonderes und zwar Mona Rochat aus der wunderschönen Schweiz, eine sensationelle Fotografin und die Schriftstellerin von meinem Lieblingsbuch, wie auch von vielen anderen auf dieser grossen weiten Welt. Dein Schreibstil ist unglaublich und man muss ihn einfach mögen. Mona, du musst nicht andauernd nach dieser Perfektion unserer Gesellschaft streben, dass verlangt niemand von dir. Nicht mal ich, geschweige denn deine Familie oder Parker. Es ist dein Leben, deine Entscheidung und deine Geschichte und schlussendlich muss es für dich stimmen. Hörst du? Und jetzt setz dich bitte nicht andauernd unter Druck, damit stehst du dir nur selbst im Wege. Das tut dir und deiner Gesundheit auch nicht sonderlich gut. Entspann dich und geniesse deine Zweisamkeit mit deinem Lightboy. Hörst du?»

«Sofie, du bist unglaublich! Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun würde...Ich habe dich unendlich gern und vermisse dich so sehr, dass kannst du dir gar nicht vorstellen.»

«Also, wann genau kommst du nochmals in die Schweiz? Weisst du, nur damit ich rote Rosen, Herzluftballons und sonstigen Kram für dich vorbereiten kann...Oh, natürlich! Deine Lieblingsschokolade hätte ich selbstverständlich auch dabei.»

Wir müssen beide lachen.

«Ich weiss es gar nicht. Momentan ist noch nichts Konkretes für Europa geplant.»

«Ah, okay! Sag mir bitte frühzeitig Bescheid, wenn es dann soweit ist.»

«Klar, das mache ich doch.»

«So, meine Süsse. Es ist schon recht spät und ich sollte dringend schlafen. Mach es gut!»

«Gute Nacht, Schneewittchen aka Laura Brown und träum was Schönes...»

«Du auch...obwohl es ist doch noch...», sagt sie gähnend. «Bis dann, Mona und schicke mir bitte noch ein Selfie von dir und Mister Light!»

«Werde ich machen... Bis dann! Tschüss»

Sie legt auf und unser vierstündiges Telefonat war somit beendet. Es tat echt gut, wieder mit Sofie zu telefonieren. Ich vermisse sie so sehr, dass kannst du dir nicht vorstellen.

Bestimmt fragst du dich, warum ich mit Sofie telefoniert hatte und nicht bei Louis war. Nach der Chemotherapie wollte er alleine sein und schickte mich deshalb nach Hause. Mir war es überhaupt nicht recht, denn ich wollte ihn nicht im Stich lassen, erst recht, wenn er demnächst den Befund der Therapie erhält. Er hat sich bislang nicht allzu gross darüber geäussert. Ich hoffe so sehr, dass diese Chemo anschlägt und er gesund wird, Ich hoffe es so... Nicht nur für ihn, sondern für uns und dieses etwas, was gerade zwischen uns entstanden ist oder noch entstehen wird.

Mein Herz beginnt wieder zu rasen. Louis, du bringst mich noch um meinen Verstand.

Ich mag dich etwas mehr, als ursprünglich geplant.

BEFORE YOU SAY GOODBYE | 🇩🇪Where stories live. Discover now