13| Mein Seelendünger - Øyriøn

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Der fette Kerl neben mir stinkt zum Himmel und zwar nach Pisse, ich hasse die Straßenbahn. Aber anders werd ich heute ja wohl oder übel nich an 'nen Hit kommen. Ich manifestier mich schon wieder auf Zerfall, wahrscheinlich steh ich insgeheim drauf. Auf den ekelhaften Typ der neben mir hockt, steh ich jedenfalls nich, das weiß ich aber.

Gegenüber von mir liegt 'n Riesenköter, der 'nem verfickten Grizzly recht nah kommt, jedenfalls von der Größe her. Sein Fell is raspelkurz und sieht aus, als wär's mal schwarz gewesen, bis das Vieh in 'nen Acker gesprungen is. Fuck, sein ganzes Riesengebiss wird von 'nem Käfig eingefangen und er glotzt mich aus fast schwarzen Augen an. Ob ich immer noch drauf bin? Kann ja fast nich sein. Mein letzter Schuss is schon ewig her.

Mein Blick wandert zum Besitzer, halt, es is 'ne Frau, also 'ne Besitzerin, wie mir nach und nach auffällt. Zuerst seh ich die Springerstiefel, auf die das Monstrum den Mockelkopf legt und die aussehen, als hätten 'se mindestens zwei Weltkriege überstanden, so abgelatscht sind 'se. Die Frau trägt 'ne extrem alte Jeans, auf der 'n paar Patches kleben.

Auf ihrem Shirt steht groß und breit Gesindeloberhaupt und auf ihrem kantigen Kopf sitzt ein marineblauer Irokese, besser gesagt steht er wie 'ne Eins. Ihr Gesicht is relativ blass, die schmalen Lippen rissig und mit 'nem knallroten Piercing verziert. In der linken Augenbraue hängt auch einer und im rechten Nasenflügel. Die grünen Augen sind verfickt wachsam, wissend und außerdem auf mich gerichtet.

Hat 'se etwa bemerkt, dass ich 'se angestarrt hab? Peinlich wär's, denn irgendwie find ich 'se verdammt hübsch und frag mich, ob 'se wohl vergeben is. Bestimmt is 'se das, so 'ne schöne Frau bleibt ja nich lang allein. Schade eigentlich, ich hätt vielleicht bei ihr landen können. Wobei ich auf der anderen Seite doch wirklich nicht zumutbar bin. Im Gegensatz zu ihr gibt's bei mir 'n triftigen Grund, sich vom scheiß Spiegel abzuwenden, der mir zeigt, wie weit drin ich bin.

Sie hingegen is 'ne echte Schönheit und neben ich bin ich 'n niederer Mensch. Ach, was red ich da für 'ne Scheiße, ich bin in der untersten Schublade des Seins und sie is in 'ner komplett anderen Kommode. In einer für bessere Menschen, die ich immer bloß von außen sehen werd. Ich glaub, ich sollt 'se ansprechen, denn sie lächelt zu mir rüber, ihre spitzen Zähne sind schneeweiß.

»Beißt das Vieh, oder tut's bloß so, wenn's schon 'nen Maulkorb trägt?«

Frag ich und lehn mich in Stück nach vorn, der fette Kerl, der langsam aber sicher den Klappsitz der Straßenbahn unter seinem Quadratarsch verbiegt, kann sich nämlich offenbar nich zurücklehnen. Ich richt 'n Finger auf den Hund und die Frau folgt meinem Fingerzeig, dann lacht 'se und das is Musik in meinen Ohren, denn ich hab schon lang keinen mehr in ehrlicher Absicht lachen hören. Meine Freunde sind gehässige Arschlöcher und ich gehör dazu. Ich sollt der Frau nich die Zeit stehlen.

»Der trägt einen, weil ich sonst nicht mitfahren darf. Ich find's auch scheiße, weil ich weiß, dass er nicht beißt, aber ich hab auch nicht das Geld, um jedesmal 'ne verfickte Strafe zu zahlen«

Geteerte Lunge schwingt in ihrer kratzigen Stimme mit und jagt mir 'n verfickt eisigen Schauer über'n Rücken, denn ich lieb's wenn, einer so klingt. Mehr Rauch als echte Stimme und dann noch 'n bisschen fluchen. Gott, sie is perfekt und ich bin unwürdig. Selbst das is noch zu hoch für mich. Warum mach ich mir immer solche Hoffnungen? Am Ende des Tages bin ich auch bloß 'n kleiner, erbärmlicher, verjunkter Wichser, der in seiner Liga bleiben sollt.

»Ich glaub, dich kenn ich irgendwoher. Wie heißt 'n du?«

Feixt 'se plötzlich und mir springt fast das Herz aus der Brust. Es schlägt ja ohnehin schon im verfickten Doppeltakt, da kommt's darauf auch nich mehr an. Bin außerdem nur ich, das stört keinen. Klingt beschissen, wenn ich das so denk, aber ich bin 'n Drücker, 'n scheiß Fixer und wahrscheinlich is der Pestkönigin bloß mein Geld wichtig. Als Dealer darfst'e nämlich keine Bindung zu den Kunden aufbauen, sonst gehst'e dran kaputt, wenn einer verreckt und in diesem Geschäft passiert das mal.

Die üblichen Verdächtigen [✓]Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz