63| Deliriumsgelaber №18 - Tonic

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Mir geht es irgendwie nicht gut.

Das hatte ich lange nicht mehr.

Noch nie, eigentlich.

Ich bin schließlich unkaputtbar.

So ein Bullshit, ich bin genauso gefickt wie alle anderen und will es nicht wahrhaben. Wahrscheinlich hab ich mich deshalb so lange von Charlie zu distanzieren versucht. Weil er mich daran erinnert, was mal aus mir wird. Mit seinen hübschen, gelben Augen und dem apathischen Zittern, das mich manchmal mehr verstört als nervt. Er ist irgendwie mehr wie ein Chihuahua. Die sind auch niedlich, wenn man ein Auge dafür hat. Mein Kopf will nicht mehr arbeiten, ich funktioniere auf Sparmodus. Wie es alle Junkies irgendwann tun. Wahrscheinlich bin ich kein bisschen besser als die Anderen, ich hab nur teilweise viel Glück gehabt und sie nicht. Die Sache mit der Gelbsucht, die bei mir nicht anschlägt, um sie mal genannt zu haben. Einfach, weil ich stolz darauf bin.

Charlie.

Heul doch nicht.

Was hast du denn?

Bitte sprich mit mir.

Er antwortet nicht auf meine stummen Fragen. Stattdessen existiert er einfach und ist weiterhin schön. Jedenfalls für mich. Als Frau war er nicht glücklich, jetzt klingen die Depressionen langsam aber sicher ab. Vielleicht. Wahrscheinlich nicht und er kann nur gut schauspielern. Er ist talentiert und wenn es nur ums Drücken und Halluzinieren dreht. Ich hasse es, wenn man ihn beleidigt, da könnte ich aus der Haut fahren und beim nächsten Wichser, der Charlie blöd von der Seite anquatscht, tue ich es auch. Es wird Tote geben. Oder Verletzte. Ist mir egal, ich bin auf Krawall gebürstet. In der Schule hab ich es geliebt, mich zu prügeln. Vielleicht, weil ich dann nachsitzen musste und jedesmal die Lehrerin, die für die Aufsicht zuständig war, auf dem Pult gefickt hab. Einmal kam der Direktor rein und die Alte musste kündigen. Danach hab ich sie nie wieder gesehen. Fotze. Was die heute wohl macht? Bestimmt hat sie vierzehn Katzen, die ihr die Haut Gesicht fressen, wenn sie stirbt. 

Ich hasse Katzen.

Die Viecher sind miese Arschlöcher.

Charlie hat auch eine Katze.

Sie heißt Muschi, wie ironisch.

Der Vorschlag kommt von mir. Ich hatte früher so gute Ideen, wo sind die nur hin? Wahrscheinlich sind sie im Heroin ertrunken wie ein Großteil meiner Gehirnzellen. Es stimmt wirklich, ich war früher so viel besser gelaunt und konnte mich gebildet artikulieren. Ich war nicht immer so ein Bastard. Nun gut, mental war ich doch schon seit meiner Kindheit gefickt. Vielleicht liegt es daran, dass ich auf dem Schulweg immer blutverschmierte Taschentücher und benutzte Spritzen gefunden hab. Mein Vater hat mich davor gewarnt und heute verteile ich sie selbst in ganz scheiß Neukölln. Wie das Leben manchmal so spielt. Irgendwie sollte es mich bestimmt traurig stimmen und zum Umdenken bewegen, aber ich finde es zu lustig, um ernsthaft darüber nachzudenken. Ich fühle mich an meinen Vater erinnert.

Er ist ein guter Mann.

Ich sollte ihn anrufen.

Und ihm erzählen, was ich getan hab.

Dass ich abhängig bin.

Er wäre so enttäuscht und er hätte jedes verfickte Recht dazu. Es macht mich nicht traurig, nicht wütend und schon gar nicht betroffen. Im Gegenteil, ich bin innen vollkommen leer. Ein Hohlkörper. Danke, liebes Heroin.

Tonic hat sich ziemlich abgeschossen, findet ihr

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Tonic hat sich ziemlich abgeschossen, findet ihr. Wie stellt ihr euch eigentlich seine Kindheit vor? 

Die üblichen Verdächtigen [✓]Where stories live. Discover now