Kapitel 52

999 67 4
                                    

Kap. 52

Calum steht draußen im Garten etwas abseits von den anderen und schaut auf das Wasser. Ein paar Jungs sind auch im Pool und grölen ausgelassen um die Wette.

Ich tippe Calum auf die Schulter und er dreht sich überrascht mit seiner Bierflasche zu mir herum. „Issy", begrüßt er mich kurz angebunden und klingt noch nicht wirklich angetrunken.

„Was machst du hier so allein?", bringe ich mehr oder weniger verständlich raus.

„Nichts Besonderes. Nachdenken", weicht er aus. Ob er auch über mich nachdenkt? Wenn er nur wüsste, wie oft ich über ihn nachdenke. Er schaut auf sein Handy. „Noch 30 Minuten", lässt er mich wissen und ich nicke.

„Weißt du, jedes Mädchen träumt davon, mindestens einmal in ihrem Leben einen Kuss an Neujahr zu bekommen und das von der Person, die man am meisten liebt. Oder vielleicht träume auch nur ich davon.", plappere ich ohne Umschweife los. Der Alkohol tut mir eindeutig nicht gut, aber da ich zu viel intus habe, interessiert mich das nicht wirklich.

„Und damals –das klingt so, als wären wir schon alte Leute-", an der stelle muss ich kichern, „damals habe ich davon geträumt, ihn mit dir zu haben, also den Kuss. Und dann warst du plötzlich weg und der Traum ist zerplatzt." Ich schaue wie ein Teenager verträumt und traurig in den Himmel und seufze. Als ich spüre, dass Calum mich anschaut, drehe ich meinen Kopf zu ihm und öffne meinen Mund, um weiter zu plappern. Es tut gut, ihm das alles sagen zu können.

„Ich habe versucht, dich zu vergessen, aber das ging schlecht, wenn die ganze Zeit eine Miniversion als Mädchen von dir vor meinen Augen rum springt. Aber dann, als ich drüber weg war, kommst du wieder und bist so abwesend, willst dann nichts von deiner Tochter wissen und jetzt bist du so nett zu uns beiden. Das versteh ich nicht", ich schaue ihn abwartend an, aber er scheint zu überrumpelt zu sein, um etwas zu antworten.

„Ich weiß, dass kommt sehr plötzlich, doch das musste ich dir alles mal erzählen, auch wenn ich mich morgen dafür hassen werde. Oder vielleicht habe ich es morgen auch schon wieder vergessen. Naja, eigentlich wollte ich nur wissen, was du mit dem komischen Satz meintest."

Als ich fertig bin, drehe ich mich so, dass wir uns gegenüber stehen und schaue ihn eindringlich an.

„Damit meinte ich, dass ich mich damit geirrt habe, was ich vor vier Jahren zu dir gesagt habe", er schaut an mir vorbei und ich antworte nur verwirrt: „Das verstehe ich nicht."

„Ich habe dich geliebt. Und das tu ich auch immer noch."

Okay, vielleicht hat Calum auch schon sehr viel Alkohol intus, denn sonst hätte er das wohl nicht gesagt. Oder er hat noch nicht viel getrunken und sagt mir das nur, weil ich so betrunken bin und morgen dann nichts mehr weiß.

Meine Gedanken sind ein vollkommenes Durcheinander, während ich ihn nur verwirrt anstarre. Er verdreht seine Augen. „Man Issy, ich habe dich immer geliebt, du hast es nur nie bemerkt. Als ich gegangen bin, habe ich mir immer Vorwürfe gemacht, doch dann drei Jahre später komme ich wieder und du stehst mir gegenüber. Du hast dein Leben weiter gelebt und bist erwachsen geworden. Du hast ja keine Ahnung, wie durcheinander ich war und wie schwer es war, mir das einzugestehen. Und dann als wir geredet haben, hab ich dich einfach geküsst, weil... ja ich weiß nicht, warum und du hast den Kuss erwidert. Und dann war ich noch verwirrter, doch anstatt zu reden, hab ich das Gegenteil gemacht. Es tut mir leid."

Ich bin so baff von seiner Erklärung, ich weiß gar nicht was ich sagen soll. So lange habe ich darauf gewartet, genauer gesagt vier Jahre lang. Immer dachte ich, dass er keine Gefühle mehr für mich hat. Klar, es wurde ungefähr eine Millionen Mal gesagt, dass das nicht stimmt, aber ich war bereits so davon überzeugt, dass ich es nicht glauben konnte. Nicht glauben wollte.

Einerseits bin ich so glücklich, wie schon lange nicht mehr, doch dann muss ich wieder daran denken, wie sehr mich sein Verhalten verletzt hat.

Da ich nicht weiß, was ich sagen soll, gehe ich einfach auf ihn zu und schlinge meine Arme um ihn. Er macht es mir gleich und so stehen wir umschlungen und schweigend da. Ich drücke mein Gesicht an seine Brust und atme seinen Duft ein. Doch was ist das jetzt eigentlich zwischen uns?

Ich sehe auf. „Und was passiert jetzt?" Calum will etwas sagen, doch wird von den anderen Anwesenden der Party unterbrochen. Die habe ich vollkommen vergessen. Sie kommen in den Garten gestürmt und wir rufen alle gemeinsam den Countdown und als wir fertig sind, beugt Calum sich zu mir runter du legt seine Lippen auf meine.

Ich erwidere sofort und mein ganzer Körper wird von Glück erfüllt. Ich drücke mich näher an ihn und wünsche mir, dass dieser Moment niemals endet. So lange habe ich drauf gewartet, dass wir uns aussprechen. Obwohl aussprechen vielleicht zu viel gesagt ist. Es gibt noch so viele offene Fragen, doch das ist mir in diesem Moment egal. Calum hält mich in seinen Armen und küsst mich und das, weil er es will. Ich muss grinsen und wir lösen uns nach einer Weile. Er legt seine Stirn an meine und fragt: „Frohes neues Jahr. Ich hoffe, du willst immer noch deinen Neujahrkuss mit mir?" Dabei muss er etwas grinsen. „Und wie", ich grinse ebenfalls und wir küssen uns noch einmal. So müssen sich die Mädchen in den Liebesfilmen fühlen.

Doch plötzlich wird unser schöner Moment zerstört, denn ich werde unsanft von Calum weg gerissen. „Oh mein Gott, endlich! Endlich habt ihr euch geküsst! Und das auch noch zu Silvester!", brüllt Marie mir ins Ohr. Hinter ihr stehen Lenny, Kiki und alle anderen und grinsen uns an. „Ich freu mich so für euch!" Dann verschwindet ihr Grinsen schlagartig. Sie geht auf Calum zu und scheuert ihm eine. Er legt sich geschockt an eine Hand an seine Wange und weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Aber da jeder, der sich auf diesem Grundstück befindet, betrunken ist, brechen alle in Gelächter aus, anstatt geschockt zu sein. Das sah aber auch komisch aus.

„Das war dafür, dass du so ein Idiot warst", lallt Marie zuckersüß und Calum murmelt: „Das hab ich wohl verdient." „Jap hast du, doch jetzt müssen wir mal das Feuerwerk machen!" ,ruft die jetzt wieder gut gelaunte Marie und rennt halb hüpfend zu den anderen, die sich auf den Weg zur Straße machen. Dieses Mädchen hat Stimmungsschwankungen.

„Tut mir voll leid", entschuldige ich mich, kann mir ein Grinsen aber nicht verkneifen.

„Ich verüble es ihr nicht. Ich war ein Idiot", er zuckt mit den Schulterm, nimmt sein Flasche, die er irgendwann auf das Fensterbrett abgestellt hatte, wieder in die Hand. „Es wundert mich, dass du nicht sauer bist", Calum verschränkt unsere Finger miteinander und lächelt mich unsicher an, was total süß aussieht.

„Darüber reden wir später", gebe ich weise von mir und ziehe ihn mit auf die Straße, wo sich zwei Jungs aus unserer alten Klasse daran machen, die Raketen und verschiedene andere Sachen anzuzünden.

Ich lehne mich an Calum und er legt einen Arm um mich. Ich bin gerade so glücklich, dass ich am liebsten irgendetwas durch die Gegend schreien will. Doch ich halte meinen Mund und schaue in den Himmel, der ziemlich bunt von all den Raketen ist.

So will ich immer ein neues Jahr beginnen.

Daddy- Calum Hood FF Where stories live. Discover now