Painkiller

由 AlloraFiore

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Enthält mehrere Teile, die alle hier zu finden sind. Teil 1: Abgeschlossen Teil 2: Abgeschlossen Teil 3: Abg... 更多

Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
55. Kapitel
56. Kapitel
57. Kapitel
Painkiller 2
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
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17. Kapitel
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20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
Charaktere Q&A
Charakter-Interview
Painkiller 3: Plan Tropea
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
Painkiller 4
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel

23. Kapitel

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由 AlloraFiore

«Ist ja alles schön und gut, aber ich hab Schmerzen, Rio», quengelte Noè, als ich ihr eine Decke holte. «Also, versteh mich nicht falsch. Ich find's genial, dass du und deine Mom mal miteinander geredet habt, aber ich glaube, ich habe ein Messer im Bauch.»

Ich warf mich zu ihr aufs Sofa und schrieb kurz Gio zurück, die wissen wollte, wie es uns ging. «Wusste nicht, dass du so Schmerzen kriegst.» «Tu ich nicht immer. Das wechselt von Monat zu Monat.» Okay... Wusste ich nicht.

«Gibt's etwas, was hilft?» «Schmerztabletten und Freund.» «Wir haben keine Schmerztabletten, aber Freund ist vorhanden.» Sie kicherte leise auf und langte nach mir. Ihre Hände gingen vorlauter Vorfreude auf und zu, als ich sie zusammen mit der Decke an mich ranholte und umarmte.

«Tut mir leid, dass ich unseren Urlaub jetzt so ruinieren muss...» Ich winkte ab und musste sogar etwas schmunzeln. Wenn ihn einer von uns beiden ruiniert hatte, dann definitiv ich und das sogar schon vorletzte Woche.

«Kannst ja gar nichts dafür. Ist ja auch was Gutes, wenn du sie kriegst, oder?» Oder? Leute? Ich kannte mich in diesem Gebiet so gut wie gar nicht aus. Blut? Ja... Menstruation? Eher weniger.

«Was? Weil es heißt, dass ich nicht schwanger bin, oder was?» Ich lachte auf. Da mussten wir uns für den Moment eh keine Sorgen machen. «Nein, ich dachte, dass man sie auch auslassen kann, wenn man unter Stress steht und so...»

Noè zog die Augenbrauen zusammen und legte ihren Kopf schief. «Zuerst weißt du, wie man Eyeliner zieht und jetzt weißt du auch noch, dass man die Periode verlieren kann, wenn's einem nicht gut geht... Willst du mir etwas sagen, Dario?» Ich lächelte und schüttelte den Kopf. Wieder typisch Noè.

«Ich habe eine große Schwester, die die Klappe nicht halten kann und mir Dinge erklärt, die ich nicht wissen will... Ich weiß noch viel mehr, als du dir vorstellen kannst.» «Ja, dann hau mal raus. Wir haben heute Abend alle Zeit der Welt.» Und vor allem hatten wir wieder Ruhe. Meine Mom war mit Theo um 20 Uhr zurückgereist.

Ich hatte ihr ansehen können, dass sie gerne noch mehr mit mir geredet hätte, doch ja... Mir war das für heute mehr als genug gewesen. Und, ob ich überhaupt noch mehr wissen wollte, wusste ich auch noch nicht.

«Also...» Ich holte Noè näher an mich heran und sah ihr zu, wie sie es sich auf meiner Brust bequem machte. Ich fand es verdammt niedlich, wie sie Acht darauf gab, dass ich immer noch eine heilende Schulter hatte.

Sie tat nicht mehr wirklich weh, doch ab und zu zwickte sie schon noch. Vor allem, wenn man sie etwas zu grob berührte oder ich mich falsch bewegte. «Ihr habt einen Zyklus», stellte ich fest und Noè begann verspielt zu grinsen. «Das wusste ich nicht», scherzte sie. «Erzähl mir mehr.»

«Ihr bekommt eure Tage, weil sich eure Gebärmutter für den nächsten Eisprung innerlich schält. Mit den Tagen spült ihr das Zeug raus.» Noè schrak etwas zurück. «Okay... Irgendwie nice, dass du das weißt, aber irgendwie auch komisch.»

Ich schlang meine Arme enger um ihren Körper und sah runter auf ihre Brust. «Und eure Brüste können währenddessen größer werden.» «Das hat dir auch Giorgia erzählt?» Ich schüttelte meinen Kopf und konnte meine Augen gar nicht mehr von ihnen wegreißen. «Nope, habe es gerade selbst herausgefunden.»

Noè lachte laut auf und kuschelte sich enger an mich heran. «Mein Dad würde dich töten, wenn er uns jetzt gerade sehen könnte.» «Da hätte er es nicht allzu schwer. Würde im wahrscheinlich noch helfen.»

«Rio...» Ich lächelte sanft. «Nehm nicht alles, was ich sage, so ernst, Micina. Das war ein Witz.» Sie nickte zögerlich, doch ließ es über sich ergehen. «Dein Humor ist mir manchmal zu schwarz...»

«Das war doch noch gar nichts. Du hast mich in meinen goldigen Zeiten, was meinen Humor angeht, noch gar nie erlebt.» «Wieso nicht?» «Weil ich nicht wirklich was anderes zum Lachen habe als mich selbst. Und du magst es nicht, wenn ich mich über mich selbst und meinen Zustand lustig mache.»

Sie seufzte, «Doch, tue ich schon. Es ist ja irgendwie auch was Gutes, wenn man über sich selbst lachen kann, aber ich weiß, dass du es oftmals auch todernst meinst.» Ich winkte ab. «Glaub mir, es gibt einen Unterschied zwischen todernst und todernst

Sie verzog ihr Gesicht und ich spürte, wie sie ihre Beine enger an sich heranzog und sich komplett verspannte. Ich blieb einfach still. Nein, ehrlich... Sah ich so aus, als wüsste ich, wie ich Noè vor Schmerzen schützen konnte, die Mutternatur ausstrahlte?

«Gib mir die ersten zwei Tage und ab dem dritten bin ich dann wieder komplett brauchbar.» Ich seufzte und streichelte ihr nachdenklich durch die Haare. Wie konnte ich ihr versichern, dass mich diese kleine Pause keineswegs störte und auch überhaupt nicht schlimm war?

«Wenn's dich besser fühlen lässt, ich hab auch alle paar Wochen fette Schmerzen. Bist nicht allein.» «Was? Wieso?» Ich deutete auf meinen Rücken. «Wachstum. Hab sogar richtige Dehnungsstreifen am unteren Rücken.» «Du bist ziemlich groß für einen 15-Jährigen.»

Ich zuckte mit den Schultern. Um es genau zu nehmen, würde ich ihn knapp einem Monat 16. Dass ich es überhaupt bis zum 16. Lebensjahr schaffen würde, hätte mein 9 Jahre altes Ich nie gedacht.

Allgemein hatte ich noch nie sowas wie ein Blick in die Zukunft. Ich ging jedes Jahr davon aus, im Verlauf der kommenden 12 Monate draufzugehen. Das war schon immer so und würde sich wahrscheinlich auch nie mehr ändern.

«Ich bin nur 1.80...» «Ja, und nur 15. Meinten die Ärzte nicht, dass du saugroß wirst? Dein Dad ist doch so groß.» Mir war das ziemlich egal. «Würde es für dich denn eine Rolle spielen? Ist dir die Körpergröße von einem Typen wichtig?»

Noè verzog ihr Gesicht und sah mich kurz patzig an. «Nein. Natürlich nicht. Aber ich kann mich keineswegs darüber beklagen, dass du größer bist. Ich mag es.» Ich musterte sie kurz und beließ es dann dabei. Sie war etwas launisch, was ich nicht persönlich nahm. Also, ich versuchte es zumindest.

Und irgendwie... Keine Ahnung. Ich hatte Bock, sie ein wenig zu nerven. Sie döste leise vor sich hin und hielt sich an meinen Händen fest, als hinge ihr Leben von ihnen ab.

Sie sah zum Sterben niedlich aus und schmollte leicht, was mich sanft lächeln ließ. Ich pikste ihr in die Wangen und schmunzelte vor mich hin, während sie versuchte, mich und meine Finger davor zu stoppen.

Sie murmelte irgendwas rum und als es ihr dann zu blöd wurde, packte sie mein Kinn und drückte es auffordernd zusammen. Sie sah mir direkt in die Augen. «Wenn du nicht aufhörst, blute gleich nicht nur ich, okay?» Ich musste grinsen und nickte. Damn...

Mir war einfach etwas langweilig. Also, langweilig war mir irgendwie immer, aber ja... Keine Ahnung. Konnte auch sein, dass ich später dafür dann voll und ganz crashen könnte. Ich kannte mich da selbst auch viel zu wenig aus mit meinen Stimmungsschwankungen.

Ich ließ Noè dann auch, nachdem ich uns ins Bett gebracht hatte, schlafen und hatte mich unelegant und alles andere als leise und vorsichtig, raus auf den Balkon geschlichen, um mir eine Kippe anzuzünden.

Ich hatte mir vorgenommen, das Rauchen von nun an tatsächlich etwas zurückzuschrauben, weil... Weil, ja... Ich wurde immer kurzatmiger und... Sagt Noè bitte nichts davon. Das musste sie nicht wissen.

Es hieß, wenn man vor dem 30. Lebensjahr aufhören würde, würde man die durchs Rauchen verlorenen Jahre wieder zurückgewinnen. In der Geschlossenen damals musste ich mir sehr viele Studien und Statistiken anhören und reinziehen.

Mit dem Rauchen hatte ich eine bis zu 14 oder 15 Jahre kürzere Lebenserwartung, was mich persönlich nicht wirklich gejuckt hatte. Mal unter uns: Das den Kids in einer Geschlossenen von Suizidgefährdeten zu erzählen... Ich denke, das hatte die meisten eher dazu angeregt, mit dem Rauchen anzufangen.

Ich wusste, dass ich aufhören sollte, doch ja... Einfach war es nicht. Ich brauchte immer irgendwas, was ich tun konnte, wenn ich Stress hatte oder so. Und ja... Kippen halfen mir da nun mal. War ich gerade gestresst? Ja, hier kommt die Punchline... Ich war immer innerlich gestresst.

Wenn man mich einmal entspannt sehen wollte, dann wenn ich ohnmächtig oder wirklich high bis zum Anschlag war. Aber das durfte ja auch nicht mehr passieren.

Um ehrlich zu sein, war ich nicht okay. Ich gab es nicht gerne zu, doch es ging mir nicht gut. Aber Noè das direkt zu sagen, wäre das Dümmste, was ich machen konnte.

Oder nein... Es war nicht so, dass es mir abartig schlecht ging, doch es ging einfach nicht mehr bergauf. Ich hatte nach der Geschlossenen den Höhepunkt erreicht. Besser würde es niemals funktionieren können.

Klar, war ich damals auch noch miserabel, doch... Wenigstens ging es den Leuten um mich herum etwas besser. Sie hatten nicht mehr so große Angst um mich gehabt. Vor allem Noè.

Ich rieb den kleinen Zigarettenstummel auf dem Geländer aus und warf ihn weg. Noè lag zu einer kleinen Kugel eingerollt, eingekuschelt im Bett. Friedlich... Einigermaßen schmerzlos.

Und ich? Ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, wie viele Medikamente unten im Bad von Nella waren und wie high ich mit denen werden könnte. Und unsere Küche erst... Die Schubladen, voll mit Auswegen. Unser Balkon... Das Geländer kinderleicht zu überqueren und dahinter ging es knapp etwas mehr als 60 Meter runter.

Aber nein, den einzigen Weg, denn ich mich traute einzuschlagen, war zurück ins Bett zu meinem Mädchen, das sich gleich an mir festklammerte und zufrieden aufseufzte.

Ich denke, sie wusste es. Sie konnte es spüren und hing genau deshalb so sehr an mir. Ihr Tag startete mit dem Ziel, mich aus dem Bett zu kriegen und endete damit, mich lebendig zurück ins Bett zu bringen.

Sie konnte spüren, dass sie die Führung hatte und, wenn sie sie abgeben und gehen würde, ich nur einen Weg allein gehen konnte. Ich umarmte Noè enger und legte mein Kinn auf ihren Kopf.

Mein Blick klebte am offenen Balkon. Ich konnte aufs dunkle Meer hinaussehen. Auch, wenn es mehr oder weniger einfach nur schwarz war.

Die sanfte Beleuchtung der Kirche sah eigentlich wunderschön aus, doch meine Sicht wurde verschleiert. Die Lichter zogen Linien und ich musste stark blinzeln, damit die Tränen sich auflösten.

Es gab kein Aber mehr. Es war aus und ich fragte mich, wieso ich Noè trotzdem immer wieder aber sagen ließ, obwohl ich nicht mehr wollte. Wieso machte ich das alles überhaupt noch mit?

Meine Mom und ich würden nie miteinander klarkommen. Giorgia und ich waren uns nicht mehr so nahe, wie noch vor dem ganzen Chaos. Noch bevor, sie von der Essstörung und dem anderen Mist gewusst hatte. Seit sie es wusste, war es anders.

Santiago hatte zwar auch Borderline, aber er würde niemals nachvollziehen können, wie es mir ging und was er getan hatte. Marco würde irgendwann den Schlussstrich ziehen und seine Tochter retten. Dass er es überhaupt noch zuließ und sie bei mir weilen ließ, war mir ein Rätsel. Oder log Noè ihn an? Sagte sie ihm, dass alles besser lief als vorher?

Und Giacomo musste lernen, dass ich nicht seine Verantwortung war. Er musste für Gio da sein und mich einfach lassen. So dumm es auch klingen mochte, aber den Radiergummi zu nehmen, um meinen einfach Namen auszuradieren, würde alles viel einfacher machen.

Ich weiß, dass ich nichts dafür konnte und nicht um so ein Leben gebeten hatte, doch es lag an mir, ob ich es weiterleben wollte oder nicht. Und das wollte ich schon seit Jahren nicht mehr. Ich weinte verkrampft auf und hielt Noè noch enger an mir.

Es war ein schmerzhafter Kampf, doch ich gab alles, um das Beben in der Brust zu verstecken. Ich wollte nicht, dass sie aufwachte. Es war einfach- Es war- Verdammt nochmal nichts funktionierte. Nichts half und- Einfach nichts...

«Dario?» Ich blieb still und fixierte unseren Balkon an. Sie zwang mich nicht dazu, sie anzuschauen, sondern legte einfach eine Hand in meinen Nacken und kraulte ihn. Sie sagte auch nichts mehr und ich fragte mich, woran sie dachte. Sie blieb einfach still. Einfach nichts... Die ganze Nacht: Einfach nichts.

Ich hatte zum Kotzen scheiße geschlafen und verdrehte meinen Augen nur schon, als ich Noè am nächsten Morgen ins Zimmer tapsen hören konnte. Sie wollte mich wahrscheinlich aufwecken, aber heute nicht. Heute bitte einfach nicht.

«Rio, ich habe uns was Kleines zum Essen gemacht. Aufstehen.» Sie hatte mich letzte Nacht weinen gehört. Wieso hatte sie nicht nachgefragt? Versuchte sie darüber hinwegzusehen? Waren wir schon so weit? «Kein Hunger», murmelte ich und drehte mich von ihr weg.

Sie stand neben dem Bett. Ich wusste, dass sie mich einfach nur anschaute und überlegte, was sie tun konnte, doch heute war wirklich gar nicht mein Tag. Allein ein Arm oder Bein zu bewegen, kostete mich verdammt viel, wenn nicht sogar meine ganze Energie.

«Ich erkundige mich heute, ob wir morgen oder übermorgen zurückfliegen können.» Ich schaute unter meinem Kissen hervor und traf genau auf ihre Augen. «Was soll das jetzt? Versuchst du mich zu erpressen?»

«Nein, ich versuche das Richtige zu tun.» Ich verschwand wieder im Stoff und seufzte. «Wann tust du das bitte schön nicht?» «Ich habe dich letzte Nacht gehört. Und es-» Sie setzte sich zu mir aufs Bett. «Das geht so nicht mehr. Ich dachte, ich kriege es hier in Tropea hin, dir zu helfen...»

Allein nur schon ihre Worte zwangen mir Tränen aus den Augen. Ich spürte ihre Hand auf meinem Rücken und sie streichelte mich vorsichtig. «Aber ich habe das Gefühl, dich hier Tag für Tag mehr zu verlieren.»

«Die werden mich in Marblehead gleich wegsperren», murmelte ich nur. Noè verneinte und kraulte mir durch die Haare. «Niemand wird dich wegsperren. Wir werden Hilfe finden und wir werden endlich welche finden, die auch wirklich zu dir passt und funktioniert.»

Ich schüttelte meinen Kopf. «Hör auf, dir selbst Hoffnungen zu machen.» Ich drehte mich auf den Rücken, um Noè ins Gesicht schauen zu können. In Marble würde man sie mir endgültig aus den Fingern reißen. Sobald Marco mich sehen wird, wird er verstehen, dass ich mich weder noch gebessert habe oder es irgendwie überhaupt versucht habe.

«Wir beide wissen, was in Marble passieren wird und ich will das nicht.» «Was willst du denn, Dario? Sag mir, was du willst? Wie kann man dir helfen?» Ich blieb still und gab mein Bestes, jetzt ruhig zu bleiben, ich wollte nicht streiten oder mit Dingen um mich werfen, die ich nicht meinte. «Vielleicht sollte ich hierbleiben... Allein mit meiner Großmutter.»

Noè begann wild mit dem Kopf zu schütteln. «Nein, Dario. Ich verlasse Tropea nicht ohne dich. Das kannst du gleich wieder vergessen.» «Wieso? In Marble wird man uns auch trennen. Ich werde von Tag zu Tag kranker und reiße dich mit mir mit runter, doch du merkst es nicht einmal, weil du so naiv bist.»

Sie schluckte verkrampft runter und sah mich mit glasigen Augen an. «Dann bin ich halt naiv! Was soll's?! Lass mich naiv sein, denn ich kann und werde es niemals akzeptieren, dass du dich selbst aufgibst, oder einfach hier in Tropea vor dir rumlungerst, Weed kaufen gehst und-» Ich setzte mich langsam auf und versuchte, Noè nicht mehr zuzuhören.

Es war eh alles nur noch ein Rauschen. Ich war mir nicht einmal mehr sicher, ob es nicht doch vom Meer draußen kam. «Ich weiß, dass du mich liebst. Das weiß ich... Wirklich. Aber das, was wir hier machen...» Ich schüttelte meinen Kopf, denn er tat so verdammt weh.

«Ist Liebe wirklich genug, um zu heilen? Denkst du, uns würde es dann nicht schon lange gutgehen? Ich weiß, dass es dir scheiße geht. Du vermisst deine Mutter stärker als alles andere-» Ich wusste, was ich sagen wollte, doch die richtigen Worte konnte ich einfach nicht mehr finden.

«Das wird jetzt das Selbst loseste sein, was ich jemals von mir geben werde, aber-» Ich deutete auf unsere Taschen. «Wenn wir zurück in Marblehead sind, sollten wir getrennte Wege gehen.»

Noès Augen wurde groß. «Dario, du weißt, was bei der letzten Trennung passiert ist.» Ich verzog mein Gesicht und zuckte mit den Schultern. «Es geht nicht mehr. Es frisst mich innerlich auf und eigentlich will ich nichts anderes, als mich an dir festzuhalten, doch allein das beginnt zu schmerzen.»

«Ich weiß, was du jetzt versuchst, und ich lasse nicht zu, dass du mich von dir wegschiebst.» Noè langte nach meinen Händen. Ihr Blick zielstrebig und fest. «Wir finden einen Weg und das zusammen.» Ich wollte sie an mich heranziehen, sie eng umarmen und nie mehr loslassen.

Ich glaubte ihr und versuchte selbst, fest daran zu glauben, dass es wirklich so sein könnte, doch... Seien wir mal ehrlich... Wie oft hatte sie mir schon versprochen, dass wir einen Weg finden würden? Leere Versprechen... Ich hatte keine Lust mehr.

«Noè... Ich glaube, ich werde meinen 16. Geburtstag nicht mehr miterleben.» «Doch, ich werde auch da sein. Giacomo und Giorgia, Vicky, mein Dad...» «Vielleicht werdet ihr da sein. Aber ich wahrscheinlich nicht mehr.»

Leer. Ich fühlte mich komplett leer. Jegliche Emotionen waren von mir gewichen und selbst Noè schien bemerkt zu haben, dass bei mir gerade ein Schalter umfiel, der mich mein Leben kosten würde.

Sie starrte mich an. Ihre Augen lasen mich und sie biss sich nervös auf der Unterlippe rum, bis sie hastig nach ihrem Handy langte und noch vor mir ihren Vater anrief und um mein Leben weinte. Aber selbst das kam nicht mehr bei mir an.

Irgendwie... Diese Ruhe. Es war so, als hätte ich endgültig eine Entscheidung getroffen. Meine eigene Entscheidung. Es- Mir selbst zu sagen, dass ich in weniger als 4 Wochen nicht mehr hier war, nahm mir einen Druck von der Brust, der mich schon eine Ewigkeit belastete.

Ich fühlte doch gewisse Erleichterung. Das Atmen wurde einfacher. Heute war der 20. März... Heute in einem Monat wäre ich bereits 16 und einen Tag alt. Heute in einem Monat würde ich schmerzlos und frei sein... Heute in einem Monat würde ich nicht mehr leben.

Noè tauchte vor mir auf und langte nach meinen Wangen. Sie hatte verweinte Augen und ihr Mund zitterte, als sie mir sagte, was nun passieren würde. «Wir fahren gleich mit Amallia ins Krankenhaus. Mein Dad kommt so schnell er kann mit Kelly zusammen nach Tropea und wir kriegen das hin, oka-» «Wieso?»

Noè begann meine Sachen zu packen und sah aus, als hätte sie Leichen gesehen. «Weil du suizidgefährdet bist und ich deine Sicherheit nicht mehr garantieren kann. Ein Flug zurück wäre zu riskant, weshalb du hier ins Krankenhaus gehst, bis-»

«Krankenhaus? Ernsthaft?» Ich stand auf und zog ihr die Tasche weg. «Wann hat mir das Krankenhaus jemals was gebracht?!» «Es muss dir jetzt im Moment nichts bringen. Es muss dich am Leben behalten und ich weiß nicht mehr, ob ich das noch allein kann. Dario, du bist nicht okay und ich-»

Sie riss mir meine eigene Tasche wieder aus der Hand und packte weiter. «Du hast mir gesagt, ich sei zu naiv. Werde ich jetzt nicht mehr sein! Ich nehme das alles nicht mehr auf die leichte Schulter und wenn du mir ins Gesicht sagst, dass du deinen nächsten Geburtstag nicht mehr erleben wirst, dann nehme ich das ernst und wir gehen jetzt in ein verdammtes Krankenhaus, bis Dad und Kelly weiterwissen.»

Ich versuchte sie zu stoppen, räumte meine Sachen wieder aus, doch sie war nicht mehr aufzuhalten. Sie trug Wut in sich und drohte vorlauter Stress zu explodieren. Sie drohte, mich damit anzustecken. «Du weißt, dass ich Krankenhäuser hasse!»

«Ich hasse auch vieles! Ich hasse es, dir das antun zu müssen, aber du gehst jetzt dorthin und fertig. Ich habe Angst, bin komplett überfordert, verrecke fast an Unterleibschmerzen und-» «Du kannst mich jetzt nicht einfach verstoßen!»

«Ich verstoße dich nicht! Ich mache endgültig das Richtige. Das hier ist das Richtige.» «Das ist nicht das Richtige! Du machst so alles nur noch schlimmer!»

«Tue ich nicht! Du selbst hast gesagt, dass Liebe keine Krankheiten heilen kann! Du hast recht! Ich dachte, ich könnte dir mit meiner Liebe und meiner Hoffnung unter die Arme greifen, doch das funktioniert nur in den ganzen Filmen und Romantikbüchern. Die Realität ist nun mal, dass selbst Liebe und Loyalität kein Borderline bekämpfen können.»

Sie warf mir frische Klamotten zu und deutete mir, mich frisch zu machen, doch ich konnte gerade einfach nicht glauben, wie schnell sie sich umentschieden hatte. Ich dachte, sie würde mir sowas niemals antun.

Mein Herz raste und der Frieden, den ich eben gefunden hatte, hatte sich wieder in Luft ausgelöst. Ich konnte unten Amallias Stimme hören und mir ging der Hals zu. Wieso wurde ich jedes verdammte mal, wenn ich ehrlich war, gepackt und weggesperrt?

Und wieso tat genau Noè das, von dem sie eigentlich wusste, dass es nicht helfen würde? «Dario? Noè?» Die Schwester meiner Mutter kam mit großen und schnellen Schritten die Treppen hoch zu unserer Bleibe.

«Sind hier», meinte Noè und schleppte meine Tasche in den Flur. Ich traute mich nicht mehr, mich zu bewegen, weil ich nicht die Fassung verlieren wollte. Ich wusste, jetzt in die Luft zu gehen, würde alles nur noch schlimmer machen, aber niemand verstand mich.

Niemand konnte verstehen, dass ich das nicht wollte. Keiner hörte zu. Nicht einmal mehr das Mädchen, das mir bis jetzt immer zugehört hatte. «Alles okay?» «Ich weiß nicht. Ich- Ich bin gerade komplett überfordert. Dario will nicht ins Krankenhaus und-»

«Hey, atme erstmals durch.» Noè setzte sich im Wohnzimmer aufs Sofa und ich verzog mich direkt auf den Balkon, doch meine Tante folgte mir. Sie war auf der Hut, was mir das Gefühl gab, ein verdammter Irrer zu sein.

«Dario? Marco hat mich über deine Gedanken informiert... Das Krankenhaus ist jetzt im Moment ein Muss. Mindestens bis er und Kelly auch hier sind.» Ich fummelte nach einer Kippe und drehte ihr meinen Rücken zu.

Tik tak, tik tak... Die verdammte Bombe wurde immer lauter. In mir wuchs Angst an. «Ich weiß, dass du dort nicht hinwillst, aber-» Vom Balkon aus konnte man durch ein kleines Fenster weiter rechts ins Wohnzimmer sehen und Noè saß dort schluchzend auf dem Sofa und hielt sich das Gesicht. «Tu es jetzt im Moment wenigstens für sie...»

Ich schloss meine Augen und zog an meiner Zigarette. «Niemand versteht mich...», meinte ich ausatmend und sah rüber zum Geländer. «Doch. Doch, Dario. Ich verstehe dich.»

Ich schüttelte meinen Kopf und wollte kontern, doch Amallia zeigte auf das verrostete Geländer. «Ich war 21, als ich mich dort drüber geworfen habe. Mein großer Bruder hat mich gerade noch an den Armen erwischt.» Mein Herz sank.

«Beide meine Schultern waren danach ausgekugelt, aber wenigstens bin ich noch hier und ich bin meinem Bruder so verdammt dankbar, dass er da war und mich gefangen hat.» Ich starrte auf besagtes Geländer und schluckte verkrampft und schmerzerfüllt runter.

«Ich habe ihn anfangs dafür gehasst. Ich wollte nicht weitermachen. Es gab für mich keine erdenkbare Zukunft. Meine jüngste Schwester war weg, mein Vater hatte sich das Leben genommen... Wieso um alles in der Welt musste ich also weiterleben? Mein Bruder hat mich ins Krankenhaus gefahren und mich dort nicht mehr herauslassen, bis ich das Licht im Leben wieder wahrnehmen konnte.»

Ich schüttelte meinen Kopf. Ich war nicht sie. «Ich war schon in genug Krankenhäusern... Dieses hier wird's nicht besser machen.» Die Kippe wegschnippend, drehte ich mich zu Amallia um. «Vielleicht liegt es gar nicht an den Krankenhäusern, Dario...»

Mir ist letztens was aufgefallen xD. Wenn's mir scheiße geht, geht's Dario scheiße und wenn ich einigermaßen gut drauf bin, haben wir einen humorvollen Dario.

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