1| Kotze auf neuer Jeans - Øyriøn

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»Kotz dich ruhig aus, du hast's dir verdient«

Sag ich zu Pin Pin und klopf ihm auf die Schulter. Er glotzt kurz mich an wie 'n Auto und reihert mir volle Kanne auf'n Schoß. Normalerweise würd ich sagen, er wär 'n Arsch, aber wir sind Freunde und er hat sich völlig zugeknallt. Er darf das. Is nich minder ekelhaft, aber was soll ich machen? Ihm aufs Maul hauen? Niemals. So 'n Wichser bin ich nich. Da geht's einem schon beschissen, da trittst'e nich mehr nach.

»Tut mir leid, Mann. Wollt ich nich. Ich hoff, du bist mir nich böse«

Bin ich nich. Is bloß meine neue Jeans und er hat 'se versaut, aber so is das unter Freunden. Hab dem guten alten Bastard schon so oft beigestanden, er mir natürlich auch. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und Seite an Seite abgestürzt. Ich spür, wie die Kotze langsam durch den Stoff sickert und fühl mich sofort wieder wie 'n kleines Kind. Als hätt ich mich eingenässt. Fehlt nur noch meine Mutter, die mir die Windeln wechseln will und ich dreh vollends durch, denn meine Mutter is seit Jahren tot.

»Alles gut. Hast'e irgendwas nich vertragen? Du kotzt ja sonst nich«

Frag ich mit 'nem verschissenen Grinsen im Gesicht, für das ich anderswo mächtig eins auf die Rübe bekommen hätte, aber Pin Pin is 'n netter Kerl, mit dem man über alles lachen kann. Dass der blöde Hund grad meine neue und nebenbei bemerkt arschteure Hose müllreif gekübelt hat, lass ich jetzt mal völlig aus'm Kontext.

»Du, ich glaub, das war'n die Opiumzäpfchen, die mir die Pestkönigin heut verkauft hat. Das Zeug fickt mich grad von innen«

Denkt Pin Pin laut und streicht sich die schwarzen Haare aus der Stirn. Sie schlagen leichte Locken auf Schulterhöhe und länger sind 'se auch nich. Früher hatte er 'ne Mordsmähne, aber sein Chef fand das nich unbedingt töfte. Schmieriger Wichser. Ich versteh schon, was der Sack meint und muss wieder grinsen.

Klar, man könnte sich wehren, wenn die Pestkönigin einem was vorschlägt, doch sie hat Ahnung von dem Zeug, das sie verkauft und deshalb tut's auch keiner. Niemand gibt der Pestkönigin Widerworte zu fressen, denn sie is der verfickte Drogenbaron von scheiß Neukölln, dem Problembezirk. Dem Ghetto, wie sie's nennen, wenn sie wieder keine Ahnung haben, dass sie untertreiben. Sie, die Arschlöcher von außerhalb.

Ich wünschte nur, wir hätten 'n Problembezirk daraus gemacht und der ganze Krawall wär unser Verdienst. Ganz Neukölln soll brennen. Teer drüber und 'n verschissener Parkplatz draus gemacht, mehr wird hier ja ohnehin nich entstehen. Hier, wo sich nur die Tiefe der Scheiße ändert, in der man steckt.

»Glaubst du, ich kann mich hier 'n bisschen hinlegen? Ich bin nämlich voll drauf und wenn ich wieder geh, fall ich bestimmt die Treppe runter«

Reißt mich Pin Pin aus meinen scheiß Gedanken und ich muss kurz überlegen. Er kommt in meine Bude, kotzt mich an und hat nich mal Stoff dabei, der Arsch, aber wir sind doch Freunde. Für diesen alten Hurensohn leg ich meine Hand ins Feuer, das schwör ich, so wahr Øryiøn nich mein bürgerlicher Name is.

Eigentlich is es schon ironisch, dass Pin Pin so umsichtig is, mit dem ganzen Scheiß, den er da in seinen Körper pumpt, wo er seiner Frau doch ausversehen 'n Kind gezeugt hat. Wir anderen haben ihn schon für impotent gehalten, weil's das is, was Heroin irgendwann mit dir anstellt; es fickt deine Organe und deinen Verstand, aber es is zu unverschämt geil, um's einfach liegen zu lassen.

Wie 'ne Nutte, die dir's Geld aus der Tasche zieht, während du mit ihr schläfst und sie dir versichert, dass sie ganz bestimmt nich positiv is. Spoiler, wenn du deinen Schwanz wieder einpackst, hast'e auch AIDS. Ja, das is 'ne sachte Beschreibung für Heroin, um mal damit anzufangen. Wer weiß, vielleicht fallen mir noch bessere Synonyme ein, aber ich bin krank vom Leben und jede Minute des Aufwands is für mich eine zu viel.

»Schlaf von mir aus hier. Ich dreh dich halt irgendwann auf'n Bauch, damit du mir nich erstickst, wenn du wieder speihen musst«

Feix ich ihn an und box ihm in die Seite, weil ich weiß, dass er das gar nich leiden kann. Sein scheiß schwarzes Jacket find ich schon extrem hässlich, aber er trägt's einfach immer, ebenso wie diesen verfickten Zylinder, dem langsam der Deckel hochklappt. Pin Pin hat 'n seltsamen Kleidungsstil und er liebt's, wenn er Leute damit auf die Palme bringen kann.

Die richtigen Junkies, die harten Schweine unter den Fixern, - wir gehören da nich dazu, wir teilen uns ja nich die Nadel - hassen's, wenn sie ihn sehen, weil er so gepflegt aussieht mit seiner sonnengebräunten Haut und seinem frechen Grinsen. Er kann's halt immer noch und seine Buttons strahlen mit seinen Zähnen um die Wette.

Wie lang's denn wohl noch dauert, bis ihm einer davon ausfällt? Ich wünsch's ihm natürlich nich, aber wir wissen ja alle, dass es früher oder später passiert. 'N bisschen wie Bulimie, die Heroinabhängigkeit. Eigentlich zum Kotzen und man lügt die ganze Zeit, man wolle es lassen, aber insgeheim weiß man doch selbst, wie viel Spaß man dran hat. Das is auch der Grund, weshalb man sich in die Misere kotzt und fixt und dran verreckt.

»Du bist 'n guter Kerl, Øyriøn. Ich hab dich lieb«

Murmelt Pin Pin noch und wirft sich bäuchlinks auf meine durchgefickte Couch, die einen beim Hinsetzen ab und zu mit 'ner rausstechenden Feder fistet. Wenn Pin Pin drauf is, wird er immer so emotional, deshalb is er für viele kein gescheiter Fixer, weil er anständig is und keine Scheiße baut. Ich frag mich aber, wie er so schlafen kann, auf der anderen Seite hab ich den Penner schon oft auf der Straße schlummern sehen. Tonic hat 'n Foto gemacht, weil er 'n verdammter Wichser is, aber nich im guten Sinne.

Ja, es gibt die guten und die schlechten Wichser. Pin Pin zum Beispiel is einer von der guten Sorte und das sagen alle. Er hat 'n großes Herz, während Tonic mit dem Schwanz denkt. Er ist 'n primitiver Idiot, aber irgendwie muss ich auch zugeben, dass ich ihn manchmal echt gut leiden kann. Dann, wenn er mir 'n Drink ausgibt oder mir 'n Schuss aufkocht, is er ja fast sympathisch.

Ich werf noch 'n prüfenden Blick auf Pin Pin. Ihm klebt noch frisch Erbrochenes am Kinn und er stinkt nach Magensäure, die Rotze hängt ihm in der Form eines Fadens aus der Nase. Vielleicht is er ja erkältet. Kann gut sein, er is nich so viel draußen unterwegs und wenn doch, kriegt er gleich 'n Zug. So empfindlich bin ich zwar nich, aber ich bin trotzdem froh, nich positiv zu sein.

Als ob ich mir auch was einfangen könnte, mein Name is ja nich Tonic. Der hat sich durch sein ungeschütztes Rumgeficke letztes Jahr 'n ordentlichen Tripper geholt. Wenn ich ehrlich sein soll, hab ich mir für 'ne Sekunde gewünscht, es wäre AIDS. So, wie er mit den Frauen umgeht, hätte er's nur verdient.

Langsam steh ich auf und dreh Pin Pin auf'n Bauch, dabei merk ich erst, wie drauf ich selbst noch vom letzten Schuss bin, denn ich hab mich auch 'n bisschen zugeknallt, bevor Pin Pin gekommen is. Ich glaub, das war 'n bisschen viel. Vielleicht war's ja 'ne Überdosis. Wunderbar, ich bin so drin in dieser blutverkrusteten Scheiße, dass es mir nich mehr auffällt, aber ich bin mir fast sicher, dass ich nur an der Grenze zur Überdosis gekratzt hab.

Is ja auch scheißegal, denn ich muss jetzt echt ins Bad und diese ekelhafte Hose ausziehen. Hab ich eigentlich noch irgendwas zum Einweichen? Wahrscheinlich nich, ich hab ja nie irgendwas in dieser verfickten Drecksbude. Zurzeit nich mal gerade Nadeln, deshalb geh ich auch morgen wieder in die Schießbude der Pestkönigin. Ob Pin Pin mich begleitet, entscheid ich später. Nich, dass ich mich drauf freu und der Arsch im Schlaf an seiner eigenen Kotze erstickt.

Ich bitte euch, das Buch zu kritisieren und mit Verbesserungsvorschlägen zu bombardieren, denn sobald es fertig ist, würde ich es an einen Verlag schicken

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Ich bitte euch, das Buch zu kritisieren und mit Verbesserungsvorschlägen zu bombardieren, denn sobald es fertig ist, würde ich es an einen Verlag schicken. Nebenbei dürft ihr mir auch euren ersten Eindruck von den Figuren schildern. Oder eben von Øyriøn. Er ist mein kleines Dopesternchen am Fixerhimmel, dennoch würde ich gern wissen, was ihr über ihn denkt.

Die üblichen Verdächtigen [✓]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt