Kapitel 6

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Kap. 6


Ich drehe mich langsam um und da sind sie. Sie stehen etwas weiter weg und ich hoffe, dass sie uns noch nicht gesehen haben. Gerade habe ich zwar gesagt, dass ich mich mit ihnen treffen will, aber dass das Treffen schon so bald stattfindet, hätte ich nicht gedacht. Ich dachte, dass wir uns frühestens in ein paar Tagen sehen. Da hätte ich mich darauf vorbereiten können aber so trifft es mich völlig unerwartet. Ich weiß nicht, was ich sagen soll und sehe zu Marie, die meinen Blick aber nicht bemerkt, denn sie schaut unverwandt auf die Jungs. In ihrem Blick sehe ich nichts mehr von der Wut, die sie vorhin noch auf die Jungs hatte. Sie lächelt jetzt sogar. Aber zu ihr haben sie eigentlich auch nie „Lebe wohl" gesagt, wenn ich es mir jetzt überlege. Ich bin total überfordert mit der Situation und als ich sehe, dass sie auf uns zu kommen, ziehe ich mir meine Mütze tiefer ins Gesicht und wende ihnen den Rücken zu. „Bitte, bitte Marie lass uns gehen", ich schaue sie flehend an.

„Nein, wir bleiben. So hast du die Chance, sie zu fragen, was das sollte"

Je näher sie kommen, desto nervöser werde ich. Ich hebe meinen Blick und sehe sie richtig an. Sie tragen alle Mützen, vermutlich, um nicht erkannt zu werden. Ihre Gesichtszüge sind erwachsener, was ich schon bei Luke gesehen hatte. Als sie nur noch ein paar Meter von uns entfernt sind, schreit Michael auf, was uns wieder komische Blicke einfängt, und rennt auf uns zu. Als er vor uns stehe, schließt er uns in eine faste Umarmung. „Hach Issypissy! Ich habe dich so vermisst!", sogar meinen schrecklichen Spitznamen, den er mir in der Grundschule gegeben hat, weiß er noch.

Ich weiß nicht so Recht, was ich machen soll. Einerseits bin ich so froh, dass ich sie wirklich wiedersehe, andererseits will ich sie einfach nur vergessen und wieder glücklich werden. Mit Erin, ohne Calum.

Mittlerweile sind auch die anderen bei uns angekommen und Ashton und Luke umarmen mich auch direkt, Calum dagegen bleibt einfach stehen und schaut mit emotionslosem Blick nach vorn. Marie und Michael sitzen auf der Bank und unterhalten sich. Ich bin schon etwas sauer auf sie, denn ihre Wut scheint komplett verraucht zu sein. Aber mit Michael hat sie sich schon immer am besten verstanden und das scheint sich nicht verändert zu haben. Verloren stehe ich einfach nur neben der Bank, auf der ich gerade noch gesessen habe und mein Blick fällt wieder auf Calum. Als sich unsere Blicke treffen, kann ich mich einfach nicht losreißen. Wäre das ein Film, würden wir jetzt aufeinander zugelaufen kommen und uns in die Arme fallen, aber das hier ist kein Film sondern bittere Realität. Nach ein paar endlosen Sekunden, wo Calum und ich uns nur anstarren, meine ich so etwas wie Schmerz in seinem Blick erkennen zu können, aber in der nächsten Sekunde ist es auch schon wieder verschwunden. „Wo wir alle wieder so beisammen sind, können wir doch auch etwas zusammen machen oder?", bricht Michael die Stille und ich reiße meinen Blick von Calums braunen Augen, die genauso aussehen wie Erins, los. Marie nickt mir zu, als wollte sie, dass ich für uns antworte. Ich traue meiner Stimme nicht, weshalb ich nur schwach nicke. Im Stillen beschließe ich, sie einfach zu fragen und dann versuchen, sie zu vergessen.

„Coolio! Was wollen wir machen? Ash, bist du nicht allein zu Hause? Lass uns zu dir gehen", Michael springt sofort auf und schaut Ashton fragend an. Besagter nickt nur und wir machen uns auf den Weg zu Michaels Auto, mit welchem sie hier her gefahren sind. Als wir beim Sandkasten vorbeikommen, winke ich Erin zu mir und sie springt in meine Arme. „Ist das deine Cousine?", Michael zeigt auf Erin und ich sehe panisch zu Marie. Luke hat ihnen also von unserer Begegnung erzählt. Bevor Erin etwas erwidern kann, bejahe ich seine Frage und wir gehen weiter. Ich sehe Erin an, dass sie verwirrt ist. Auf dem Weg werden die Jungs von ein paar Mädchen angesprochen und geben ihnen Autogramme und machen Fotos mit ihnen, während Erin, Marie und ich uns im Hintergrund halten, aber die Mädchen sind so auf die Jungs fixiert, dass sie un sgarnicht bemerken. Als wir bei Michaels Auto ankommen, gibt es ein weiters Problem. Während Calum einfach einsteigt, was mich schon verletzt, denn wie es aussieht, bin ich die letzte Person mit der er etwas machen will, stehen wir vor dem Auto und überlegen, wie wir da alle reinpassen könnten. „Wisst, ihr was? Erin und ich gehen einfach nach Hause. Wir passen eh nicht mit rein und ihr habt euch bestimmt viel zu erzählen", sagt Marie plötzlich.

„Quatsch, das geht schon. Ich nehme Erin auf meinen Schoß und-„

„Nein Issy. Wir stören doch nur", unterbricht Marie meine Versuche, sie vom Gehen abzubringen. Ich weiß nicht, was ich machen soll, denn plötzlich kommt mir mein Beschluss von vorhin, mich mit ihnen zu treffen, total blöd und armselig vor und ich würde alles dafür geben, jetzt mit Erin nach Hause gehen zu können. Ich habe Angst, dass ich vor ihnen in Tränen ausbreche und ich habe Angst vor ihren Antworten.


Aber ich will jetzt nicht einfach gehen und bevor ich meine Entscheidung überdenken kann, steige ich ins Auto und setze mich auf den Beifahrersitz neben Michael, der fährt und Ashton, Luke und Calum quetschen sich auf die Rückbank. Im Auto herrscht eine peinlich Stille, die von Minute zu Minute peinlicher wird und ich zwinge mich, etwas zu sagen, „Ihr seid also wieder da"

„Ja und wir werden jetzt auch größtenteils in der Stadt bleiben, bis in ein paar Monaten unsere Tour beginnt", antwortet Luke stellvertretend für alle. „Und, was hast du so gemacht?", fragt Ashton, damit diese Stille nicht wieder kommt. „Nichts. Ich arbeite jetzt im Laden meiner Mutter" ‚Ach ja und ich habe ein Kind von Calum bekommen, vermiss euch jeden Tag und hoffe immer noch, dass Calum und ich wieder zusammen kommen.'


Und das ist die Wahrheit. Obwohl er mich verlassen und mich heute so emotionslos angeschaut hat, hoffe ich auf eine armselige Art und Weise immer noch, dass wir wieder eine Beziehung führen könnten. Ich vermisse diese Wärme, die ich immer in seinen Augen gesehen habe und ich vermisse sein Lachen, seine Stimme, einfach alles. Mir fällt auf, dass er noch kein Wort geredet hat. Ich schaue in den Seitenspiegel und sehe, das Calum aus dem Fenster schaut. Seinen Blick kann ich nicht deuten, aber er ist auf jeden Fall nicht emotionslos.


„Issy, wir sind da", Lukes sanfte Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und ich schaue ihn verwirrt an. Wir sind die einzigen, die noch im Auto sitzen, welches vor Ashtons Haus steht. Es ist genauso, wie ich es in Erinnerung habe und es kommt mir so vor, als wäre das letzte Mal, das ich durch die Türe gegangen bin, nicht 4 Jahre, sondern nur ein paar Tage her. „Issy, ist alles ok?", schon wieder reißt mich Lukes Stimme aus meinen Gedanken. Ich nicke nur und steige aus. Auf keinen Fall weine ich vor ihnen. Nachdem Ash... Ashton, ich weigere mich, ihn bei seinem Spitznamen zu nennen, die Tür aufgeschlossen hat und wir unsere Jacken und Schuhe ausgezogen haben, sitzen wir alle im Wohnzimmer. Als sie sich ihre Mützen vom Kopf gezogen haben, sah ich, dass auch ihre Frisuren sich verändert haben. Michael hat helle Haare und sie sind etwas kürzer als früher. Lukes Haare sind wie im Supermarkt etwas nach oben gegelt, was aber durch die Mütze zerstört wurde. Ashton hat etwas längere Haare und seine Locken werden mit einem roten Bandana zurück gehalten und Calum hat blonde Strähnchen, welche ihm aber echt gut stehen. Mir fällt auf, dass ich ihn die ganze Zeit anstarre und reiße mich los. Hoffentlich haben die anderen nichts bemerkt.


„Wollt ihr was Essen?", Ashton sieht fragend in die Runde und alle nicken, nur ich schüttele meinen Kopf, aber das Knurren meines leeren Magens verrät mich. Jetzt erst merke ich, wie hungrig ich bin. Ist ja auch kein Wunder, denn gestern bin ich ohne Abendessen ins Bett gegangen und heute Früh habe ich nur eine Banane gegessen. Ashton muss grinsen, und ich muss zugeben, ich habe sein Grinsen echt vermisst, genauso wie das Grinsen von einer bestimmten Person mit braunen Augen. Nachdem Ashton in der Küche verschwunden ist, sage gar nichts und schaue auf meine Hände. Luke räuspert sich, nachdem Ashton wieder ins Wohnzimmer gekommen ist und verkündet hat, dass sie noch ein paar Pizzen in der Kühltruhe haben. Ich sehe auf und sehe in 4 fragende Gesichter. Oder eher 3. Calums Blick kann man nicht deuten.

„Also, du hast wirklich nichts gemacht in den letzten Jahren?"

Sofort liegen mir wieder die tausend Fragen auf der Zunge und ich hole tief Luft.

Daddy- Calum Hood FF Where stories live. Discover now