Kapitel 4

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Kap. 4

Ich weiß nicht, was ich sagen soll als ich mein Gegenüber mustere. Er hat sich sehr verändert. Seine haare sind kürzer und er hat sie vorne hoch gegelt. Seine Gesichtszüge sind kantiger und er hat einen Lippenpiercing und ich muss zugeben, dass er echt attraktiv aussieht. Warum ist mir das früher nie aufgefallen?

„Du hast dich verändert" Seine Worte holen mich wieder zurück in die Gegenwart.

Ich räuspere mich, als ich merke, dass ich ihn die ganze Zeit angestarrt habe und schließe meinen Mund. Plötzlich überkommt mich Panik. Was, wenn die anderen auch hier sind? Und was wenn... Du-weißt-schon-wer auch hier ist? ‚Sind wir hier bei Harry Potter? Oder warum vergleichst du Calum mit Voldemort? Seinen Namen kann man ja wenigstens noch nennen.' Manchmal hasse ich diese Stimme in meinem Kopf abgrundtief. Also, was, wenn Calum hier ist? Und oh mein Gott, wenn Erin mich Mommy nennt? Ich will nicht, dass sie raus finden, dass ich Mutter bin. Das würde alles noch komplizierter machen. „Wer ist das?", Erin zieht an meiner Hand und zeigt auf Luke. „Ahm... das ist Luke. Er ist..." „Ein Freund", beendet Luke meinen Satz und lächelt Erin an. Er beugt sich zu ihr runter und fragt: „Und wer bist du?"

Bevor Erin etwas sagen kann, beuge ich mich ebenfalls zu ihr runter und sage: „Hey Süße dort um die Ecke sind die Süßigkeiten. Du darfst dir was raussuchen, wenn du willst." Zu meiner Erleichterung ruft sie nur noch ein Hurra und ist um die besagte Ecke verschwunden. Ich stehe wieder auf und zwinge mich, ihm in seine blauen Augen zu sehen, die sich kein bisschen verändert haben. „Das ist Erin." Ich vergewissere mich, dass sie nicht zuhört. „Sie ist meine... Cousine" An seinem Gesichtsausdruck sehe ich, dass er mir glaubt. „Sie ist süß." „Ja, das ist sie" Ein peinliches Schweigen entsteht und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Soll ich ihn auf die SMS ansprechen? Oder lieber doch nicht? Mein Grübeln wird durch ein Rufen meines Namens unterbrochen. „Isabella, Liebes. Ich habe dich ja schon ewig nicht gesehen. Wie du dich verändert hast." Lukes Mutter Liz kommt mit einem Einkaufskorb auf uns zu gelaufen und schließt mich in eine Umarmung. Ich umarme sie etwas unbeholfen zurück und weiß nicht, was ich zu ihr sagen soll. Sieht ganz so aus, als wüsste sich nicht, dass ich nicht mehr mit ihrem Sohn befreundet bin.

 „Wo hast du dich denn die ganze Zeit versteckt? Warst du nicht in der Stadt?" Sie sieht mich interessiert an, während Luke sich verlegen am Kopf kratzt und somit seine Frisur zerstört.

„Ahm... doch, aber ich hatte... viel zu tun", ich schaue auf den Boden.

Nachdem Liz mir gesagt hat, dass ich mit meinen Eltern doch gerne mal zum Abendessen kommen könne, verschwindet sie wieder und lässt Luke und mich somit allein. Ich kann nicht mehr länger hier stehen, denn seit ein paar Minuten muss ich mir schon die Tränen verkneifen und ich will nicht mitten im Supermarkt anfangen, zu weinen. „Ich muss jetzt los. Wir sehen uns" Oder auch nicht. Ich will an ihm vorbei gehen, in die Richtung aus der er gekommen und in welche Erin verschwunden ist, aber er hindert mich daran, indem er nach meiner Hand greift. „Warte! Willst du... ich meine wollen wir uns vielleicht mal treffen? Oder darf ich wenigstens deine Nummer haben?", er sieht mich diesem Hundeblick an, dem ich früher nicht widerstehen konnte. Aber mittlerweile kann ich ganz anderen Sachen widerstehen. „Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist" Ein paar Wochen, nachdem die Jungs verschwunden sind und sich nicht mehr bei mir oder Lenny oder jemand anderem aus unserem Freundeskreis gemeldet haben, war ich so wütend, dass ich mein Handy ins Meer geworfen habe. Meine Eltern haben mir ein neues gekauft, weshalb ich auch eine neue Nummer habe.

„Bitte Issy, ich habe dich echt vermisst. Komm doch mal zu mir nach Hause oder zu einem unserer Konzerte. Nächsten Monat werden wir 2 hier in der Stadt haben."


Nachdem er mich 5 Minuten weiter angefleht hatte, gebe ich ihm meine Nummer. Nicht, weil ich mich mit ihm treffen will. Sondern, weil ich meine Tränen fast nicht mehr zurück halten konnte. Ich beiße mir auf die Lippe und glaube, Blut zu schmecken. Als ich ihm meine Nummer mit einem Kuli aus seiner Hosentasche auf ein Stück meiner Einkaufsliste, was ich abgerissen habe, geschrieben habe, gehe ich an ihm vorbei und suche Erin, die ich zu meinem Glück in der Süßigkeiten Abteilung finde. Ich habe schon Angst bekommen, dass sie weg gegangen wäre. Ich setze den Einkauf fort und als wir 30 Minuten später vor unserer Eingangstür stehen, wische ich mir schnell die Tränen weg, die sich mittlerweile ihren Weg über mein Gesicht bahnen. Erin bekommt davon zum Glück nichts mit, denn sie ist zu sehr damit beschäftigt, an ihrem Lolli zu lutschen.


Ich öffne die Tür, gehe ins Haus und räume die Einkäufe ordentlich in die Schränke. Erin verschwindet nach oben ihn ihr Zimmer und auch ich gehe langsam die Treppen hoch. Als ich in meinem Zimmer bin, lasse ich mich auf mein Bett fallen und starre an die Decke. Tausende Fragen schwirren in meinem Kopf herum. Warum will Luke sich mit mir treffen, wenn er sich vor ein paar Jahren noch mit einer SMS von mir verabschiedet hat? War das damals überhaupt eine Verabschiedung? Vielleicht habe ich alles falsch verstanden und sie haben, genau wie ich, auf eine Nachricht gewartet. Ich bin total verwirrt und mir schwirrt der Kopf. Erinnerungen kommen mir in den Sinn. Unsere erste Begegnung, unsere vielen Treffen, als ich mit Calum zusammen gekommen bin und noch viele mehr. Ich halte es nicht mehr aus und fange laut an zu weinen. Hoffentlich hört mich Erin nicht. Wie auf Knopfdruck erscheint sie in meinem Zimmer. Sie schaut mich mit ihren großen Kulleraugen traurig an und klettert zu mir ins Bett. „Mommy, warum weinst du? Wegen dem Jungen vom Einkaufmarkt?" Manchmal frage ich mich, ob sie wirklich erst 3 Jahre und ein paar Monate alt ist. Sie ist irgendwie schon viel reifer. „Das ver-verstehst du n-nicht Süße. Mommy ist nur-nur traurig", bringe ich unter Schluchzern heraus und ziehe sie noch enger an mich. Plötzlich merke ich, wie unendlich müde ich bin. Es war ein echt anstrengender Tag. Zuerst der Fund der Kiste, dann Maries und meine Versöhnung, ihre Hochzeit, der Einkauf. Das ist zu viel für mich. Ich schaue auf die Uhr. Sie zeigt 18:46 an. Ich darf nicht einschlafen, ich muss Erin noch was zu essen machen. Ich höre, dass unten die Haustüre geknallt wird. Vermutlich mein Dad. Er macht Erin bestimmt auch etwas zu essen. Mit diesen Gedanken schlafe ich mit Erin in meinen Armen ein und merke nicht, wie mein Handy vibriert. 

Daddy- Calum Hood FF Donde viven las historias. Descúbrelo ahora