Die üblichen Verdächtigen [✓]

7| Gekotztes Blut - Øyriøn

Ich hätt mir nich noch 'n verfickten Schuss bei der Pestkönigin aufkochen sollen. Jetzt geht's mir nämlich derbe mies und ich hab das Gefühl, meine Magengrube reißt's gleich auf, damit meine verseuchten, wertlosen Organe durch die verpestete Luft in meiner zugefixten scheiß Bude flattern wie kleine Vögel, da man freilässt, weil 'se bald sowieso verrecken.

Erbärmlich wie ich halt bin, häng ich hier über der Schüssel, in der noch die ekelhafte Kotze von vorgestern schwimmt und würg mir 'n zweites Loch in meinen Junkiearsch. Fuck, mir is echt übel, aber wundern sollt's mich eigentlich nich. Sich über die Folgen der verfickten Heroinabhängigkeit beschweren.

Das is ja, als würd man 'ne Handvoll Glasscherben schlucken und sich fragen, warum man plötzlich Blut reihert und schier dran verreckt. Ja, Blut kotzen. Das mach ich Wichser grad auch mal wieder und es vermischt sich so schön mit den gelben und braunen Bröckchen der Kotze von vorgestern. Vielleicht könnt ich's ja aus'm Keramik kratzen und als abstrakte Kunst verkaufen, dann hätt ich wieder Geld.

Wobei, besser nich. Schließlich geb ich's doch immer für scheiß Zeug aus der Hölle aus, das mich kaputt macht. Scheiße, es zerfrisst mich. Setzt mir kleine Krebszellen in meinen verätzten Verstand. Säht Wut und macht 'ne lebendige Leiche aus mir. Die Metastasen in meinen in Scheiße schwimmenden Eingeweiden haben wieder Hunger und verlangen nach 'nem neuen Schuss.

Wenn 'se den nich kriegen, fressen 'se einfach weiter. Tun 'se natürlich auch so, aber mit Heroin im Blut spür ich's nich mehr. Jedenfalls nich mehr so sehr. Clean würd ich dran sterben. Ich würd am Nich-Sterben verrecken und so würd's auf meinem Grabstein stehen. Grad will ich irgendwie nich mehr existieren, solche verfickten Schmerzen hab ich schon wieder und es macht mich alle.

Wenn ich so drüber nachdenk, grad jetzt, wo ich in meine eigene Kotze starr und mich frag, ob mir vielleicht irgendwo 'ne Ader geplatzt is, weil da so viel Blut vor mir in die ehemals weiße Schüssel plätschert, bemerk ich, dass Heroin für mich 'n bei wie 'ne große Schwester is. Oder wie die Freundin, die ich mir immer gewünscht hab.

Das Heroin liebt mich und ich lieb das Heroin, am Liebsten würd ich's vielleicht sogar ficken, wär's denn menschlich. Dafür hasst mich mein Leben und ich hass mein Leben von ganzem Herzen. Es klebt bloß schwer wie Hundescheiße an meinen dreckigen, abgelatschten Schuhen und is scheiß Ballast für mich, den ich nich abwerfen kann, ohne zu verrecken.

Pah, schön wär's. Frei vom Leben und trotzdem noch nich tot. Ich bin nah dran, denn das Leben macht mich momentan bloß 'n bisschen krank und fiebrig, aber ich hab irgendwie Todessehnsucht. So gern würd ich mal für 'n paar Minuten draufgehen. Einfach, damit ich weiß, was mich irgendwann erwartet.

Ich kotz direkt nochmal, weil's mir immer noch verfickt schlecht is und mein Magen sich um mein verstochenes Herz schlingt und es langsam abtötet. Ja, richtig so. Mach mich kalt. Mach mich mager, mach mich krank und frag dich dann, was mit mir nich stimmt, verkackte Hohlscheißwelt. Is doch alles nur Bullshit. 'Ne kackbraune Masse, auf der wir rumpaddeln, orientierungslos und bestimmungssuchend wie die Irren.

'N ekelhaftes Röcheln springt mir aus'm Hals und ich kann's nich einfangen. Bevor's an den gefliesten Wänden hallt, folgt noch 'n kleines Stück von dem Sandwich, das ich heut früh hatte. Das Teil hat auch heut früh schon scheiße geschmeckt und genauso ausgesehen, das macht für mich jetzt keinen Unterschied mehr.

Ich überleg noch, ob ich in der Kotze rumwühlen soll, weil ich das manchmal mach. Ja, ich bin ein widerlicher, unmenschlicher Mensch und verdien den verfickten Sauerstoff nicht, den ich grad atme, aber so is das nun mal. Jeder muss gucken, wo er bleibt, vor allem hier in scheiß Neukölln, wo man sich grad noch so für sich selbst interessiert und selbst das kostet fast 'n Arschrunzeln zu viel. Jedenfalls hier in scheiß Neukölln.