Wounds

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„K-Kakashi?" Ich blinzelte ungläubig und rieb mir die Augen, weil ich glaubte zu träumen.
„Warte, ich rufe Yuna. Die soll sich deine Wunden nochmal anschauen."
Reflexartig hielt ich seinen Arm fest, ehe ich daran zog und ihn umarmte. Das war definitiv kein Traum. Seine Körperwärme, sein Duft und die Narbe auf seinem Unterarm fühlten sich viel zu real an. Verzweifelt klammerte ich mich an dem silberhaarigen Ninja fest, dessen Vertrautheit mir Tränen in die Augen trieb.
„Kakashi", flüsterte ich erneut und vergrub die Finger noch tiefer in dem Stoff seines dunklen Oberteils. Während ich den Kopf in seiner Halsbeuge vergrub, streichelten seine starken Hände sanft über meinen Rücken.
„Das sagtest du bereits."
Wie sehr ich ihn vermisst hatte, wurde mir jetzt erst schmerzlich bewusst.
„Tu das nie wieder", hauchte er an meinem Ohr, „ich dachte, ich hätte dich für immer verloren." Sein warmer Atem kitzelte mich und bereitete mir Gänsehaut.
„Ich verspreche es." Die Ernsthaftigkeit, mit derer ich diese Worte aussprach, überraschte mich selbst. Aber ich hatte es wirklich so gemeint. Keine Geheimnisse und keine Alleingänge mehr. Kein unvernünftiges Verhalten, dass mich selbst und andere gefährdete. In diesem Augenblick, als ich in Kakashis Armen war, schwor ich es mir hoch und heilig. Ich besiegelte mein Versprechen mit einem innigen Kuss, der mein Herz mit so viel Wärme erfüllte, dass mich selbst die Tatsache leicht bekleidet zu sein nicht mehr störte.
Mein Innerstes war völlig übermannt worden von diesem Moment der Intimität, den Kakashi und ich miteinander teilten. Also hörte ich auf mein Herz und sprach aus, was längst offensichtlich war.
„Ich liebe dich, Kakashi Hatake."
Sein Daumen streichelte federleicht über meine Wange und wischte mir eine Träne der Freude weg. Der Ausdruck in seinen Augen strotzte nur so vor Liebe. Alles was gesagt werden musste, alles was ich wissen musste fand ich darin. Und obwohl keine Worte seinerseits nötig waren sprach er es trotzdem aus.
„Ich liebe dich, Yuriko."
Mein Herz machte einen gewaltigen Satz, als dieser Satz über seine Lippen kam. Kakashi strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und lächelte. „Das wurde auch langsam mal Zeit. Ich dachte schon, ich müsste ewig darauf warten."
Ich lachte ebenfalls, verspürte aber zugleich einen stechenden Schmerz in meiner Rippengegend. Automatisch hielt ich mir die Stelle und hustete heftig, was Kakashi dazu veranlasste, das zu tun, was er von Anfang an vorhatte.
„Yuna", konnte ich ihn rufen hören, während er mir half aufrecht zu stehen. Den einen Arm um seine Schulter gelegt, stützte er mich und dirigierte mich langsam zum Bett.
„Leg dich am besten hin."
„Es geht schon", wehrte ich ab.
„Yuriko", mahnte Kakashi und brachte mich zum Einlenken.
„Du hast recht. Aber sitzen würde ich besser finden."
Mit meinem Vorschlag einverstanden, setzte er mich vorsichtig ab, bevor er die grüne Weste vom Stuhl nahm und um meine noch immer nackten Schultern legte.

„Dich hat es ganz schön erwischt", erklärte meine beste Freundin mir, während sie ihr Medizin-Jutsu über meinem Rippenbogen anwendete. Ich musterte sie genau. Müde Augen, fahle Haut und zerzaustes Haar sprachen für harte Tage ohne viel Schlaf.
„Wie lange seid ihr bereits unterwegs gewesen?"
„Das ist nicht wichtig, Yuriko. Du lebst, das ist das Einzige was jetzt zählt."
„Es ist mir aber wichtig."
„Vier oder fünf Tage", gab sie die Information widerwillig preis. „Ich weiß nicht wie lange du auf diesem Altar gelegen hast", ihre Stimme wurde mit jedem Wort belegter. Ich spürte, dass sie mit den Tränen kämpfte, während sie weitererzählte. „Dieser Anblick", sie schüttelte den Kopf, „ich habe noch nie so viel Blut gesehen. Ich dachte wirklich du seist tot."
„Es tut mir leid, dass ihr das meinetwegen durchmachen musstet."
Behutsam strich sie über meinen Handrücken.
„Mach das bitte nie wieder."
„Das höre ich heute nicht zum ersten Mal", gab ich zu und lächelte, weil ich wusste, dass es mit Sicherheit nicht das letzte Mal gewesen sein wird.
Nachdem der Verband gewechselt war, klopfte Yuna zufrieden auf ihre Oberschenkel und stand auf.
„Fertig. Du kannst dich jetzt anziehen."
„Danke." Ich drückte sie fest, bevor sie den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss.
Langsam zog ich mir meine Hosen an, darauf folgte ein schwarzes Langarmshirt. Die Arme über den Kopf zu heben, war eine schmerzhafte Angelegenheit, weshalb es die Oberbekleidung doppelt so viel Zeit in Anspruch nahm wie die Hose und Schuhe. Gerade als ich meinen Oberschenkel bandagiert hatte und meine Waffentasche anbringen wollte, klopfte es.
„Herein", rief ich, ohne darüber nachzudenken, wer sich auf der anderen Seite der Tür befinden könnte.
Sobald ich die Bänder der Tasche angepasst hatte, sah ich auf.
„Sasuke", sagte ich ungläubig, „was machst du denn hier?"
„Bist du wirklich so überrascht mich zu sehen?" Meine schockierte Reaktion über seine Anwesenheit schien ihn gekränkt zu haben.
„So meinte ich das nicht", stammelte ich peinlich vor mich hin, „ich dachte nur, dass nach..."
„...dass ich nach deiner Abfuhr nicht bereit wäre dir zu helfen?", beendete Sasuke meinen Satz. „Keine Sorge. Ein bisschen Herzschmerz hat noch niemanden umgebracht, Yuriko."
Mir war bewusst, dass er nicht ehrlich war. Ich hatte ihn damals verletzt, auch wenn Sasuke versuchte dies zu überspielen. Uns jetzt über unsere Gefühle auszutauschen und die Sache aus dem Weg zu schaffen, erschien mir in unserer derzeitigen Situation allerdings unpassend, weshalb ich nicht weiter darauf einging.
„Danke, dass ihr mich gerettet habt", sagte ich stattdessen.
„Ich bin froh, dass es dir gut geht."
Die unangenehme Stille, die sich ausbreitete ließ Unbehagen in mir aufsteigen, also brach ich sie zuerst.
„Habt ihr eine Ahnung, wo Akatsuki jetzt ist?"
„Nein, aber..."
„Was machen wir dann noch hier? Wir müssen sie finden, ansonsten werden sie die Welt wie wir sie kannten völlig zerstören."
An der Schulter hielt er mich zurück.
„Yuna hat es dir noch nicht gesagt?"
Verwirrt sah ich in seine dunklen Augen.
„Was gesagt?"
Keine Antwort.
„Was gesagt, Sasuke", wiederholte ich lauter.
„Sasuke...nicht." Jetzt war es Yuna, die im Türrahmen stand. Sie warf erst ihm und anschließend mir einen verzweifelten Blick zu.
„Was zur Hölle geht hier vor sich!?"
„Du solltest es ihr sagen, Yuna!" Sasuke war aufgebracht, der Tonfall in seiner Stimme ließ keinen Zweifel daran.
„Ich kann nicht", sagte meine beste Freundin und sah mich dabei reumütig an.
„Einer von euch beiden wird mir jetzt sagen was los ist", mahnte ich und spürte, wie mir schwindelig wurde. Ich hustete heftig, während ich meinen Bauch hielt und versuchte auf den Beinen zu bleiben.
„Setz dich bitte, Yuriko. Ich werde es dir erklären."

Ich starrte die gefalteten Hände in meinem Schoß an. Die Stimmen, die weiterhin auf mich einredeten verstummten immer mehr, bis sie nur noch ein dumpfes Geräusch waren. Wie ein kaputtes Tonband wiederholte ich das eben Gesagte immer wieder. In der Hoffnung es ergäbe mehr Sinn, je öfter ich es hörte.

Madara hat dir dein Sharingan genommen und deinen Chakrafluss irreversibel beschädigt.

Im Nachhinein hatten sie noch mehr gesagt, von dem Glück geredet, dass ich doch gehabt hatte. Und dass alles gut werden würde. Da hatte ich aber bereits angeschaltet.

„Yuriko", sprach Sasuke mich vorsichtig an und versuchte mich aus meiner Trance zurückzuholen.
„J-ja?"
„Hast du mich verstanden?"
Ich antwortete ihm nicht.
„Es tut mir so leid." Yuna tätschelte tröstend mein Bein. Eine Geste, die ich in diesem Augenblick nicht ertragen konnte, also erhob ich mich vom Bettrand, um ihr zu entkommen. „Yuriko, Bitte. Es ist ein Wunder, dass ich dich wiederbeleben konnte und dein Augenlicht unversehrt geblieben ist."
„Kakashi wusste ebenfalls nichts davon, nehme ich an?"
Beide schüttelten den Kopf.
Kein Wort kam mir mehr über die Lippen. Stattdessen verselbstständigten meine Beine sich und verließen den Raum. Im Hintergrund konnte ich Yuna und Sasuke rufen hören, aber das war mir egal. Fürs Erste brauchte ich Abstand.
Mit jedem Schritt, den ich tat, wurde meine Wut Akatsuki gegenüber immer größer. Ich hasste Akatsuki. Ich hasste Madara und ich würde ihn für das, was er mir angetan hatte, büßen lassen. Und wenn es mich mein Leben kostete.

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