Painkiller

By AlloraFiore

519K 38.3K 23.6K

Enthält mehrere Teile, die alle hier zu finden sind. Teil 1: Abgeschlossen Teil 2: Abgeschlossen Teil 3: Abg... More

Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
55. Kapitel
56. Kapitel
57. Kapitel
Painkiller 2
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
Charaktere Q&A
Charakter-Interview
Painkiller 3: Plan Tropea
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
Painkiller 4
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
36. Kapitel

35. Kapitel

1.1K 109 52
By AlloraFiore

Der Junge hatte Hausarrest, doch er war nicht mehr im Hause. Ich saß wütend im Flur vor der Haustür und wartete auf seine Rückkehr. Wir hatten 3 Uhr morgens und mittlerweile war es mir zu blöd, ihm immer hinterherzurennen. Es stresste mich schon genug, dass dieser 13-jährige Vollidiot aus den Fenstern kletterte und Schlösser knackte, wenn man seine nächtlichen Ausflüge verhindern wollte. 

Wenn er so weitermachen würde, würde ich ihm irgendwann klipp und klar pauken, dass es mir egal war. Ich wollte mich nicht mehr um ihn sorgen. Er konnte mich kreuzweise. Das war doch nicht normal. Ich hatte viel Arbeit und kaum Zeit für solche Dummheiten. 

Er war vergangene Monate vereinzelt wieder auf der Station eingezogen, dann hatte man ihn wieder hier platziert und man hatte sogar versucht, ihn bei seiner Halbschwester unterzubringen, doch nichts half gegen diese gefährliche Angewohnheit von ihm. 

War ihm überhaupt bewusst, was ihm da draußen passieren könnte? Ich meine, er war ein Kind! Sein 14. Geburtstag stand an, doch ich hatte das Gefühl, einen 18-Jährigen zu Hause zu haben. Partys... Alkohol. Das sollte alles noch gar kein Thema sein! 

Mein Kopf sprang hoch, als ich träge Schritte hörte und das kleine Licht vor unserem Haus anging. Dario. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir kurz nach halb 4 Uhr morgens hatten. Er kam leise die Tür rein und stoppte, als er mich sah. Doch sein müder, benebelter Blick verriet mir, dass es ihm entweder egal war, dass ich ihn erwischt hatte oder er mich gar nicht erst richtig wahrnehmen konnte, weil er so betrunken war. 

«Das hat ein Ende, Dario! Das geht so nicht mehr!» Er nickte nur und rieb sich schwankend das Gesicht. Er schlüpfte aus seinen Schuhen und zog sich die Jacke aus. Alles blieb unordentlich im Flur liegen. «Wo warst du?» «Party.» «Mit wem?» «Riley, Gio, Vicky, Ronan und Harmony.» Er torkelte an die Garderobe und hielt sich an ihr fest. 

So gern ich ihn mit dieser Übelkeit und dem kommenden Kater allein lassen wollte, konnte ich es nicht übers Herz bringen. Sein zierlicher, kleiner Körper konnte seinen Konsum doch gar nicht tragen und verarbeiten. «Komm, ich helfe dir.» Er wehrte sich nicht und stöhnte geschaffen auf. 

Mir fielen Knutschflecken an seinem Hals auf und ich hob sein Kinn an. «Verdammte Scheiße, Dario. Du bist 13. Lass die Finger von Mädchen.» «Was für Mädchen?», grummelte er leise und hielt sich an mir fest. «Die, die dir am Hals gehangen haben. Dein Gürtel ist offen... Bitte sag' mir nicht, dass du-» Er rümpfte seine Nase und zuckte mit den Schultern. «Keine Mädchen. War immer bei Gio...» 

Wehe, er würde denselben Fehler begehen wie ich und jung Vater werden. Ich war damals schon 19, aber er... Nein, einfach nein! Ich half ihm beim Umziehen, aber der Knopf seiner Jeans war bereits offen. Ich schaute nach, ob er irgendwelche Verletzungen hatte, fand aber keine und hielt ihm ein Glas Wasser hin. 

«Hast du wenigstens verhütet?» «Hmm?» «Ja, Dario, ich bin nicht dumm. Ich weiß, was du getan hast. Man sieht's dir an. Ich war auch mal jung. Zwar nicht schon mit 13, aber trotzdem.» Er schluckte schwer und schüttelte den Kopf. «Hab' nicht. Ich war die ganze Zeit bei Giorgia.» Was hatte er nicht? Verhütet oder Sex allgemein? 

Er musste es nicht leugnen. Der Saum seiner Boxer war verzogen, die Jeans war halb offen und sein Hals... «Na ja, aber ich hoffe, dir ist klar, dass du das gleich wieder lassen kannst. Du bist gerade mal 13 Jahre alt. Sowas hast du verdammt nochmal nicht zu machen.» Er murmelte nur was und kugelte sich in seinem Bett zusammen. 

Mein Blick blieb an ihm hängen. Ich traute mich beinahe nicht zu fragen, aber, «Wurdest du zu etwas gedrängt, Dario?» Ein Grummeln. «Was?» «No...» «Bist du dir sicher?» «No...» «Wieso?» «No...» Ihn jetzt zu fragen, brachte nichts mehr, weshalb ich dies auf den Morgen verschob. 

Dario war kreidebleich, als er in die Küche geschlurft kam und sich die Stirn dabei hielt. «Na? Kater?» Ich machte den Kühlschrank extra laut zu und klirrte mit dem Glas, das ich ihm füllte, extra herum. Er verzog das Gesicht und lief beinahe in unsere Kücheninsel. Den Stuhl verfehlte er auch noch fast. «Stopp...» 

«Dir ist klar, dass ich stinksauer bin, oder?» Er öffnete seine geröteten Augen und sah mich an. «Du bist 13 Jahre alt! Auf Partys und nachts draußen hast du nichts zu suchen! Schon gar nicht besoffen oder halbnackt mit irgendwelchen Mädchen! Da ist mir egal, ob deine große Schwester dabei ist oder nicht! Du hast da draußen nichts zu suchen! Muss ich das der Station melden? Muss ich dich in deinem Zimmer festketten? Was soll das?» Sein Kopf knallte geschaffen auf unsere Kücheninsel und er seufzte laut auf. 

«Und Sex hat dich noch gar nichts zu interessieren! Müssen wir dieses Gespräch echt jetzt schon haben? Du bist ein Kind!» Dario hustete und richtete sich langsam wieder auf. Er war tief in Gedanken. «Ich hab' mit niemandem... Du weißt schon.» «Dein Zustand letzte Nacht hat aber anderes bewiesen. Schau' dir deinen Hals an, Dario! Sowas ist nicht cool und schön! Das ist eklig!» 

Er rieb sich verwirrt über die Stelle und runzelte die Stirn. «Ich hatte kein Sex, Dad! Ich war bis zum Schluss bei Giorgia!» Ich deutete auf seinen Schritt. «Wurdest du zu etwas gezwungen? Hat dich jemand angefasst?» Er fror ein und fiel dann aber in die Lehne des Stuhls. «Nein... Nein, ich war bei Gio.» Seine Unsicherheit machte mir Angst. 

Er hatte einen Filmriss und wusste nicht mehr, was passiert war. «Sollen wir ins Krankenhaus und dich untersuchen lassen? Dario, wenn dir etwas passiert ist, kannst du mir das sagen. Das ist nicht schlimm.» Er schüttelte den Kopf und stand hastig auf. «No, alles gut. Ich war bei Gio. Ich bin okay.» Er verließ die Küche nachdenklich und verschwand den ganzen Tag in seinem Zimmer. 

Ich hatte Meetings, doch schaute ab und zu nach, ob er noch lebte. Er spürte seinen Kater sehr deutlich. Hoffentlich hatte er daraus gelernt. Nichtsdestoweniger meldete ich den Damaris', dass Dario wieder ausgerissen war. Wir mussten es unter Kontrolle kriegen. 

Mein Bauchgefühl ließ mich den ganzen Tag nicht mehr zur Ruhe kommen. Als Dario an der Küche vorbei ins Bad schlurfte, klebten meine Augen an seinem Rücken. Ich konnte den Jungen manchmal echt nicht ab und er trieb mich täglich zur Weißglut, doch ich war trotzdem nicht blind, weder noch gefühllos. 

Es ging ihm nicht gut. Abgesehen vom Kater und dem Filmriss, plagte mich der Verdacht, dass sein Verhalten ihn kaputter machte, als er allein von seiner Beziehung zu seiner Mutter und den ganzen Pflegefamilien eh schon war. 

Ich kannte es. Mir selbst war es zu Hause ähnlich ergangen. Ist man als Kind Gewalt und Missbrauch, sei es emotional oder körperlich, ausgesetzt, so zieht man es leider sein ganzes Leben lang an. Man wird verletzlicher, einfacher zu manipulieren. 

Ich folgte Dario ins Bad und stockte vor der Tür, als ich ihn kotzen hörte. Ich klopfte und rümpfte die Nase, weil ich keine Antwort bekam. «Dario?» Hinter der Tür hing er über der Kloschüssel und würgte gequält. «Hey...», seufzte ich und kniete mich zu ihm auf den Boden, um eine Hand auf seinen Rücken zu legen. 

«Lo so, du willst das nicht hören, aber wir sollten echt zum Arzt, Dario.» Er schüttelte den Kopf und zitterte schwächelnd. «Dein junger Körper kann diese Menge an Alkohol kaum abarbeiten und ich will nicht wissen, was du sonst noch gemacht hast. Ich möchte das zeigen gehen.» Er rackerte sich mühevoll auf und schob mich weg. «Ich bin okay. Lass mich.» 

Sich das Gesicht waschend, versuchte er, mich zu ignorieren, doch ich gab nicht nach. «Nur eine Untersuchung. Was, wenn tatsächlich etwas passiert ist? Ich meine-, das muss dir auch nicht peinlich sein. Wichtig ist, dass wir wissen, was los war und vor allem, falls etwas passiert ist, dass du dir keine Krankheiten eingefangen hast oder so.» 

Dario schüttelte den Kopf und drehte sich genervt zu mir um. Für einen 13, fast 14-jährigen Jungen hatte er ganz schön Charakter und Wumms, hinter seinen Worten und Taten. «No! Man, lass mich! Mir ist nichts passiert! Und selbst wenn, hätte dich das nichts zu interessieren! Hau ab!» Er jagte den Flur runter in sein Zimmer und schlug die Tür hinter sich laut zu. 

Mehr als fragen und vorschlagen konnte ich nicht. Ich konnte und durfte Dario nicht zu einem Arztbesuch zwingen. Und wenn ich es versuchen würde, würde das doch komplett eskalieren, weshalb ich den Jungen einfach in Ruhe ließ. 

Er ging den nächsten Tag auch nicht zur Schule, aber ich hatte ihn krankgemeldet. Wo er jedoch war, wusste ich nicht. Denn er lag keineswegs krank im Bett oder litt noch immer am Kater, den er hatte. 

Ich erblickte ihn seit dieser bestimmten Nacht vielleicht nur noch zwei oder dreimal in der Woche. Er war kaum mehr zu Hause, das Essen im Kühlschrank blieb unangerührt, doch ich war mir sicher, er war auf der Station, bei seiner Schwester oder seiner Mutter. Ich konnte nicht mehr als Hilfe anbieten und wenn er sie nicht wollte, würde ich ihm nicht mehr hinterherrennen. Ich ließ ihn also einfach machen. 

Ab einem gewissen Punkt musste ich halt einfach Stopp sagen und es lassen. Er wollte nicht mit den Zigaretten aufhören, das Abhauen ließ er auch nicht sein und sonst kam ich nicht mehr an ihn ran. Er hatte die Mauern hochgezogen. 

Es ging mir nahe, weil ich sah, wie mein Kind innerlich aushöhlte und jegliche Emotionen unterdrückte. Aber ich konnte ihm da nicht mehr helfen. Mir ging es doch gleich. Meine einzige Möglichkeit, nicht auch wieder abzurutschen, war dasselbe zu tun. Meine Mauern gingen hoch. 

Dario war nicht mehr mein Problem. Ich hatte gefühlt 14 Jahre auf ihn aufgepasst, Fehler gemacht, aus ihnen gelernt und ich hatte mein Bestes gegeben. Klar, mein Bestes war nicht gut genug gewesen, doch was hatte man von mir erwartet? Ich hatte von Anfang an gesagt, dass ich kein guter Vater sein konnte. 

«Ist Dario bei dir?» «Nein», schüttelte ich den Kopf und sah Fiona in die Augen, die vor meiner Haustür stand. «Er erschien heute nicht bei seiner Session mit Bayton und Samantha weiß auch nichts. Giacomo weiß auch nicht, wo er sein könnte.» Ich zuckte mit den Schultern. «Er lässt sich hier nur noch paarmal in der Woche blicken.» 

Fiona trat einfach ein und lief mir hinterher ins Wohnzimmer. Sie schaute sich um und seufzte dann genervt auf. «Das ist dein Sohn, Santiago. Du wirst wohl noch wissen, wo er ist und was er macht.» Ich winkte ab. «Tu ich schon lange nicht mehr. Er lässt nicht mehr mit sich reden.» «Hast du es denn überhaupt versucht?» «Ja...» 

«In der Schule lässt er sich auch nur manchmal blicken. Wo hält er sich auf?» Es waren böse Worte, doch ich wusste, dass ich mehr oder weniger sicherlich richtig lag. «Wahrscheinlich lungert der in einem Keller rum und qualmt und trinkt sich die Birne weg. Ganz nach seiner Mutter.» 

Fiona zog die Augenbrauen zusammen und schüttelte dabei den Kopf. Das konnte sie mir nicht glauben. Schließlich war Dario ja so ein schlauer, guter Junge, der mit eigenen Augen gesehen hatte, was Drogen und Alkohol ruinieren konnten. Er würde doch niemals dasselbe tun. 

«Dario ist schlauer als das, Santiago.» Ich bot ihr einen Kaffee an und legte mein Handy zur Seite. «Wenn du meinst, Fiona. Aber ich sag's dir jetzt nochmals offiziell; er kann hier schlafen, essen, lernen oder was weiß ich, er noch machen will, aber ich hab' die Schnauze jetzt schon seit Jahren voll. Ich nehme es nicht mehr auf mich, ihn zu erziehen oder zu unterstützen. Er nimmt meine Unterstützung nicht an und da möchte ich keine Energie mehr für verschwenden.» Und ich ließ nicht mehr mit mir diskutieren. 

Dario durfte immer hier schlafen und leben, doch ich hatte meinen Soll erfüllt, mehr würde ich nicht mehr machen. Ich hatte mir so gut es ging Mühe gegeben und jetzt war mein Leben wieder dran. Es war an der Zeit, mal wieder auf mich selbst zu schauen. «Er rebelliert-» 

«Wenn das so ist, tut er das aber schon über 10 Jahre lang, Fiona. Komm mir nicht damit. Bei mir ist fertig. Von mir braucht ihr nichts mehr zu erwarten. Ich hab' auf vieles verzichtet. Ich hab' selbst vieles aufgegeben. Beziehungen waren kein Thema mehr nach Darios Ankunft. Ich hätte gerne eine Familie gegründet und geheir-» «Und Dario? Ist er nicht Familie?» 

Ich stockte und schluckte, aber nein, «Nicht mehr.» «Santiago...» Ich wandte mich von Fiona ab und seufzte. «Ich stehe zu meinen Worten. Macht mit ihm, was ihr wollt. Packt ihn wieder auf die Station oder bringt ihn zu Samantha... Es ist mir mittlerweile scheißegal, echt.» 

Ich gab Dario den Freiraum, den er wollte. Schweigen lag in der Luft, wenn wir ausnahmsweise mal beide im Haus waren. Mich störte es nicht. Echt, es war wieder wie vor seiner Zeit. Ich hatte nichts an ihm auszusetzen, solange er mich in Ruhe ließ und nicht im Alltag beeinträchtigte. 

Doch was mich immens störte, war, dass er anfing zu klauen. Geld, Autoschlüssel... Die Liste war endlos. «Dario! Vieni qui!» Er lief jedoch einfach weiter den Flur runter. Den Blick tief, seine Statur eingefallen. Er hatte noch mehr abgenommen. Das Tattoo im Nacken versuchte ich zu ignorieren. «Dario!» 

Er blieb nicht stehen und schaute etwas auf dem Handy nach. «Wo ist mein Geld?» «Wahrscheinlich auf der Bank.» Er schaute mich dann doch an und lehnte im Türrahmen an. Seine Augen waren rot unterlaufen. «Gib mir das Geld, Dario. Ich bin nicht blöd.» Er schüttelte aber nur den Kopf und rieb sich die Augen. 

«Zwing mich nicht dazu, es dir eigenhändig abzunehmen.» Doch er zwang mich dazu. Wir redeten hier nicht von ein paar Dollar. Nein, ich hatte 200 Dollar im Portemonnaie gehabt und die waren nun weg. 

Ich packte Dario am Oberarm und zog ihn in den Flur. Er wehrte sich, zischte verletzt auf und versuchte meinen Griff zu lösen. «Wo hast du's? Ist es in deinem Zimmer?» Ich tastete trotzdem seine Hosentaschen ab und nahm seinen Geldbeutel auch hervor. Darin war nichts, außer drei Zigaretten. 

«Autsch! Lass mich los!» Dario schubste mich an den Schultern weg und sah mich aus bissigen Augen an. «Ich hab' deine Kohle nicht!» «Wofür brauchst du 200 Dollar?» Er suchte das Weite, doch ich zerrte ihn in die Küche, wo sich sein ganzes Auftreten veränderte. Er schaute gestresst um sich und blieb dann an den Spülmaschinen-Tabs hängen. Er schluckte schwer. 

«Lasciami andare, Santiago!» Aber ich packte sein Kinn und öffnete seinen Mund. Seine Augen wurden wässerig und er kriegte leichte Panik. Ich ließ ihn jedoch wieder los. «Wo ist das Geld jetzt? Sag's mir oder du kannst an so einem Tab nuckeln.» Er rieb sich verängstigt die Schultern und mied meinen Blick. 

«Dario-» «Non lo so.» «Was, du weißt es nicht? Das waren 200 Dollar!» Er zuckte nur wieder mit den Schultern und beäugte die Tür zurück in den Flur. «Rück' mit der Sprache raus.» Aber er schwang mir was ganz anderes entgegen. Seine Faust brachte mich etwas ins Taumeln, doch ich packte gleich seine Handgelenke und drängte diesen Rotzbengel gegen die nächstbeste Wand. Das Bild an ihr fiel zu Boden. 

Chaos brach aus. Dario wehrte sich, rastete aus und überrumpelte mich beinahe mit der Wucht, die von ihm aus kam. Ich steckte nicht gerade wenig Schläge ein und versuchte, ihn zu fixieren, doch er wich aus und griff bei der nächsten Gelegenheit in die Schublade und hielt mir ein Küchenmesser hin. «Lass mich!» 

«Dario! Stopp!» Ich hatte meine Hände angehoben und atmete tief durch. «Du kannst das Messer nach mir schwingen, mich stechen, aber ich werde es dir so oder so wegnehmen. Du machst mir keine Angst.» Seine Pupillen waren riesig, seine Lippen blass und es sah so aus, als könnte sein Brustkorb infolge seinem rasenden Atem zerbersten. 

Als er realisierte, dass ich nicht vor einer Verletzung zurückschrecken würde, drehte er den Spieß um. Er hielt die scharfe Kante des Messers an seine eigene Brust. Mein Herz sank und ich schritt hastig auf ihn zu. «Dario! No!» Sein Ausdruck wechselte wieder. 

Er reagierte auf meine Angst und jetzt im Nachhinein, wusste ich auch, was er wahrgenommen hatte. Er hatte in diesem Moment etwas gesehen, was er seit Jahren nicht mehr verspürt hatte. Jemand sorgte sich um ihn und wollte nicht, dass er sich wehtat. «Dario, wir können in Ruhe über das Geld reden. Das hier ist sicherlich nicht die Lösung. Gib mir das Messer oder leg es selbst weg.» 

«Lass mich gehen. Dann lege ich es weg.» «Nein. Ich lasse dich nicht gehen. Du bist gerade überhaupt nicht du selbst.» «Wer bin ich denn? Sag mir, wer ich bin, Dad.» Er verspottete das Wort Dad und drückte das Messer fester an seine Brust. 

Mein Herz raste und ich spürte wieder dieses schlimme Kribbeln in meinen Fingerspitzen. Das wurde mir zu viel. Er manipulierte mich. Ich hob meine Mauern weiter an. Das war zu viel. Ich konnte nicht mehr. Er war außer meiner Kontrolle. Ich konnte und wollte diese Verantwortung nun wirklich nicht mehr tragen. 

«Weißt du was? Mach' was du willst, Dario.» Ich ließ meine Arme fallen und verließ eilig die Küche. Das konnte ich mir nicht mehr geben. Dieser Junge gehörte in eine Klapse. Ich sagte es nicht gerne, doch er hatte wahrscheinlich noch den größeren Schaden als seine Mutter oder ich. Wenn's so weiter geht, würde er keine 18 mehr werden... 

Irgendjemand würde die Energie udn Geduld für ihn haben, aber ich war es nicht. Nicht mehr.

Ein Glück hat Dario diesen jemand gefunden...

Continue Reading

You'll Also Like

19K 388 32
In dieser Story geht es um Leyla, sie lernt Skandal kennen und sie hassen sich, doch irgendwas ändert sich zwischen ihnen Lest eif
50.3K 1.1K 46
Ich runzelte die Stirn."Oh, du verstehst mich falsch.Er ist nicht mein fester Freund." erklärte ich ihm daraufhin."Ah.Also bist du noch zu haben " fr...
25.4K 783 37
Emilia Schumacher, Mick Schumachers Schwester, findet ihren Weg beruflich im Rennsport Fuß zu fassen. In der kommenden Saison wird sie Marketingmanag...
20.4K 664 29
Alles was sie wollte ist, die Vergangenheit zu vergessen. Die Vergangenheit, ihre Familie und all das Leid, welches ihr wiederfahren ist. Sie wollte...