•NEUNUNDDREISSIG - ICH•

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Wir alle haben Schwachstellen. Lass uns lernen, auch die Seite an uns selbst zu lieben und unser Leben zu geniessen.

Ich liege auf meiner grossen Couch, vergrabe den Kopf in den Kissen und breche erneut in Tränen aus. Mein Gedankenkarussell dreht sich immer weiter in Endlosschleife.

Seit dem Tag, an dem wir uns geküsst hatten, waren 2 Wochen vergangen. Bisher habe ich ihn kein einziges Mal kontaktiert. Doch ich erinnere mich noch ziemlich genau an seine Worte. Seine verletzenden Worte...

«Lass es uns einfach vergessen, das ist keine grosse Sache.»

Für mich war es nicht nur so ein Kuss, sondern mit Abstand der Schönste meines Lebens.

Ich weiss nicht, was ich noch dazu sagen soll.

Das Einzige, was mir übrigbleibt, ist zu schweigen und mich zu verkriechen. So ist es die beste Lösung, zumindest für mich.

Hin und wieder habe ich Kontakt mit Sofie, die erst kürzlich mit ihrem Freund Leo zusammengezogen ist. Durch die räumlich, vor allem auch zeitliche Distanz ist es schwer unsere Freundschaft aufrechtzuerhalten.

Es ist nicht wie früher, bei der ich bei jeder Gelegenheit Sofie sehen und ihr mein Herz ausschütten kann.

Wie gerne würde ich wieder in der Schweiz sein.

Plötzlich klingelt es an der Türe. Ich räkle mich auf und schaue auf die Uhr, es ist kurz nach 21:00 Uhr. Wer kann es denn um diese Zeit sein? Ich erwarte nämlich keinen Besuch - nicht jetzt und auch nicht die nächsten Tage.

«Hallo?», frage ich resolut in die Sprechanlage, während ich mir die Haare hinter die Ohren streiche. Eine rührende Geste angesichts der Tatsache, dass sie da ohnehin nicht lange verweilen werden.

«Hallo, wer ist da?», Ich höre Stille, höre Rauschen. Dann höre ich Schritte im Treppenhaus. Ohoooo...Er ist schon drin. Irgendein Depp hat mal wieder vergessen die Türe unten zu schliessen. Da muss mich wohl wieder beim Vermieter Mister Li beschweren. Immer wenn ich die Haustüre offenlasse, taucht der Chinese urplötzlich auf, um mich zu massregeln, als täte er den ganzen Tag nichts anderes, als durch den Spion zu glotzen, um mich beim Verstoss der Hausregel zu ertappen.

Dann klingelt es schon wieder. Vorsichtig linse ich durch den Spion und zucke erschrocken zurück, als ich mitten in ein schelmisches Grinsen blicke Widerwillig öffne ich ihm die Türe.

«Hey, erst machst du mich halb wahnsinnig und dann verkriechst du...»

Ich lasse ihn den Satz nicht vollenden, indem ich ihm die Hand vor den Mund halte und ihn in die Wohnung zerre. Wahrscheinlich hätte ich aber ohnehin nicht verstanden, was er wollte.

So schnell wie möglich schliesse ich die Wohnungstüre ab und hoffe, dass niemand etwas mitbekommen hat.

Mir macht es nichts aus, auch ich bin der Meinung, dass wir unsere Beziehung immer noch geheim halten sollten. Ich bin einfach noch nicht so weit, sie öffentlich zu machen. Und das nach bald einem halben Jahr. Die Klatschpresse samt Max Parker sind mit ziemlich feinfühligen Antennen ausgestattet. Und ich bin mir sicher, dass Tom und ich die peinlichen Fragen über uns ausweichen möchten. Es steht viel zu viel auf dem Spiel

wie zum Beispiel sein Job beim Paper Heart Verlag. Gemäss Arbeitsvertrag ist es nämlich nicht erlaubt, eine Beziehung mit den Klienten einzugehen.

«Ich habe dich echt vermisst.», meint er schmeichelnd.

«Schön für dich!», antworte ich schlecht gelaunt und drehe mich zu ihm um.

Dann tritt Tom vor, nimmt mich bei den Händen, zieht mich an sich und versucht mich auf den Mund zu küssen. Im letzten Augenblick kann ich ihn noch aufhalten.

«Habe zu viel gearbeitet in letzter Zeit, brauche jemand zum Reden, jemand, der einfach da ist verstehst du mich, Tom.»

«Tja, das trifft sich gut, denn dein Freund hat dir Essen mitgebracht.»

BEFORE YOU SAY GOODBYE | 🇩🇪Where stories live. Discover now