Kapitel 36

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Kap. 36

Die nächsten Tage und Wochen vergehen ziemlich schnell und ereignisfrei. Ich konzentriere mich auf die Arbeit und unternehme viel mit Erin, Marie und Lenny. Ab und zu telefoniere ich mit Laura und Magie, aber zu den Jungs habe ich so gut wie keinen Kontakt. Jeden Tag rückt der Einsendeschluss des Wettbewerbs und auch der Tag, an dem die Jungs wieder nach L.A. fliegen etwas näher. Seit dem Gespräch mit Marie zerbreche ich mir dauernd den Kopf, ob ich mich anmelden soll oder ob ich dieses Formular, was noch immer auf meinem Schreibtisch liegt, einfach zerreißen, wegschmeißen und mein jetziges Leben weiterleben soll. Vielleicht würde ich diesen Wettbewerb nicht mal gewinnen und ich mache mir umsonst so viele Gedanken, aber vielleicht hat Marie auch recht und meine Zeichnungen sind wirklich so gut.

Erschöpft seufzend stütze ich meinen Kopf auf den Händen ab und starre auf das Formular, was ich vor ein paar Wochen im Einkaufszentrum entdeckt hatte. Eigentlich ist es ja nicht schwer. Ich muss meine Personalien eintragen, ein Bild mit in den Umschlag stecken und diesen dann wegschicken. Aber aus einem unerfindlichen Grund schaffe ich es nicht, den Stift in die Hand zu nehmen und meinen Namen auf die vorgegebene Linie zu schreiben. Vielleicht, weil ich Angst habe, dass ich ihn nicht gewinne und die Enttäuschung zu groß ist oder, weil ich einfach Angst vor Veränderungen habe. Wenn ich es wirklich schaffen sollte und die Möglichkeit habe, nach New York zu reisen, ergeben sich so viele Probleme. Ich müsste Erin hier lassen oder mir dort eine Wohnung suchen, ich müsste Australien verlassen und auf einem komplett anderen Kontinent leben und ich müsste die Menschen hier verlassen. Meine Eltern, meine Freunde und auch die Jungs. Wir haben uns erst vor ein paar Wochen wieder getroffen und trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, ohne sie zu leben.

Ich greife nach meinem Handy und wähle Maries Nummer.

„Hilf mir", begrüße ich sie seufzend.

„Sitzt du schon wieder vor dem Anmeldeformular?", es ist, als würde dieses Mädchen Gedanken lesen können. Ich antworte nur mit einem Murmeln und sie seufzt.

„Was soll ich dir anderes sagen, als das, was ich schon 5000 Mal gesagt habe? Probiere es einfach und warte ab, was passiert."

„Aber ich trau mich nicht."

„Warum denn? Es kann doch nichts passieren. Es ist so eine große Chance für dich Issy. Du könntest total erfolgreich sein und die ganzen Probleme vergessen."

Wir telefonieren noch ein paar Minuten, in denen das Gespräch so weiter geht und letztendlich daraufhin hinausführt, dass ich entschlossen zum Stift greife und meine Personalien eintrage. Ich weiß nicht, welche von Maries Überredungsversuchen dazu geführt haben, aber sie hat es geschafft mich dazu zu bringen, dass ich dieses gottverdammte Formular, was schon Ewigkeiten auf meinem Schreibtisch liegt, ausfülle. Bevor ich weiter darüber nachdenke, stecke ich das kleine Blatt und meine Zeichnung in einen Umschlag und verschließe ihn. Da ich trotz allem noch immer ein wenig Unsicherheit habe, lasse ich den Umschlag auf meinem Schreibtisch liegen und verlasse mein Zimmer. Ich rede noch kurz mit meinen Eltern, die beide zu Hause sind, da es Sonntag ist, verlasse dann das Haus und gehe in eine Richtung, die ich in letzter Zeit oft gewählt habe. Als ich schließlich an meinem Ziel angekommen bin, bleibe ich vor dem grauen Stein stehen und lege die Blumen, die ich vorher noch in einem kleinen Blumenladen gekauft habe, davor ab.

„Ich vermisse dich Grandma", murmle ich vor mich hin und starre auf den Stein. Immer wenn es mir etwas zu viel wurde oder ich einfach allein sein wollte, bin ich hier her gekommen. Hier ist es so ruhig, man kann gut nachdenken und ich habe das Gefühl, als wäre meine Grandma anwesend. „Ich habe die letzten Wochen nicht mit Calum oder einem der anderen Jungs geredet und einerseits hat es mir gut getan, andererseits habe ich sie auch vermisst. Besonders Calum. Er hat mich schon so oft enttäuscht, aber trotzdem liebe ich ihn noch. Warum kann es nicht einfach total unkompliziert sein? Vielleicht sollte ich einfach auf Marie hören, denn bis jetzt hatte sie ja irgendwie immer recht..." Ich seufze und setze mich auf die Wiese vor dem Grab.

Einige Stunden später sitze ich nachdenklich in meinem Zimmer. Ich habe den Brief nach meinem Friedhofsbesuch weggeschickt und gerade als anfangen will, etwas zu zeichnen höre ich meine Mum von unten rufen: „Wir gehen jetzt Issy! Erin sitzt vor dem Fernseher." Stimmt, das habe ich ja komplett vergessen! Meine Eltern haben heute ihren Hochzeitstag und zur Feier des Tages gehen sie in ein Restaurant, sodass ich mit Erin allein bin. Ich lege Block und Stift beiseite und begebe mich nach unten. Nachdem ich mich von meinen Eltern verabschiedet habe, setze ich mich neben Erin, die sich an mich kuschelt und schaue mit ihr etwas Fernsehen. Na ja, sie schaut Fernsehen und ich sitze daneben und stelle mir vor, wie es wohl wäre in New York zu leben und Kunst zu studieren. Die Türklingel reißt mich kurz darauf aus meinen Träumereien und ich stehe verwirrt auf. Ich öffne die Tür mit einem: „Habt ihr was vergessen?", in der Annahme, es seien meine Eltern, aber dem ist nicht so. Denn vor der Tür stehen Luke, Laura, Michael und Magie, die mich angrinsen. „Was macht ihr denn hier?", spreche ich meine Gedanken aus. „Ashton muss auf Harry aufpassen und Calums Mum hat Geburtstag und da dachten wir, dass wir dir zu viert mal einen Besuch abstatten", erklärt Luke und nimmt mich zur Begrüßung in den Arm. Die anderen machen es ihm gleich und ich bitte sie ins Haus. „Bist du allein?", fragt Laura und als ich antworten will, kommt Erin aus dem Wohnzimmer. „Uuh, deine süße Cousine ist immer noch da?", fragt Michael und nimmt Erin in den Arm. Ich nicke nur etwas nervös und Erin scheint es zu gefallen, denn sie kichert und schlingt ihre Arme um Michaels Nacken. Nach einigem Hin und Her bleiben die vier schließlich hier. Michael und Luke sind im Wohnzimmer und ich verteile mit Laura und Magie gerade das Essen, welches meine Mum in den Kühlschrank gestellt hat auf fünf Teller. „Willst du es ihnen nicht bald mal sagen? Also die Sache mit Erin?", fragt Laura nach einer Weile leise. „Ich habe es ihnen schon gesagt", brumme ich und schaue in zwei verwirrt schauende Augenpaare. „Bei dem Barbecue. Ich war betrunken und habe es euch zusammen mit Calum erzählt, aber wie es ausschaut haben es alle vergessen", gebe ich die Erklärung. „Ist das für dich jetzt gut oder schlecht?" Ich zucke als Antwort auf Magies Frage nur mit den Schultern und erhalte von beiden ein Seufzen.

Zu sechst sitzen wir im Wohnzimmer und essen. Michael und Luke unterhalten sich über ein paar eigenartige Themen und ich sitze Magie und Laura gegenüber. „Du und Luke seid jetzt also ein richtiges Paar?", frage ich und helfe Erin beim Essen mit Messer und Gabel. „Ja", erwidert Laura und lächelt verträumt, „Er will mich bald seinen Eltern vorstellen." Sie beißt sich auf die Lippe und schaut und nervös an. „Da brauchst du dir überhaupt keine Gedanken machen. Liz ist total nett und das letzte, was sie machen würde ist, ihrem Sohn zu verbieten mit dir zusammen zu sein glaub mir", ich lächle sie aufmunternd an und auch auf ihrem Gesicht erscheint wieder ein Lächeln. „Bist du dir sicher?" „Ja bin ich."

Als alle aufgegessen haben, gehe ich in die Küche um das Geschirr aufzuräumen und die anderen bleiben im Wohnzimmer. Gerade als ich wieder zurück gehen will, höre ich wie Michael fragt: „Erin, wo sind eigentlich deine Eltern?" „Meine Mommy ist in der Küche und mein Daddy ist weg gerannt, als er meine Mommy geküsst hat." „Wie sah er denn aus?", fragt Michael. Ich will ins Wohnzimmer gehen, um etwas zu sagen, als Erin antwortet: „Na er war groß und hatte braune Haare mit so blonden Strähnchen vorne."

„Calum?!", ruft Luke entsetzt.


Daddy- Calum Hood FF Où les histoires vivent. Découvrez maintenant