Painkiller

By AlloraFiore

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Enthält mehrere Teile, die alle hier zu finden sind. Teil 1: Abgeschlossen Teil 2: Abgeschlossen Teil 3: Abg... More

Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
55. Kapitel
56. Kapitel
57. Kapitel
Painkiller 2
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
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11. Kapitel
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26. Kapitel
27. Kapitel
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31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
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35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
Charaktere Q&A
Charakter-Interview
Painkiller 3: Plan Tropea
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
Painkiller 4
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
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11. Kapitel
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33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel

37. Kapitel

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By AlloraFiore

Ich war todmüde, doch an Schlaf konnte ich kein bisschen denken, als ich nach einer rassigen Diskussion mit meinem Dad, ihn dazu überreden konnte, jetzt sofort zu Dario zu fahren. Ich hatte ihm gesagt, wenn er nicht mit mir gehen würde, würde ich das Auto selbst dorthin fahren. Keine Ahnung wieso, aber diese Drohung hatte gezogen. 

Wir liefen die heute eigentlich eher relativ friedlichen Gänge des Krankenhauses lang und mir kam Fede entgegen, der sich gerade ganz weit entfernt von seiner eigentlichen Abteilung aufhielt. Wahrscheinlich hatte er auch von Dario gehört und wollte nach ihm sehen. 

Er trug einen besorgten Blick und als er mich erkannte, lief er direkt auf Dad und mich zu. «Hi, ihr zwei.» Er langte nach meinen Oberarmen und sah mich mit sanftem Blick an. Er wollte etwas sagen, doch zögerte. Mein Vater übernahm das Sprechen. «Warst du eben bei Dario?» Fede nickte und ließ mich wieder los. «Ja, er ist okay. Also zumindest, was seinen Körper angeht.» 

«Was hat er getan? Überdosis?» Fede wollte antworten, als er aber durch seinen Pieper gerufen wurde und schnell wegmusste. Dad wusste ebenfalls nicht, was für ein Dario uns in seinem Zimmer erwartete. 

Einzig bekannt war, dass Dario heute Nacht dem Tod knapp entkommen war. Also, in seinen Augen war es wahrscheinlich eher umgekehrt. Der Tod war seinen Händen entflohen. Oder nein, man hatte ihn ihm einfach wieder aus den Händen gerissen. So wie ich es in Tropea getan hatte. 

«Noè, bist du dir wirklich sicher? Also, möchtest du jetzt wirklich zu ihm?» Ich nickte entschlossen. Mein Junge hatte etwas Schlimmes erlebt und den Scham, den er jetzt empfand, musste unerträglich sein. Ich würde ihn jetzt nicht alleine lassen. 

Ich klopfte an seiner Tür und trat dann vorsichtig, gefolgt von meinem Vater, der das ganze Zimmer einmal überflog, ein. Dario lag von der Tür weggedreht im Bett und vor ihm saß Giorgia, die leise mit ihm redete. Vor dem Bett war Giacomo, der die beiden mit einem schmerzerfüllten Blick beobachtete und sich nachdenklich übers Gesicht rieb. 

Mein Vater ging direkt zu ihm und legte eine Hand auf seine Schulter. Worüber die beiden redeten, bekam ich nicht mehr mit, denn ich lief wie in Trance zu Darios Bett und kletterte hinter ihm auf die Matratze. Nichts sagend und mit Tränen, die sich aus meinen Augen stahlen, legte ich meine Arme um ihn und hielt ihn einfach nur fest. 

Ich spürte raue Verbände und sah über seine Schulter hinweg runter zu seinen Unterarmen, die dick einbandagiert waren. Gio hielt seine linke Hand und streichelte den Handrücken mit ihrem Daumen. Mein Herz zog sich so fest zusammen, dass ich für einige Momente nicht mehr atmen konnte, doch ich blieb still und traf auf Giorgias Augen, die verweint, verschmiert und hilflos blinzelten. 

Sie stand mehr oder weniger unter Schock. Genauso, wie Giacomo, der sich von meinem Vater in die Arme nehmen ließ. Das Gesicht, vor dem ich mich gerade am meisten fürchtete, war Darios. Ich wollte nicht wissen und sehen, was in ihm vorging. Ich presste meine Wange gegen seinen Rücken und umarmte ihn noch fester. 

Gio redete mit ihm. Sie schenkte ihm italienische Worte, die ich nicht verstehen konnte, doch ich brauchte keine Worte, um zu verstehen, dass sie ihm Liebe zusprach. Dario atmete ganz schwach und er glühte, was nicht gewöhnlich für ihn war. Irgendetwas sagte mir, dass er noch nicht allzu lange wach war. Wahrscheinlich hatte er sehr viel Blut verloren. 

In einem Moment wie diesem an sowas zu denken, war eigentlich nicht meine Art, doch ich fragte mich trotzdem, ob er es meinetwegen getan hatte, weil ich ihn heute etwas grob zurechtgewiesen hatte und mit Dad zusammen darauf bestanden hatte, ihn strikt einweisen zu lassen... 

Hatte er es deswegen getan? Oder hatte er es heute allgemein geplant? Schließlich hatte er mir in Italien gesagt, er würde seinen Geburtstag nicht mehr miterleben... Und gestern Nacht hatte er mir ins Gesicht geschaut und gesagt, er wolle es sich nochmals genau anschauen, weil er nicht wusste, wann er es das nächste Mal wieder tun können würde. 

Allgemein war er gestern beim Marble so komisch gewesen... So lebensmüde. Und-, Und sein Anruf von heute Nachmittag... Er hatte am Hörer gesagt, dass er nicht wusste, was passierte oder ob etwas passieren würde... Hatte er es dort auch schon versucht und war deswegen eingeschlafen, aber wiedererwacht, weil es nicht funktioniert hatte? Alleine? 

Mir ging der Hals zu. Ich wusste, dass er suizidgefährdet war, doch so plötzlich hier ins Krankenhaus gerufen zu werden, weil er einen Versuch hatte, machte mich mundtot und fertig. In Tropea war ich dabei gewesen... Hier war einfach ein Anruf gekommen. 

Mir war vorlauter Schreck und Ungewissheit rotten schlecht. Ich fühlte mich, als hätte ich tausend Steine im Magen liegen. Aufstehen und Dario loslassen, wollte ich heute nicht mehr, doch mein Dad bat mich, zusammen mit Giacomo und ihm, vors Zimmer zu kommen. 

Ich drückte Dario noch einmal ganz doll und versprach ihm, gleich wieder da zu sein, denn ich folgte meinem Vater und Giacomo aus dem Zimmer. Draußen atmete Giacomo erstmals mehrmals richtig tief durch. Er krümmte sich vor Atemnot und Furcht. «Atme, Giacomo. Er ist jetzt okay.» Das wusste er bestimmt, doch ich wusste ganz genau, wie er sich gerade fühlte. 

Wir alle wussten, wie sehr Dario litt und wir alle wussten, dass das heute richtig schiefgehen können hätte. Und das Problem war mittlerweile einfach, dass man es nicht mehr kontrollieren konnte. Man konnte solche Sachen nur schwer verhindern, denn Dario nahm die Hilfe nicht an. Und, wenn er es tat, dann nur halbwegs. 

«Lex hat mich-, Als er mich angerufen hat, dachte ich, es wäre vorbei. Ich dachte, Dario wäre tot.» Ein Stich mitten ins Herz. «Lex hat einfach nur gesagt, dass es ihm leidtut. Zu dem Zeitpunkt war noch nicht sicher, ob Dario überlebt oder nicht.» 

Meine Tränen drückten und ich rieb mir meine Augen und wandte mich etwas benommen ab. Und ich war nicht bei ihm gewesen... Er hatte sich nicht bei mir gemeldet, weil ich das letzte Mal nicht gekommen war, als er darum gebeten hatte. Es war auch meine Schuld. 

«Hat Dario schon etwas gesagt?», fragte Dad nach und unser Gegenüber schüttelte den Kopf. «Kein Wort. Kein Ton... Nichts. Giorgia sitzt schon knapp eine Stunde bei ihm und-» «Da seid ihr ja.» Lex kam den Flur runter aus dem Fahrstuhl getreten und lief eilig auf uns zu. «Dario ist wach?» Giacomo nickte nur und rieb sich die Augen trocken. 

«Danke, dass du ihn gefunden hast.» Lex hatte Dario also gefunden. «Zu danken ist vor allem Roxy. Sie hat das halbe Haus niedergerissen, weil Dario sie ausgesperrt hat.» Roxy... Dieser Hund, sie verdiente die verdammte Welt. 

Mein Vater fürchtete sich davor, die Frage zu stellen, doch es war ein Muss. Er schaute kurz zu mir, um ich davor zu warnen, denn, ob ich die Antwort hören wollte, wusste ich in diesem Moment nicht ganz. «War es wirklich gezielt? Ein deutlicher Versuch?» 

Lex' Miene fiel und er schaute kurz runter auf seine Schuhe, bevor er seufzte und unerfreut nickte. «Ja, zwei senkrechte Schnitte. Sie haben Drogen in seinem Blut festgestellt. Sein Blut war deswegen sehr verdünnt. Zum Glück hat Roxy mich geholt.» Lex schaute mich an. «Ich weiß nicht, ob du das hören willst, No-» Ich winkte ab und deutete ihm, es ruhig sagen zu können. 

«Der Arzt meinte, dass er, wenn wir ihn nur wenige Minuten später gefunden hätten, ausgeblutet wäre.» Irgendwie verspürte ich den Drang, in etwas reinzuschlagen. Ich war frustriert, verängstigt und verdammt nochmal hilflos. Ich fühlte mich so nutzlos, weil ich ihm nicht mehr helfen konnte. 

«Darf er noch im Wohnheim bleiben ode-» Lex schluckte schwer, doch er nickte dann, «Wir haben zwar Regeln und die hat er mit den Drogen gebrochen, doch wir sind nicht herzlos. Er darf bleiben, wenn er will. Wir alle mögen ihn sehr. Er ist ein phänomenaler Junge, dem nur noch ein bisschen auf die Sprünge geholfen werden muss.» 

Mich interessierte vor allen, was Dario zu sagen hatte, aber eben hieß es ja noch, dass er nichts von sich gab. Dad war sich auch bewusst darüber, dass jetzt nicht der Zeitpunkt war, um darüber zu diskutieren, was nun mit Dario passieren sollte. Am wichtigsten war, dass er noch da war. Verdammte Scheiße, meine letzten Worte an ihn... Ich hätte nicht mit ihnen leben können. 

Dario war jetzt aber noch hier und er lebte. Er lebte und ich wünschte mir, dass er den Sinn vom Leben finden würde. Es zerbrach mich innerlich, wie verloren er sich indessen fühlen musste. Sicherlich schämte er sich dafür und regte sich gleichzeitig auch höllisch darüber auf, gerettet worden zu sein. 

«Darios Fall ist sehr kompliziert», fing mein Vater dann doch an. Ich glaube, er selbst versuchte sich etwas zu beruhigen, in dem er fachlich agieren wollte. Er versuchte sich selbst abzulenken, weil er Dario ins gemein auch verdammt mochte und er ihm sehr ans Herz gewachsen war. 

«Wir müssen irgendwie die Mitte finden. Er braucht definitiv klinische Unterstützung, aber darf hier nicht gefangen gehalten werden. Aber zu viel Freiraum darf er auch nicht haben, bis er sich wieder besser fühlt.» Ich schüttelte den Kopf. «Ganz egal, was man ihm wieder vorschreibt, er wird sich seine eigenen Regeln daraus machen.» 

Lex verschränkte seine Arme auf seiner breiten Brust und seufzte schwerfällig, «Er hat seit ein paar Tagen seine neuen Medikamente. Die helfen ihm.» Ich zeigte etwas bissig zur Zimmertür. «Denkst du?!» Lex verzog das Gesicht. «Noè, Medikamente helfen mit den Symptomen... Suizid ist kein Symptom. Es ist-» 

Giacomo nahm Giorgia in den Arm, die auch aus dem Zimmer geschlurft kam. Ich konnte mir nicht vorstellen, was gerade in ihr vorging. Dario war ihr kleiner Bruder. Ich konnte mir das nicht mehr anhören, weshalb ich mich wieder leise in Darios Zimmer bewegte, und mich traute, dieses Mal vor ihm, am Bettrand in die Knie zu gehen. 

Er atmete ganz schwach und leise. Dass er nicht mehr alleine war, musste er gespürt haben, doch er wagte es nicht, aufzuschauen. Musste er nicht. Ich war hier. Egal, ob er mich ansah oder nicht, ich würde bei ihm bleiben. 

Ich strich ihm die Locken aus der Stirn und versuchte, meine Tränen zurückzuhalten. Dario wich meiner Berührung, als würde sie ihm auf der Haut brennen. «Es ist okay», flüsterte ich dann nur und langte nach seiner linken Hand, die offen vor mir auf der Matratze lag. «Ich bin dir nicht böse.» War ich echt nicht. Könnte ich niemals sein. 

Ja, ich hatte meine Mutter infolge Suizides verloren und Dario wusste, dass ich ihn so nicht verlieren konnte und durfte... Er war sicherlich wütend, weil er mir und auch allen anderen damit einen riesigen Schrecken eingejagt hatte. 

Lio verzog sein Gesicht schmerzverzerrt und klammerte sich dann schwach an meiner Hand fest, die er an sich heran unter die Decke zog. «Tut mir leid», kam es ganz leise von ihm und ich lächelte sanft. «Muss es nicht. Das Leben ist manchmal echt scheiße.» Er blinzelte mir vorsichtig entgegen. Er hatte glasige, aber extrem rote Augen. 

«Wo ist Roxy?» «Weiß ich nicht. Wahrscheinlich im Wohnheim.» Rio nickte nur schwach und schloss wieder seine Augen. «Ihr Bellen war das Letzte, was ich gehört habe...» «Sie ist okay... Sie hat dir das Leben gerettet.» Darauf hatte er nichts zu sagen. Erfreut schien er auch nicht darüber. 

Allgemein war Dario sehr erschöpft, weshalb ich ihn auch nicht weiter ausfragte oder unnötig wach hielt. Er schlief keine 10 Minuten später wieder tief und fest. Giorgia musste nach Hause, weil sie morgen in der Schule nicht fehlen durfte. 

Ich jedoch... Mich würde man nur über meine Leiche nach Hause zerren können. Ich plante hier bei Dario zu bleiben, bis er wieder stabiler und vor allem ausgeruht war. Giacomo ging auch nur schwer und widerwillig nach Hause, doch Dad und ich versicherten ihm, dass wir bleiben würden. 

Es war kurz nach Mitternacht und um halb 1 ging die Tür sogar nochmal auf. Zwei junge Leute traten ein. Sie trug ihr rotes, langes Haar offen und hatte verweinte Augen. Der Mann neben ihr hatte Dario zuletzt gesehen, als er ihn zurück ins Wohnheim gefahren hatte. 

Dass Santiago und Samantha beide hier auftauchten und dies auch noch zeitgleich taten, war eine Überraschung, doch ebenso etwas sehr Schönes. Darios Eltern waren hier. Beide... Sie waren beide hier, weil sie ihr Kind sehen wollten. 

«I-ist er-, Also, wie geht es ihm?», kam es leise von Sam, die sich vorsichtig und auf wackeligen Beinen an meinen Vater heranwagte. «Er ist sehr müde und schläft seit einer knappen Stunde wieder.» Santiagos Blick klebte an Darios Statur und er stand unter Schock. 

«War es wirklich ein Selbst-, Selbstmordver-versuch?» Samantha wollte es nicht glauben, doch mein Vater nickte nur und rieb sich über die Stirn. «Er hat versucht, sich die Pulsadern zu durchtrennen. Sein Hund hat den Betreuer alarmiert und dieser konnte ihn gerade noch rechtzeitig finden.» 

Zum ersten Mal sah ich Santiago wieder Luft holen. Er kam unentschlossen näher und biss sich nervös in die Unterlippe. «Wie meinst du, gerade noch rechtzeitig?» «Paar Minuten später und er wäre ausgeblutet.» 

Ich schaute kurz nach, ob er noch immer schlief und versuchte meine Hand aus seiner zu lösen, doch er griff fester zu. Samantha hielt sich den Mund und begann, den Kopf zu schütteln. Ihr Blick blieb an Dario hängen und sie hockte sich behutsam an seinen Bettrand und nahm sein Gesicht in sich auf. 

Wir alle wussten, dass es in seinem Inneren alles andere als ruhig und gleichmäßig herging, doch ihn jetzt so ruhig und gelassen schlafen zu sehen, hatte etwas sehr Schönes an sich. Vor allem, weil er atmete. Er lebte. Das war gerade das Wichtigste von allem. 

«Es zerstört mich, dass ich nicht helfen kann.» Sams Stimme war nur ein leises Krächzen. Sie gab ihr Bestes, nicht zusammenzubrechen und Santiago wagte es noch ein bisschen näher an sein Kind und dessen Mutter. «Ich will helfen. Er hat so große Schmerzen und ich kann sie ihm einfach nicht nehmen.» 

Ich löste mich dann doch aus Darios Griff, um seinen Eltern Zugang zu gewähren. Samantha atmete stockend aus, als sie die Verbände zu Gesicht bekam und Santiago rieb sich nervös über seinen eigenen Unterarm. 

«Ti amo. Ti amo così tanto», lehnte Sam sich zu Dario runter und legte dann ihre Stirn an seine. Er atmete laut aus und ich dachte, er würde sie verschieben, doch er langte nach ihrer Hand und hielt sich an ihr fest. 

Santiago hatte Mühe, denn er und Samantha standen nicht wirklich gut zueinander, doch auch er realisierte in diesem Moment, dass es nicht darum ging, sondern um Dario und seinen Schmerz, der ihn in den Tod treiben wollte. 

Ich blieb still und stellte mich neben meinen Vater, der Santiago auffordernd entgegen nickte und auf Sam und Dario deutete. Zögerlich und mit großer Angst vor einer Abfuhr, ging er neben Darios Bett in die Hocke, um mit seinem Sohn auf Augenhöhe zu sein. 

«So che non mi crederete, ma lo faccio anch'io.... Anch'io ti amo.» Der junge Architekt strich ihm eine lose Locke aus dem Gesicht und erschrak sich ein bisschen, als Dario auch nach seiner Hand griff und sie beide bei sich hielt.

Er hielt beide fest. Seine Eltern. Sie waren beide bei ihm. Zum ersten Mal waren beide bei ihm und nicht gegen ihn oder gegen einander.

Irgendwie ist das Kapitel so traurig aber auch so herzerwärmend...

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