DREIUNDSIEBZIG - ICH

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Ich nehme nochmals einen grossen Schluck aus der Flasche. Der Wein ist noch schön kalt und rinnt angenehm durch die Kehle. Mich schüttelt es kurz. Wieder kreisen meine Gedanken um Louis. Meine Sehnsüchte umklammern sich fest an der Weinflasche und an meinem Smartphone, die meine Hände inzwischen einmal mehr umschlossen halten.

Kein Alkohol mehr, heute Abend, tadelt mich mein Verstand. Ich ignoriere die Warnungen und trinke weiter, um diesen fürchterlichen Schmerzen nicht mehr spüren zu müssen.

In der Zwischenzeit ist eine weitere Weinflasche leer geworden. Bestimmt fragst du dich, wie viele Weinflaschen ich bereits getrunken hatte. 1, 2, oder 4? Keine Ahnung, ich habe aufgehört zu zählen.

Ich liege einfach nur auf der Couch und mache gar nichts mehr, stundenlang.

Allmählich senkt sich die Sonne und als sie zur Hälfte hinter dem Horizont verschwunden ist, gehe ich zum Kühlschrank und öffne eine neue Flasche. Der Alkohol macht sich bemerkbar. Ich spüre, wie ich gemütlich wieder zurück schwanke. Dadurch das ich auf leerem Magen getrunken habe, gelangt der Alkohol noch schneller ins Blut.

Mein Herz schmerzt, sobald ich wieder an ihn denke. Ich lehne mich zurück und gähne. Wenn ich nicht bald aufhöre an ihn zu denken, werde ich wohl nie einschlafen.

Und, Schwups, ist es stockdunkel im Wohnzimmer und ich bin immer noch wach. Hellwach. Ich möchte davonrennen, aber weiss nicht, wohin ich gehen soll.

Mein Kummer sorgt dafür, dass mein Magen sich zusammenzieht und meine Gedanken sich im Kreis drehen. Im Alkoholrauch ist mein Gehirn viel zu sehr mit anderen Themen beschäftigt.

Wie spät ist es überhaupt?

Ich finde keine Uhr, stattdessen suche ich mein Handy und wähle meine Kurzwahl. Irgendwer geht ran, klingt verschlafen und fragt: «Mona, warum rufst du mich in aller Frühe an?»

Ich fange an zu weinen, das hätte ich wieder längst tun sollen. «Ich... ehmm», stottere ich.

«Warum weinst du denn, Mona? Was ist passiert?»

Aber ich kann nicht mehr antworten.

«Ist was mit Louis passiert?», will meine beste Freundin plötzlich wissen.

Mir verschlägt es die Sprache. «Mhmm», bringe ich nur raus.

«Du brauchst wirklich dringend Tapetenwechsel. Lass New York für ein paar Tage hinter dir und komm nach Hause, Mona!»

Ein tiefes Schluchzen steigt mir in die Kehle auf, die Brust scheint zu zerspringen. Schon wieder kriege ich bloss ein «Mhmm...» raus.

«Ach Mensch, Mona! Ich will dich jetzt so gerne in den Arm nehmen und dich trösten. Warum bist du bloss so weit weg?!»

«Mhmmm...»

«So und jetzt du legst dich ins Bett und wir werden dann im Verlauf vom Tag nochmals telefonieren. Versprochen?!»

«Mhmmm...»

Ich wische mit dem Ärmel die Tränen von den geschwollenen Lidern.

Auch ich weiss jetzt, wie schlimm Liebeskummer ist. Wie erbärmlich man sich fühlt. Wie weh er tut, so tief in einem, und was für eine grausame Leere er füllt.

Von wegen, die Liebe sei ein völliger und unnötiger Schwachsinn! Liebe und Liebeskummer gibt es definitiv. Jedoch schlimmer ist der Kummer, der die Liebe bereitet.

BEFORE YOU SAY GOODBYE | 🇩🇪Where stories live. Discover now