Painkiller

By AlloraFiore

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Enthält mehrere Teile, die alle hier zu finden sind. Teil 1: Abgeschlossen Teil 2: Abgeschlossen Teil 3: Abg... More

Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
55. Kapitel
56. Kapitel
57. Kapitel
Painkiller 2
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
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18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
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30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
Charaktere Q&A
Charakter-Interview
Painkiller 3: Plan Tropea
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
Painkiller 4
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
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23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel

21. Kapitel

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By AlloraFiore

 

«Jetzt denk nicht immer darüber nach! Wir sind im Jetzt, Lio.» Noè hatte ihre Arme um meinen Nacken geschlungen und versuchte den nachdenklichen Ausdruck von meinem Gesicht zu bekommen. 

Meine Augen hingen am Meer und der Dunkelheit. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es mittlerweile war, doch ich war mir sicher, dass ich mich schon längst bei Lex hätte melden müssen. Und Noès Dad machte sich sicherlich auch schon Sorgen. «Gehen wir langsam?» Meine ersten Worte seit 5 Minuten. Noè nickte nur und ließ mich etwas geniert los. 

Ja, Freunde waren wir keine mehr. Ich meine, was wollte ich mich dagegen streben? Wir würden immer mehr als Freunde sein. Irgendwie war ich der Letzte gewesen, der das endgültig verstehen musste. 

Scheiße, wenn diese Beziehung nicht funktionierte und Noè und ich irgendwann wirklich nicht mehr zusammen sein konnten, würde ich sie ganz aus meinem Leben löschen müssen. Denn ansonsten würde nie etwas daraus werden. Klar hatten wir uns etwas Anderes versprochen, doch dieser Gedanke war berechtigt. 

«Ich muss aber nochmals zurück und bei Meli mein Handy holen. Ich hab's ihr in ihre Tasche gegeben.» Ich blieb still, doch mein Schweigen galt in diesem Fall als ein Ja. Noè hatte dies spätestens dann kapiert, als ich ihr folgte und etwas abseits von der Strandparty auf sie wartete. Sie hielt es grinsend in die Höhe, «Hab's. Bei wem pennen wir?» 

«Du bei dir, ich bei mir», seufzte ich und Noè wurde wieder etwas stutzig. «Nicht zusammen?» «Nicht heute. Ist, glaube ich, besser so. Mir schwirrt gerade sau viel im Kopf rum.» «Okay. Ja, dann sehen wir uns aber morgen wieder?» «Klar, aber ich bring' dich jetzt auch noch nach Hause.» Ich langte nach ihrer Hand und zog sie zurück auf festen Boden und ihren Heimweg. 

«Aber du musst dann ganz allein ins Wohnheim gehen?» «Na und?», zuckte ich mit den Schultern. «Ist doch voll chillig und ruhig.» Ja, es war etwas weiter, aber diesen Spaziergang konnte ich echt gebrauchen. Ich war zwar ruhig und hing nicht so an Noès Hand wie auch schon, doch ich war froh, sie gerade bei mir zu haben. 

Ja, ich liebte sie echt und ja, ich wollte mit ihr zusammen sein, aber wir alle wussten mittlerweile, wie mein Hirn funktionierte. Eben gar nicht... Es funktionierte nicht und das, was einigermaßen lief, lief falsch. Wie schon so oft gesagt: ein großer Fehler. Mehr war ich nicht. 

Noè wollte mich etwas fragen und ich schaute mit sanftem Blick rüber und runter in ihr schönes Gesicht, als aber plötzlich mein Handy im Abstand von knapp 10 Sekunden zu klingeln und vibrieren begann. In erster Linie hatte ich keine Ahnung, was es sein könnte und warum man mich so dringend suchte, doch das kleine, traumatisierte Kind in mir erwartete den Anruf oder die Nachricht, welche mir sagen würden, dass meine Mutter rückfällig geworden und dann gleich daran gestorben war. 

Noè stockte auch und sah mich verwirrt an. «Hast du deine Nummer heute doch weitergegeben, oder was?», scherzte sie dann und ich zuckte ahnungslos mit den Schultern, als ich den immer noch vibrierenden Apparat hervornahm. Ich erwartete SMS', Voicemails und noch so vieles anderes, aber es war mein Instagram und mein Snapchat, was so Lärm machte. 

Ich sah auf zu Noè und erwartete irgendwie eine Erklärung von ihr. Wusste sie, was gerade abging? Ich öffnete Instagram und kriegte immer mehr Follower. Von meinen 450 Followern war ich hoch auf 1'100 gegangen. Kommentare kamen rein; «Geile Stimme, Alter!», «Ist es er? Das ist er, oder? Der auf dem Video?», «Voll heiß!», «Herzaugen, Flamme.» Video? Meine Stimme? 

Mein Puls sprang in die Höhe. «Noè? Was hast du getan? Hast du mein Video verschickt?» Zuerst verstand sie nicht, was ich meinte, bis ihre Augen ganz groß wurden und sie den Kopf zu schütteln begann. «Auf keinen Fall! Ich weiß, wie wichtig dir ist, dass das niemand zu hören und sehen bekommt.»  

«Ja, aber wieso kriege ich dann solche Kommentare und laufend neue Follower? Willst du mich verarschen?» Sie zückte ihr Handy und ging online. Sie suchte nach einem Grund. Aber nicht lange später begann auch ihr Handy vermehrt zu klingeln. «Ich habe es nirgends hochgeladen. Ich weiß nicht, was da gerade abläuft.» 

Ich verlor mich in den Kommentaren und zog meine Augenbrauen zu einer Linie zusammen. «Deine Stimme ist der Hammer!», «Wie alt ist er?», «Er ist voll hübsch!», «Sind das Narben am Arm?», «Bin ich die Einzige, die das Suizid-Tattoo unter seinem Ohr sieht?», «Ob er wohl eine Freundin hat?». Es fing an zu rauschen. In meinem Kopf rauschte es nur noch und ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte. 

Irgendwo war mein Video, wo ich sang und ich hatte keine Ahnung, wer das nun hörte und sah. Plus, wieso wussten die alle, dass ich es war? Man hörte nur meine Stimme. Nicht mehr! Man sah mich gar nicht! «Melina hat es gepostet!» Noè schrak auf und sah mich überfordert an. 

«Du hast es ihr gesendet?» «Nein! Nein, schau! Sie hat es sich selbst geschickt. Sie hat die Aufnahme wohl gefunden!» «Sag ihr, dass sie es löschen soll!» Noè wählte ihre Nummer und wartete, doch sie ging nicht ran. Mir wurde so schummrig, dass Noè sogar  so weit ging und zurück zur Party hetzte, und dort Melina packte. 

Ich konnte sie bis hierher hören. «Lösch' das Video! Wieso lädst du das einfach auf TikTok hoch und verlinkst ihn? Lösch' es!» Melina brauchte einige Sekunden, bis sie raffte, was wir meinten und fischte dann erschrocken nach ihrem Handy. Ich gesellte mich schweigend dazu. «Wieso? Ich hab's nur hochgeladen. Ich habe ihn gar nicht verlinkt. Wen überhaupt?» 

Noè zog sie zur Seite und ich versuchte, mein eigenes Handy so gut, wie es auch nur ging zu meiden. Ich spürte, wie mich das Ganze einnahm und völlig lahmlegte. Was passierte gerade? Das durfte nicht passieren! Ich-, Scheiße! 

«Das ist Dario, Melina! Du kannst das nicht einfach hochladen!» Arian und Melina sahen mich fassungslos an, doch Melina löschte das Video direkt wieder. «Wie lange hattest du das online?» «Paar Stunden. Ich hab's hochgeladen, als ihr euch vom Acker gemacht habt. Tut mir leid, ich wollte das nicht. Ich hab's nur hochgeladen, damit die anderen das Cover herunterladen können.» 

«Dann lädst du es auf TikTok hoch, wo gefühlt jeder zweite Bastard viral geht, wenn er gut aussieht oder singen kann?» Ich rieb mir verloren übers Gesicht und öffnete TikTok. Ein Versuch war es Wert: Ich tippte in der Suchleiste «Wicked Game Cover» ein und sah genau das, was ich nicht sehen wollte. 

Es wurde bereits repostet und das Video mit den meisten Views hatte mich in der Caption mit Instagram-Namen erwähnt. Es war jemand, der an diesem Event war und mich live gehört hatte. «Monster Stimme, @DarioCorrado» Gefühlt hätte ich die Mahlzeiten der letzten drei Wochen wieder auskotzen können. 

«Es wurde schon von anderen wieder hochgeladen», seufzte ich dann nur und hielt mir meine Stirn. «Es tut mir krass leid, Dario. Echt, Scheiße, Alter.» Melina kam zu mir und langte nach meiner Hand. «Ich wusste das nicht. Ich dachte,-» Sie von mir weg drängend, hockte ich mich auf die nächste Holzbank. Mir war schwindelig. 

Meine Follower waren auf über 8'000 angestiegen. «Dario? Bist du okay?» Arian wagte es an mich heran und ich sah ihn dann fassungslos und wuterfüllt an. Hatte er diese Frage gerade ernst gemeint? «Fuck, ich krieg' auch Follower und Kommentare. Dario, mach deinen Account privat», meinte Noè. Ich nickte und stellte alles auf privat und löschte Fotos, auf denen man Narben sehen konnte, doch die Leute, die mir schon folgten, konnte ich schwer schnell wieder loswerden. 

«Ist das seine Freundin?» Das Foto von mir und Noè hatte am meisten Aufmerksamkeit erweckt. Ich wusste, dass auf Noès Profil viel mehr solche Fotos waren, weshalb ich sie darum bat, auch auf privat zu schalten. «Was machen wir jetzt?» Ich blieb still, denn ich wusste gerade gar nicht mehr, wie man atmete. 

«Ich schreibe jedem, der das gepostet hat, dass er es löschen muss.» «Noè, das funktioniert doch gar nicht mehr. Einmal im Netz, immer im Netz.» «Ja, einen Versuch ist es trotzdem wert.» Ich schüttelte meinen Kopf und machte mein Snapchat auch auf privat. Auf TikTok hatte ich keine Videos, aber mittlerweile über 20'000 Follower. 

Ich erhob mich benommen von der Bank und ließ mein Handy zurück in meine Hosentasche gleiten. «Und wenn wir das über die Polizei machen? Die können doch alle Videos sperren lassen oder.» Ich hörte nicht mehr zu und winkte ab. Ich würde jetzt nach Hause gehen. 

Mehr konnte ich wohl nicht mehr machen. Die Follower-Anfragen stiegen weiter an. Meine DMs wurden von den neuen Followern vergewaltigt und ich verspürte den Drang, mir gerade das eigene Herz aus der Brust zu reißen. «Dario, warte auf mich!» Noè holte zu mir auf und langte nach meiner Hand. 

«Du hättest ihr niemals dein Handy geben sollen», meinte ich dann ganz ruhig und mein Blick blieb nach vorne gerichtet. «Ich konnte doch nicht wissen, dass sie sowas tut.» Ich meine, sie hatte recht, aber in erster Linie war es schon ihre Schuld. Schließlich hatte es bei sich auf dem Handy haben wollen. 

Mein Handy begann wieder zu klingeln, aber dieses Mal war es meine Schwester, die ganz hysterisch in den Hörer schrie. «Was zum Teufel ist jetzt bitteschön los? Wieso kriege ich Nachrichten über deine Stimme und wieso folgen mir Leute, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe?» 

Noè nahm mir mein Handy aus der Hand und übernahm das Reden für mich. «Jemand hat ein Video, wo Dario singt, veröffentlicht und es geht gerade viral.» «WAS?», hörte ich Giorgia bis zu mir rüber und Noè verzog das Gesicht. «Ja... Schalte am besten einfach alles auf privat, bis wir wissen, was wir machen sollen.» 

Mein Gehörsinn verließ mich komplett und der Weg vor mir war ganz verschwommen. Das Einzige, was ich für mich selbst gehabt hatte, war nun da draußen. Es war raus in die Welt geworfen worden. Es war nicht mehr meins, mein sicherer Ort. Ich wollte das doch nicht!

Jemand nahm meine Hand, wahrscheinlich Noè, und zog mich hinter sich her. Das Nächste, was ich wieder aktiv wahrnehmen konnte, war das Wohnzimmer der Damaris' und Marco, der versuchte zu verstehen, was passiert war. Und irgendwann tauchte sogar Kelly auf, die nach meinen Wangen langte und mit mir redete, doch ich konnte nichts hören. 

Aber wenige Worte schafften es vereinzelt zu mir hindurch, «Ich denke, das ist eine eher extreme Stressreaktion von seinem Kopf. Das passiert bei ihm nicht oft, dass er so schwer dissoziiert. Ich würde zur Sicherheit einen Krankenwagen rufen oder ihn zur Kontrolle in die Notaufnahme bringen.» Ich schaute langsam zu Noè rüber, die sich ihre Fingernägel abnagte und ganz nervös dasaß. 

Ich wollte etwas sagen, mich äußern, doch meine Gedanken waren nur noch auf Italienisch und wirklich Sinn ergaben sie auch nicht mehr. «Und am besten nehmen wir ihm das Handy für's Erste ab. Wir können die unerwünschten Follower sicher irgendwie bereinigen.» Marco nahm mir das Handy aus der verkrampften Hand und legte es weg. 

«Dario? Hallo?» Wieder. Da waren wieder Hände auf meinen Wangen und ich zwang mich dazu, zu blinzeln. «Hallo? Rede mit uns?» Nochmal. Meine Sicht wurde etwas klarer. «Bist du okay?» Ein schwaches Nicken brachte ich dann sogar noch zustande, doch lahm fühlte ich mich noch immer. 

«Möchtest du zur Sicherheit in die Notaufnahme-,» Ich schüttelte meinen Kopf und suchte instinktiv nach meinem Handy, bis Kelly mir wiederholt erklärte, wo es nun war. Marco hatte es. «Lex kommt dich holen und dann schauen wir morgen weiter, okay?» Okay... «Kann ich mit?» Noès Stimme. Die kannte ich. 

Ich schaute wieder zu ihr und sah, wie sie Kelly anflehend anvisierte und sie beinahe schon an den Schultern halten wollte. «Wenn Dario das will, ja.» Ich zuckte mit den Schultern und schweifte wieder ab, bis mir aber Fell ins Gesicht gedrückt wurde und eine wilde Roxy auf mir herumkletterte und ganz laut winselte. 

Mich an ihr festzuhalten, war gerade das Einzige, was mir Halt geben konnte. Am nächsten Morgen wusste ich nicht mehr viel. Ich hatte einen Filmriss, doch vereinzelt hatte ich Bilder im Kopf. Zum Beispiel Noè, die Melina packte oder Kelly, die vor mir kniete und mit mir redete, oder auch Roxy, die bei mir geblieben war und dann im Auto von Lex auf mir schlummerte. Dann im Wohnheim. Noè und ich zusammen in meinem Zimmer. 

Und jetzt? Jetzt hockte ich mit Augenringen und einem dampfenden Kaffee in unserer Küche und versuchte, den Smoothie und meine Medikamente zu schlucken, doch ich konnte nicht. Noè saß neben mir und ermutigte mich leise dazu, doch schüttelte nur meinen Kopf und rieb mir meine Augen. 

«Scheiße.» Mein erstes, aussagekräftiges Wort, seit letzter Nacht. «Ja, scheiße», ergänzte Noè mich und lehnte sich dann an meiner Schulter an. Lex kam zurück in die Küche. Er hatte Roxy eben für mich gefüttert. Ich bekam es ja gerade nicht einmal zustande, mich selbst zu versorgen. 

Das Haustelefon klingelte schon zum vierten Mal und Karin nahm den Anruf dieses Mal sogar entgegen. «Wohnheim Marble?» Noè legte mir meine Tabletten in die Hand und schob mir ihre Wasserflasche hin. Sie drehte mir sogar den Deckel ab und ich war mir sicher, würde es darauf ankommen, würde sie mir sogar noch die Pillen in den Mund kippen und das Wasser gleich hinterher. Aber ich schaffte es allein. 

«Nein, Dario Corrado ist nicht daran interessiert. Herzlichen Dank für Ihr Verständnis. Auf Wiedersehen.» Ich hörte, sie seufzen und das Telefon weglegen. «Lex, wir müssen das verdammte Haustelefon abhängen! Das war schon die dritte Plattenfirma!» Nice... 

«Wenigstens weißt du jetzt, dass deine Stimme übertrieben gut ist», versuchte Noè mich aufzumuntern. «Toll, da bin ich aber beruhigt», verdrehte ich meine Augen und nahm einen Schluck von meinem Kaffee. «Das war schließlich meine fucking größte Sorge, was?» 

Tony kam auf einmal in die Küche und sagte nur halbwegs hallo. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass sie herkommen würde. «Wir sind dran und versuchen, den Versand und die Verbreitung des Videos so stark einzugrenzen, wie es auch nur geht, aber ja. Es ist schwer. Wir wissen mittlerweile nicht mehr, wer das Video bei sich auf dem Handy hat und wer nicht.» Noch bessere Nachrichten. 

Mir wurde allein schon beim Gedanken daran kribbelig in den Fingern, weshalb ich kopfschüttelnd aufstand und ohne zu fragen, in Lex' Zimmer ging. Er folgte mir natürlich direkt, weil er wusste, was ich wollte und suchte. Er hatte die Kippen, die ich nach meinem Klinikaufenthalt noch hatte, zu sich ins Zimmer genommen. «Dario, nein.» Ich fischte in seiner Sporttasche nach der Packung und ignorierte ihn. Noè stand imTürrahmen und musste erst noch verstehen, was abging. 

Ich hielt eine Kippe hoch. «Nur eine. Und wenn ich jetzt keine rauche, gehe ich verdammt nochmal die Wände hoch. Entweder das oder ich raste gleich aus!» Ich zeigte dann auf Noè, die schon mit dem Kopf zu schütteln anfing und tadelnd auf mich zukam. Sie wollte mir die Zigarette wegnehmen. «Du kannst nicht von mir verlangen, einenkühlen Kopf zu bewahren, wenn das alles jetzt nur deinetwegen passiert ist», schimpfte ich. 

Ich klemmte die Kippe zwischen meine Lippen und rieb mir die Stirn. «Ich könnte dich gerade packen und gegen die nächste Wand werfen, Noè! Ehrlich! Genau das hätte nicht passieren sollen! Genau deswegen wollte ich dir dieses Video nicht schicken! Genau deshalb wollte ich es verdammt nochmal löschen!» 

Sie und Lex folgten mir raus in den Garten. Karin hielt sich schlauerweise raus aus der Sache. «Aber jetzt eine zu rauchen, bringt dir rein gar nichts.» Sie nahm sie mir weg und wollte sie in zwei brechen, doch ich überraschte sie mit einer Körpersprache, die ich ihr gegenüber niemals ans Tageslicht kommen lassen wollte. Sie schreckte sogar von mir zurück und hob ihre Hände schützend an.

Ich packte aber nur ihre Hand und zog sie grob an mich heran, um ihr die Kippe wieder wegzunehmen. Es war ein kurzer Prozess. Ich steckte sie mir wieder ein, zündete sie an und nahm einen Zug. Ich sog so schwer und tief an ihr, dass ich sogar husten musste. Ich bekam zu spüren, dass ich schon lange keine mehr geraucht hatte. 

Mit der Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger deutete ich nochmals auf Noè und dann auf ihr Handy. «Ich weiß, du konntest das nicht wissen, aber rate mal, wie es mir gerade geht! Du kannst froh sein, dass ich nur eine Zigarette rauche!» 

Lex kam zu mir und wollte mir die Zigarette wegnehmen, doch ich schaute ihn nur warnend an. «Dario, du konntest etwas rauchen. Es muss aber nicht die ganze sein. Komm, gib her.» Meine Antwort war ein weiterer Zug an der Kippe und ich drehte mich zum Haus um, weil ich Schritte hörte. 

Marco kam angelaufen. Er stockte, «Nicht dein Ernst, Dario.» Ach, die altbekannten Worte von Marco, die ich früher jeden dritten Tag zu hören bekommen hatte. Ich ging nicht darauf ein und erschrak mich etwas, als Noè mir die Zigarette stibitzte und wütend auf dem Steinboden austrat. 

«Jetzt nutze meine Fehler nicht dafür aus, wieder mit dieser Scheiße anzufangen. Das hast du schon mal getan und dieses Mal lasse ich es nicht zu. Was passiert ist, ist passiert, aber das heißt jetzt nicht, dass du wieder mit diesem Mist anfangen kannst.» Sie packte mein Handgelenk und zog mich energisch ins Haus zurück und gleich weiter in die Küche zu meinem unangerührten Frühstück. 

Sie zeigte dann darauf, «Da, du bist noch nicht fertig. Und wegen des Videos finden wir schon eine Lösung.» Sie drückte mir den Smoothie in die Hand und verschränkte ihre Arme auf der Brust. Um ehrlich zu sein, war ich etwas baff, weil ich diese Striktheit nicht auf dem Radar gehabt hatte. Normalerweise zog sie sich zurück, wenn ich zu spinnen anfing oder sie versuchte auf sanfte Art und Weise mit mir zu reden. «Ja, es ist scheiße für dich und ja, es tut mir leid, aber du bist trotzdem stark und vernünftig genug, um einen kühlen Kopf zu bewahren.» 

Mein Puls war ganz oben und ich konnte meine Freundin nur schweigend anschauen. Mein Herz schlug mir bis hoch in den Hals. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten konnte. Mir kam nichts Angebrachtes in den Sinn. Alles, was ich loswerden wollte, war böse, bissig und unmoralisch. Das verdiente Noè aber nicht, oder? 

Sie drückte mich in meinen Stuhl runter und marschierte gleich weiter in Lex' Zimmer, wo sie die Zigaretten holte, vor mir unter den laufenden Wasserhahn hielt und die dann durchnässte, unbrauchbare Packung wegwarf. 

Sie deswegen so wütend zu sehen, schüchterte mich ein. Auf einmal hatte ich das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Ich hatte sie verletzt und verärgert, oder? «Sorry.» «Alles gut, komm' einfach nicht nochmal auf so eine scheiß Idee.» Sie hockte sich wieder zu mir hin und seufzte. 

Marco und Lex kamen wieder dazu und prüften die Lage. Und das wissende Schmunzeln auf deren Lippen zeigte mir, dass sie ganz genau wussten, was gerade abgegangen war. Marcos Fratze zeigte Stolz. Ja Marco, deine Tochterhatte mir gefühlt den Arsch versohlt... 

«Ich sehe, du wurdest zurechtgewiesen», zog Lex mich auf, doch ich blieb still. Es war gerade zu viel auf einmal los. Und als das scheiß Haustelefon wieder zu klingeln anfing, entschied ich mich dazu, wieder in mein Zimmer zu flüchten. Viel zu viel. Ich kam kaum hinterher. Ich brauchte eine Pause. Von allem...

Persönlich würde ich mal schätzen, dass das Rampenlicht Darios Untergang wäre... Also Ruhm, Geld und ja... Was meint ihr?

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