•DREIUNDFÜNFZIG - ICH•

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Es gibt eine Songzeile, die ich mag.

«Deine Liebe ist tiefer als der Ozean.»

Nach letzter Nacht weiss ich auch, was es bedeutet. Ich fühle es in allen meinen Gliedern.

Keine Ahnung, ob es wirklich Liebe ist. Oder einfach eine Sammlung von Gefühlen?

Die mitreissenden und eindringlichen Worte von Vanessa Mai und Xavier Naidoo hier festzuhalten, die mich erschüttern und bewegen, machen mich unglaublich glücklich.

Und was ist mit dir, hast du jemals schon so geliebt? Hast du gerade an diese besondere Person gedacht?

Es würde mich brennen interessieren, was du darauf antworten würdest.

Mein Herz pocht so stark und schmerzhaft in meiner Brust. Wenn es dir recht ist, lasse ich das mal so im Raum stehen und setze meiner Erzählung fort.

Ja, verdammt! Wir hatten Sex und das in einem Krankenbett. Das ändert sich immer noch nichts daran, dass ich Krankenhäuser verabscheue. Louis hat mich angefasst, mich geküsst und mich fast in den Wahnsinn getrieben.

Warum um alles in der Welt sollte er noch Jungfrau gewesen sein?

Ich schiebe weitere Bilder, Gedanken und Gefühle zur Seite, nehme meine Kleider, ziehe mich an und setzte mich anschliessend an den Tisch.

Louis sitzt mir stumm gegenüber und sieht sehr wütend aus. Stillschweigend essen wir unser Frühstück. Es gibt gerade keine Worte mehr. Nichts ist trauriger als das hier. Die Stille breitet sich hier aus und macht mir Angst. Sehr grosse Sogar, wenn ich ehrlich bin.

«Wo hast du deine Kette gelassen?», unterbreche ich unser Schweigen und deute auf den Hals.

Ohne auf meine Frage einzugehen, fährt er zum Nachtisch und öffnet die oberste Schublade.

Nach einer Weile rollt Louis zurück und fördert er eine schwarze Samttasche zutage, aus dem er die silberne Kette in seine Handfläche schüttet. Mit der linken Hand fährt behutsam darüber, als wolle er sie prüfen, dann greift er nach dem Verschluss und zieht an der Kette, bis der kleine Flügel auf seiner Handfläche ruht.

«Sie gefällt dir, nicht wahr?»

Ich sehe auf und verfange mich in seinem Blick. Durch den geröteten Äderchen sind seine Augen nicht so glänzend wie sonst, dafür blicken sie mich mit einer Intensität und Sehnsucht an, die mir die Luft zum Atmen raubt.

«Ja, sie ist wunderschön.», antworte ich schliesslich.

«Mhmm... kannst du zu mir rüberkommen?»

Ich nicke und befolge seinen Wunsch.

«Drehe dich bitte um!», befiehlt er und ich folge seinen Anweisungen. Mein Herz schlägt schneller.

Plötzlich spüre ich etwas Kaltes, das meinen Hals berührt. Dann nehme ich mein Haar zusammen und halte es hoch, während Lou die Kette verschliesst.

Ich drehe mich um und sehe ihn vor mir stehen. Louis steht auf einem Bein und ziemlich wackelig. Voller Freude greife ich nach seinem Oberarm und halte ihn fest.

«Tja, das hättest du wohl nicht erwartet!»

Mein Mund dehnt sich zu einem so breiten Lächeln. «Ja, ich habe mit allem gerechnet, aber damit nicht!»

Louis ist gut einen Kopf grösser als ich.

Vorsichtig ziehe ich ihn etwas näher an mich heran und küsse ihn auf den Mund. «Danke für diese tolle Überraschungen!»

«Sorry, dass ich heute Morgen etwas komisch zu dir war. Die zweite Chemotherapie ist nicht ohne...»

«Mache dir doch keinen Kopf. Ich kann mir nicht vorstellen, welche Qualen du erlitten hast. Ehm, darf ich dich begleiten?»

BEFORE YOU SAY GOODBYE | 🇩🇪Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt