Priorities

145 8 0
                                    

Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Die Intensität seiner Nähe bereitete mir Gänsehaut am ganzen Körper. "Was ist vorgefallen?" Seine Stimme wurde lauter und fordernd. Ich konnte nicht. Was genau sollte ich sagen? Schließlich wusste ich selbst nicht genau, was mit mir los war. Oder ich wollte es mir einfach selbst nicht eingestehen. Ich hatte das Gefühl als stände die Zeit still. Nur wir zwei existierten in diesem Moment. Mit seiner Hand hob er mein Kinn, damit ich ihn ansehen musste. Sein Blick war weicher geworden. Ich konnte spüren wie meine Knie drohten unter mir nachzugeben. Das war zu viel. Ein Räuspern ließ uns zusammenzucken. Sofort nahm Kakashi Abstand von mir. "Ihr seit auf dem falschen Posten." Choji und Asuma standen uns gegenüber. Ich spürte wie ich rot anlief. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Kakashis Blick fand den von Asuma. Mein früherer Lehrer konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. "Wir wollten nur ungern unterbrechen, aber ihr müsst auf die Hinterseite der Festung. Das hier ist unsere Position." Kakashi und mir stand die Peinlichkeit dieser Situation ins Gesicht geschrieben. Ich fand meine Stimme wieder. "Wir sind schon weg." Ohne mich umzudrehen ging ich voraus, ob mein Teampartner mir folgte, war mir in dem Moment egal. Ich wollte nur noch dieser unangenehmen Situation entfliehen, so schnell ich konnte. 

Wir standen hinter zwei Bäumen auf unserer Position und warteten weitere Befehle von Shikamaru ab. Mittlerweile hatte ich auch den kleinen Stöpsel in meinem Ohr eingeschaltet. Kakashi war mit dem Rücken an den Baum gelehnt, die Hände in den Hosentaschen, und hatte die Augen geschlossen. "Du solltest wirklich wachsamer sein." Ich behielt den hinteren Teil des großen Gebäudes immer im Auge. Er hingegen wirkte nicht sonderlich interessiert an unserer Mission. Shikamarus Stimme ertönte in meinem Ohr. "Wir sind drin. Yuna's Körper mussten wir an unserer Position verstecken. Sai. Naruto. Ich will, dass ihr zu unserem Posten zurückkehrt und aufpasst, dass ihr nichts passiert, bis ihr Geist wieder in ihren Körper zurückgefunden hat. Verstanden?" Die beiden stimmten zu. "Asuma und Choji. Ihr beide müsst die Banditen auf eurer Seite vom Hauptgebäude fern halten. Spätestens wenn wir drinnen sind werden sie irgendwann Verdacht schöpfen." Ich vernahm ein "Verstanden" von Asuma. Shikamaru setzte fort. "Yuriko und Kakashi. Euch treffen wir drinnen. Von eurer Position aus dürfte es euch ein leichtes sein in das Gebäude einzudringen. Aber Yuriko? Mach so wenig Lärm wie möglich. Ich kenne dich." Manchmal konnte ich es nicht fassen, wie anmaßend Shikamaru war. Kakashi meldete sich zu Wort. "Wir haben verstanden. Bis gleich." Ich sah zu ihm rüber. "Okay, dann lass uns loslegen." Er nickte. So leise wie möglich schlichen wir uns an die Mauer heran. Auch am hinteren Tor waren vier Wachen postiert. Wir versteckten uns in einem Busch. "Ich übernehme die rechten Beiden, du die Linken." Ich war mit dem Vorschlag einverstanden. Ohne große Probleme überwältigten wir die vier Banditen. "Das ging fast zu einfach", sagte ich selbstzufrieden. Plötzlich warf Kakashi ein Shuriken dicht an meiner Wange vorbei. Hinter mir ging ein weiterer Wachmann, den ich nicht bemerkt hatte, zu Boden. Er sah mich selbstgefällig an. "Gern geschehen." 

Nachdem wir im Gebäude waren, hielten wir Ausschau nach Shikamaru und Yuna. Ein kleiner Bandit mit Bart kam uns entgegen, er hatte Shikamaru dabei. Ich musste grinsen. "Yuna?" Der kleine Mann sah mich an. "Kein Wort." Jetzt konnte ich es nicht mehr halten. "Netter Bart. Steht dir wirklich gut." Shikamaru ermahnte mich. "Kannst du bitte für einen Moment die Klappe halten. Ich muss mich konzentrieren." Sofort verstummte ich. Kakashi stand neben mir, während Shikamaru den Korridor ablief. Seine Anwesenheit machte es mir schwer mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. "Die hintere Tür auf der rechten Seite, die führt in den Keller. Dort muss es sein." Shikamaru bedeutete uns ihm zu folgen, also taten wir es. Kakashi ging vor und öffnete vorsichtig die Tür. Eine lange steinige Treppe führte nach unten. Ich ging hinter ihm die Treppe hinunter, immer bereit für einen Kampf. Allerdings konnte ich kein anderes Chakra spüren. Unten angekommen, sahen wir uns um. Es war ein ziemlich großer Raum. Die gepflasterten Steinwände gaben eine unangenehme Kälte ab. Ich fröstelte. Mit den Händen rieb ich mir die Arme, in der Hoffnung mir würde dadurch wärmer. Hier unten war aber niemand. Zumindest nicht auf den ersten Blick. "Shikamaru bist du dir sicher, dass die Kleine hier unten ist?" Die Frage kam von Kakashi. Doch ich spürte etwas. Ich trat näher an die Wand und legte meine Hand darauf, ehe ich die Augen schloss. "Seid mal bitte kurz still." Mit voller Konzentration tastete ich die Mauer ab, dann fühlte ich es. "Sie ist hinter dieser Felswand. Ich bin mir sicher!" Ohne groß darüber nachzudenken zertrümmerten wir gemeinsam die Wand und tatsächlich, es befand sich ein weiterer Raum dahinter. Das kleine Mädchen saß gefesselt an einem Holzbalken. Shikamaru befreite sie von ihren Fesseln und nahm sie auf den Arm. Sie war vielleicht vier oder fünf, höchstens. "Du bist jetzt in Sicherheit." Sie schlang die kleinen Ärmchen um seinen Hals. Ich stand neben Yuna, oder besser gesagt neben dem bärtigen Wachmann, in dem Yunas Geist steckte und stieß ihm in die Seite. "Er kann sogar gut mit Kindern." Ich bekam direkt einen tödlichen Blick zu spüren. Das Verlassen des Gebäudes verlief ebenso reibungslos wie das Reinkommen. Wir brachten die Kleine gemeinsam ihrem Vater zurück, der sich unter Freudentränen bei uns bedankte. Das kleine Mädchen fiel ihm sofort in die Arme und weinte. Der Anblick versetzte mir einen kleinen Stich, aber ich ließ es mir nicht anmerken. Ich war froh, als wir zurück im Dorf ankamen und Tsunade Bericht erstatteten. Shikamaru würde sich um das schriftliche Protokoll kümmern. Gut für uns, nervig für ihn. Aber so war das eben. Als ich den Weg nach Hause antrat, war es bereits dunkel. 

Die Beine nah an meinem Körper, saß ich auf meinem Bett. Ich hatte den Kopf auf meine Knie gebettet und sah aus dem offenen Fenster. Die Nacht war kühl und der Mond schien hell am Himmel. Ich schloss die Augen und genoss die angenehme Brise die durch das Zimmer wehte. Kakashi geisterte wieder in meinen Gedanken hin und her. Die ganze Zeit fragte ich mich was passiert wäre, wenn Choji und Asuma nicht aufgetaucht wären, verdrängte diese Vorstellung allerdings und versuchte sie in die hinterste Ecke meines Gehirns zu schieben. Ich musste mich zusammenreißen. Solche Gefühle durfte ich nicht haben, vor allem nicht Kakashi gegenüber. Ich musste fokussiert bleiben. Die ganze Nacht zerbrach ich mir den Kopf über ihn, ohne zu wissen, dass er ebenfalls wach lag und an nichts anderes denken konnte. 

Am nächsten Tag fühlte sich alles wieder etwas normaler an. Yamato setzte das Training mit Naruto fort, Yuna begann die nächste Stufe der Ausbildung bei Tsunade und die anderen gingen ebenfalls ihren gewohnten Arbeiten nach. Nur Kakashi und ich gingen uns fürs Erste aus dem Weg, schon wieder. Dabei waren wir über diesen Punkt bereits hinaus. Ich lief durch das Dorf, da ich auf dem Weg ins Krankenhaus war, ich wollte Yuna einen Besuch abstatten. Da kam mir Asuma entgegen, sogleich wünschte ich mir unsichtbar zu sein. Er winkte mir zu. "Und hast du dich von der Mission erholt, Yuriko?" Sein Grinsen ging bis über beide Ohren, so breit war es. Ich sah ihn an. "Das ist es doch nicht wirklich was du wissen willst oder? Du redest von dem Vorfall mit Kakashi." Asuma hob abwehrend die Arme. "Das habe ich nie gesagt." - "Aber gedacht", verbesserte ich ihn. Er holte eine Zigarette aus seiner Schachtel und steckte sie sich an. "Ich weiß nicht, was da zwischen euch läuft oder auch nicht läuft, aber lass dir nur gesagt haben..." - "...dass du nie das Wesentliche aus den Augen verlieren solltest", beendete ich seinen Satz. "Es ist nichts zwischen Kakashi und mir." Das klang nicht sonderlich überzeugend. Asuma legte mir eine Hand auf die Schulter. "Wenn du mich belügen willst, meinetwegen. Aber du solltest aufhören dich selbst zu belügen." Er zog an seiner Zigarette, ehe er den Rauch ausblies und ging. Seine Worte geisterten mir den restlichen Weg im Kopf herum. Ich wusste selbst, dass ich mir etwas vormachte, aber für solche Gefühle war kein Platz. Wir hatten wichtigere Dinge, um die wir uns kümmern mussten. Die Prioritäten lagen derzeit nun mal auf der Sicherheit unseres Dorfes, darauf Sasuke nach Hause zu bringen und herauszufinden was Akatsuki im Schilde führt. Nichts anderes durfte sich in den Vordergrund drängen. Nichts.



The LegacyOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz