95| Deliriumsgelaber №27 - Pin Pin

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Cut.

Cut.

Cut me up.

Blut schmeckt nach Eisen.

Was für 'n schöner Ersatz zum Magnesium. Jennifer is schon wieder zur Arbeit aufgebrochen, hat Natalie in den Kindergarten verfrachtet und die Metallsäge schrabbt unangenehm, aber eigentlich banal schleifend über meinen Oberarmknochen. Das Blut spritzt mir ins Gesicht, es fühlt sich allerdings eher 'n bisschen so an, als würd es mir langsam aber sicher über die Furchen in meiner Haut kriechen und sich darin absetzen.

Selbsthass.

Und Müdigkeit.

Knochenstücke.

Und Gewebefetzen.

Die ganze Luft in dieser scheiß Bude riecht irgendwie nach 'nem Vollidioten, der in seinem Leben schon vor Jahren aufgegeben hat. Und auch nach Schweiß. Doch das alles interessiert mich rein gar nich, ich will diesen Arm nicht mehr an mir haben. Er zieht mich runter und ich muss mich von ihm trennen. Vielleicht is er ja auch bloß 'ne scheiß Metapher für Katharina. Von ihr muss ich mich auch endlich trennen.

Bitte geh.

Lauf bitte.

Verschwinde.

Gott, verpiss dich einfach!

Katharina sitzt vor mir auf'm Boden und grinst mich morbide an. Ihr Unterkiefer hängt ihr aus dem mehrmals rapide gebrochenen Gesicht, als wär sie 'n scheiß Zombie, den man einzig und allein fatal getroffen hat, statt ihm das Hirn zu Brei zu schießen. Um ehrlich zu sein is da keinerlei Liebe mehr in ihrem verbliebenem Auge. Ich will nich behaupten, dass sie nicht mehr schön is, denn das war sie vielleicht noch nie. Ich hatte nur 'n extrem seltsamen Geschmack und Katharina war für mich so hübsch, weil alle anderen sie bloß als hässlich sahen. Ihre Augen waren mit schwarzen Stofffetzen bedeckt.

Ruhe von Gedanken.

Rauschen von Blut.

Rasseln von Atem.

Reißen von Fleisch.

Es beruhigt mich ja fast 'n bisschen, wenn ich seh, dass ich in diesem Moment den Knochen zur Hälfte durch hab. Mir is nicht schlecht, diesen Vorgang hab ich mir im Kopf seit Tagen immer und immer wieder durchgearbeitet. Einfach, um drauf vorbereitet zu sein, wenn ich mal wieder allein bin. Was soll ich denn auch mit 'nem verdammten Arm, den ich zu nichts mehr gebrauchen kann? Das hier is kein Phänomen, es gibt keine Wunder, einzig und allein den Tod, der hinter der nächsten Ecke schon auf mich wartet. Jetzt schau mich doch bitte nicht so an, Katharina. Dreh dich am besten einfach um, ich will allein sein, mit meinen nutzlosen Gliedmaßen, denn das hier is mehr als nur intim.

Armputation.

Schon witzig.

Dieses Wortspiel.

Ich trauriges Genie. 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Øyriøn es auch so genannt hätte. Armputation. Armageddon. Arm Arsch. Na gut, der letzte war jetzt nich unbedingt so lustig, wie gesagt, dem guten alten Øyriøn wär da ganz bestimmt was besseres eingefallen. Auf der anderen Seite is mir das in dem Moment jetzt auch mehr als egal. Es klackt und mit einem Mal liegt 'n scheiß Arm vor mir auf'm Teppich. Es fühlt sich irgendwie an, als hätt ich ihm wem anders abgetrennt, doch unterhalb meiner Schulter klafft 'n blutiges, schwarzes Loch und mein Arm liegt einfach da. Trieft in aller Ruhe in die Fasern. Mein Blut is toxisch und Katharina lacht. Sie verhöhnt mich schon wieder. Und es geht mir am Arsch vorbei. Ich ruf mir besser mal 'n Krankenwagen.

Kapitel wie dieses sind mein Kryptonit mit all ihrer Heftigkeit

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Kapitel wie dieses sind mein Kryptonit mit all ihrer Heftigkeit. Beim Schreiben musste ich lach-heulen. Findet ihr es zu over the top?

Die üblichen Verdächtigen [✓]Where stories live. Discover now