Kapitel 50

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Kap. 50

Ohne ein Wort zu sagen, lasse ich Erin und Calum in Flur stehen und gehe zurück zu den anderen. Ich könnte mich dafür in den Hintern treten und ich weiß auch nicht, warum ich einfach gehe, aber ich kann das gerade nicht. Als ich das Esszimmer, wo sich die anderen befinden betrete, muss ich sehr durch den Wind aussehen, denn Marie fasst mich am Arm und zieht mich etwas von den anderen weg.

„Was ist passiert?"

„Nichts was soll passiert sein?", frage ich, lache etwas gezwungen und fahre mir schließlich frustriert seufzend durch meine Haare.

„Hey lass das, deine Frisur geht sonst kaputt. Aber m Ernst jetzt Issy: Ich kenne dich seit der Grundschule, du kannst mir nichts vormachen", sie schaut mir durchdringend in die Augen. Ich erzähle ihr die Kurzfassung und schaue kurz zu den anderen, die gerade Calum lang und breit begrüßen.

„Was hab ich verpasst?", kommt es plötzlich von Lenny, der sich zwischen Marie und mich stellt und jedem von uns einen Arm um die Schultern legt.

„Issy und Calum hätten sich fast geküsst und sie hat abgeblockt."

„Was?!", ruft Lenny, während ich im selben Moment sage: „Das stimmt so nicht."

Da wir mittlerweile die Aufmerksamkeit von Erin, meinen Eltern und Calum erregt haben, wirft mir Lenny nur einen Blick zu, der ungefähr Wir reden dann noch bedeuten könnte und wir setzen uns an den Tisch.

Wie das Schicksal es so will, habe ich das Glück, gegenüber von einem gewissen Halb-Schotte sitzen zu dürfen und schaue etwas verlegen auf meinen Teller, während ich mich zwinge, nicht zu ihm zu schauen. Wenig später stellt meine Mum auch schon das Essen auf den Tisch und während des Essens unterhalten sich alle gut gelaunt, nur ich halte mich etwas zurück. Als ich schließlich doch aufschaue, fällt mein Blick sofort auf Calum. Selbst beim Essen scheint er gut auszusehen.

Okay, dieser Fast-Kuss scheint irgendetwas mit mir angestellt zu haben. Ich überlege, ob es zu auffällig wäre, einfach mit einer Ausrede zu verschwinden.

„Issy, was ist jetzt eigentlich mit diesem Zeichenwettbewerb?", reißt Dad mich aus meinen Grübeleien. Ertappt sehe ich auf und schaue etwas verwirrt in die Runde. „Was?"

„Was ist mit diesem Zeichenwettbewerb?", wiederholt mein Dad seine Frage. Den habe ich ja total vergessen! Vor ein paar Wochen habe ich mich bei einem Wettbewerb angemeldet, wo man ein Jahr in New York an einer Kunsthochschule gewinnen kann. Alle waren davon überzeigt, dass ich gute Chancen habe, weshalb ich schließlich eingewilligt und des Anmeldungsformular abgeschickt habe. Unweigerlich muss ich auch an meine Grandma denken, die zu der Zeit gestorben ist.

„Issy?", Lenny, der neben mir sitzt und mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum wedelt, unterbricht meine Gedanken.

„Tut mir leid. Ich bekomme erst in knapp zwei Wochen Bescheid gesagt, ob ich einen der ersten Plätze belegt habe", antworte ich.

Calum räuspert sich. „Ein Zeichenwettbewerb?"

„Wir haben doch alle Issy geraten, dass sie sich anmelden soll. Hast du das vergessen?", mischt sich Marie ein.

„Er war zu der Zeit in Amerika", erinnere ich mich und schaue auf das rote Tischtuch unseres großen Esstisches. Unglaublich, dass das alles erst vor ein paar Wochen war. Es kommt mir so vor, als wären schon Monate vergangen.

Während Marie Calum alles erzählt beobachte ich unauffällig seine Reaktion. Er scheint so unbeteiligt wie immer zu reagieren, doch als die Sache mit New York erwähnt wird, huscht ein Schatten über sein Gesicht. Oder ich bilde mir das alles einfach nur ein. „Ich bin sicher, dass du gewinnen wirst", antwortet er nur und knirscht mit den Zähnen. Ich murmele nur ein leises Danke und esse, wie alle anderen, weiter.

„Das war sehr lecker Mum", Lenny grinst in die Runde. „Issy kommst du mal bitte mit?", sagt er, noch immer grinsend und steht auf. Ich folge ihm in den Flur.

„Wir haben uns lange nicht gesehen, also könntest du mich auf den neusten Stand bringen?", er sieht mich auffordernd an und ich erzähle ich ihm schließlich alles, was er verpasst hat.

„Ich hoffe für ihn, dass er dir nicht noch mal weh tut", grummelt er, als ich fertig bin.

„Das wird er nicht... Also ich hoffe es jedenfalls."

„Wenn ja, dann zerhacke ich ihn zu Sushi."

„Jetzt spiel hier nicht den großen Bruder."

„Ich bin aber der große Bruder", ruft er empört.

„Das wissen wir nicht", ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„Mum!", Lenny zerrt mich zurück ins Esszimmer.

„Ist irgendwas passiert? Warum schreist du denn so?", Mum schaut uns an.

„Ich bin doch älter oder? Bitte ,sag mir, dass ich älter bin", bettelt Lenny, woraufhin alle lachen müssen, auch Calum.

„Puh, so genau weiß ich das gar nicht mehr", versucht Mum vom Thema azulenken.

„Als ob du das nicht mehr weißt. Wir sind deine Kinder!", manchmal frage ich mich, ob Lenny wirklich 21 Jahre alt ist.

Nach einer etwas längeren Diskussion, stehen wir auf und tragen alle etwas in die Küche, auch wenn meine Mum mehrmals sagt, sie würde das allein machen. Wer der ältere von uns beiden ist, wissen wir übrigens immer noch nicht. Unsere Eltern machen sich einen Spaß daraus, uns im Dunkeln tappen zu lassen.

„Bleibt Calum jetzt eigentlich über Nacht?", fragt Marie, als sie und Lenny sich von mir verabschieden. „Ja, seine Eltern sind irgendwo anders. Ich glaube das hat was mit Davids Arbeit zu tun." David, Calums Dad reist viel, hat Calum mir mal erzählt. „Selbst zu Weihnachten?", fragt Lenny zweifelnd. „Selbst zu Weihnachten", bestätige ich.

Als die beiden dann gegangen sind, gehe ich in die Küche und helfe meiner Mum beim aufräumen, ehe ich ins Wohnzimmer gehe, um Erin ins Bett zu bringen. „Ein Süße du musst ins-„ Ich sehe Erin und Calum auf dem Teppich sitzen und spielen und unterbreche meinen Satz. Niemals hätte ich gedacht, dass ich das mal sehen würde. Vor einigen Monaten wusste Calum noch nicht einmal, dass er eine Tochter hat. Ich lehne mich an den Türrahmen und schaue zu den beiden. Wie auf Knopfdruck drehen sie ihre Köpfe zu mir. „Erin muss ins Bett", sage ich etwas leiser und bemühe mich, nicht in Calums Augen zu schauen.

Eine halbe Stunde später sitze ich draußen auf der Terrasse und schaue verträumt in den Himmel. Obwohl es schon mindestens 11 Uhr ist, ist es noch nicht wirklich kalt. Ich höre leise Schritte und kurz darauf setzt sich jemand zu mir auf die Bank. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und beobachte Calum, der sich eine Zigarette anzündet und zu seinem Mund führt. „Musst du das machen?", rutscht mir raus und er sieht mich an.

„Es entspannt", erwidert er nur darauf, hält die angezündete Zigarette allerdings nur in der Hand. „Aber es stinkt. Und es macht süchtig."

„Das kann dir doch egal sein." Autsch. Da ist er wieder, der Calum von dem ich dachte, er wäre verschwunden. Um zu verdecken, wie sehr mich das getroffen hat, verdecke ich mein Gesicht hinter meinen Haaren.

„Tut mir leid... manchmal da... da sag ich einfach dumme Sachen obwohl ich gar nicht gemein sein will." Etwas überrasch von seiner Beichte sehe ich ihn wieder an. Calum drückt die Zigarette aus und wirft sie in den Aschebecher auf dem Tisch.

„Ich weiß", sage ich nur darauf und schaue wieder in den Himmel. Ich weiß nicht, was in diesem Moment über mich kommt, doch ohne nachzudenken sage ich: „Was ist das hier? Ich meine, wir beide und vermutlich alle um uns herum haben bemerkt, dass sich irgendetwas zwischen uns geändert hat. Und mit dieser Ungewissheit und den ragen kann ich nicht mehr weiter leben." Ich schaue weiterhin in den Himmel und bete, dass er etwas sagt. „Sieh mich an." Etwas überrascht von seiner sanften Stimme drehe ich ruckartig meinen Kopf herum und schaue in seine braunen Augen, die man mit Nutella vergleichen könnte.

Ohne etwas zu sagen, legt er seine Lippen auf meine und obwohl ich eigentlich vermeiden wollte, dass er mich ohne eine Erklärung küsst, erwidere ich den Kuss. Erst jetzt merke ich, wie sehr ich ihn vermisst habe. Das Kribbeln in meinem Bauch verhundertfacht sich breitet sich in meinem Körper aus. Nach einer Weile löst er sich etwas von mir.

„Ich habe mich damals geirrt."

Mit diesen Worten steht er auf und lässt mich allein zurück. 

Daddy- Calum Hood FF Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz