Kapitel 37

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Kap. 37

Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen.

Seitdem Erin sich na ja verplappert hat, stehe ich im Flur und überlege, was ich sagen soll, sobald ich das Wohnzimmer betrete. Werden die zwei sauer sein? Oder enttäuscht? „Das erfährst du, wenn du jetzt dahin gehst", rede ich mir gut zu und tief durchatmend gehe ich langsam ins Wohnzimmer zurück. Sobald ich den Raum betrete, liegen neun Augenpaare auf mir. Ich schlucke und zwinge mich zu einem Lächeln, was höchst wahrscheinlich so aussieht, wie es ist. Unecht. Als ich vorsichtig auf Michael und Luke schaue, entdecke ich verschiedene Emotionen in ihren Gesichtern. Während Michael so grinst, als hätte er im Lotto gewonnen, sieht mich Luke mit diesem Blick an, vor dem ich Angst hatte. Enttäuschung. Das sehe ich in seinen Augen. Enttäuschung, weil ich ihn monate- und jahrelang angelogen habe. „Ich glaub's nicht! Ihr habt ein Kind! So ein süßes putziges Kind und ihr habt euch geküsst! Warum seid ihr nicht einfach wieder zusammen und macht es euch so schwer?", plappert Michael los und zappelt wie ein Kind, das zu viel Zucker bekommen hat, rum. Ich antworte Michael nicht, sondern schaue in Lukes blaue Augen, in denen noch immer diese Enttäuschung zu erkennen ist. „Es tut mir leid", sage ich leise an ihn gerichtet und schaue auf den hellen Holzboden. Michael steht auf und zieht mich in eine seiner Umarmungen, bei denen man fast keine Luft mehr bekommt und flüstert: „Cassy wird bald wieder real sein, Das kannst du mir glauben." Nachdem er mich wieder los gelassen hat, kommt Luke ein paar Schritte auf mich zu und sagt: „Soviel zum Thema deine kleine Cousine. Warum hast du uns nicht einfach die Wahrheit gesagt? Wir wären doch für dich da gewesen aber so? Wir haben dich nicht unterstützt. In gar nichts. Du musstest ein kleines Baby versorgen und was haben wir gemacht? Wir sind durch die Welt gereist und gedacht, du bist glücklich. Ich kann das nicht glauben." Er schlingt seine Arme um mich und vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren. Ich lehne meinen Kopf an seine Brust und murmle: „Du kannst nichts dafür Luke. Ich wollte Calum und euch nicht im Weg stehen. Der einzige der sich Vorwürfe machen sollte, bin ich."

Nach ein paar Minuten schiebt Luke mich etwas von sich und lächelt leicht. Die anderen haben den Raum verlassen und ich höre vom Flur aus Michaels Quietschen und Erin Kichern. „Kommt zwar etwas spät, aber deine... Tochter sieht dir echt ähnlich. Und Calum auch. Er weiß, dass Erin seine Tochter ist oder?" „Seit ein paar Wochen", gebe ich die Antwort. Als Erin wegen irgendwas laut lacht, lächelt er und sagt: „Sie hat Calums Lachen" Ich nicke nur. Ich erzähle ihm von dem Abend, als Erin uns erwischt hat und er sagt darauf: „Er ist einfach abgehauen oder?" Ich nicke.

„Und er hat Erin auch nicht gesagt, dass er ihr Dad ist oder?" Wieder nicke ich nur.

„Und er hat dich mal wieder allein gelassen", stellt er fest, worauf ich nur nicken kann. „Ich bin mir sicher, dass er euch... also dass ihm was an Erin und auch an dir liegt. Lass ihm Zeit. Und wenn was ist, dann ruf mich an ok? Ich bin immer für dich da", er drückt mich noch mal an sich und zusammen gehen wir zu den anderen.

Ein paar Minuten und ungefähr zehn Michael- Ausraster später schließe ich die Tür hinter den vieren und lehne mich seufzend dagegen. Ich bin total durcheinander, etwas traurig wegen Calum, erschöpft und... glücklich. Auch wenn ich es mir anders vorgestellt habe, wie ich ihnen von Erin erzähle, bin ich froh, dass es jetzt raus ist und ich ein paar Probleme weniger habe. Auch wenn noch ein Berg von der Höhe des Mount Everest zurück bleibt, heute ist der Berg um ein paar Meter kleiner geworden. Erin kommt um die Ecke und stellt sich vor mich. Sie schaut zu mir hoch und fragt: „Mommy ist alles gut?" „Ja Süße. Alles ist gut", ich nehme sie hoch und trage sie in mein Zimmer, wo sie auf mein Bett krabbelt und sich hinlegt. Ich schnappe mir mein Handy, um Marie und Lenny die neusten Ereignisse zu berichten, was ich ein einstündiges Gespräch ausartet.

Als ich ihnen erzählt habe, dass Luke und Michael jetzt die Wahrheit wissen, haben sie alles Mögliche durcheinander gerufen und sich glücklich umarmt. Ich konnte so etwas raushören, wie: „Oh mein Gott das ist so toll." „Endlich ist es raus." „Calum kommt bestimmt bald wieder und dann gibt's ein Happy End." Aber gibt es das überhaupt? Klar es gibt 1000 Filme mit Happy Ends, aber die ende alle sofort nach dem ersten Kuss. Niemand weiß, was sie dann in der Beziehung erwarten wird, denn da gibt es meistens noch mehr Probleme, als vor dem ersten Kuss. Ich seufze und lasse mich nach hinten ins Bett fallen. Erin liegt neben mir und blättert in einem ihrer Bücher, das noch in meinem Zimmer lag.

Was Calum wohl gerade so macht? Als ich mich dabei erwische, wie ich mal wieder über ihn nachdenke, stöhne ich frustriert auf und greife nach meinem Handy. Ich wähle eine Nummer, die ich schon eine Weile nicht mehr gewählt habe. Lennox geht nach dem dritten Tuten ran und begrüßt mich mit einem fröhlichen: „Hey was geht?" Ich antworte ihm etwas weniger enthusiastisch, was er natürlich sofort bemerkt. „Calum hat mich geküsst und ist abgehauen, die Jungs wissen, dass Erin unsere Tochter ist, Calum hat noch so ein anderes Mädchen und ich gehe vielleicht nach New York", erzähle ich ihm und er sagt erstmal gar nichts, bis er sich räuspert. „Du gehst nach New York?" „Es ist noch nicht sicher, aber die Chance besteht", antworte ich ihm. „Du klingst nicht sehr begeistert", stellt er fest. „Ja ich... das ist mir alles etwas zu viel. „Du musst wissen egal ob du hier bleibst oder nach New York gehst ich unterstütze dich und die anderen bestimmt auch, aber wenn es sich nicht richtig anfühlt, dann mach es nicht." Fühlt es sich richtig an? Einfach nach New York zu gehen und alles hinter mir zu lassen? Als ich auf diese Frage keine Antwort finde kann ich nur seufzen und versuche das Thema zu wechseln, indem ich frage, ob es bei ihm irgendetwas Neues gibt.

Als ich auch dieses Telefonat beendet habe, merke ich, dass Erin neben mir eingeschlafen ist und bringe sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ins Bett. Danach mache auch ich mich fertig und als ich etwas später im Bett liege, beschließe ich, einfach abzuwarten, was die Zukunft bringt und jetzt erstmal glücklich und erleichtert zu sein, dass Luke und Michael es wissen. Mit diesen Gedanken schlafe ich ein und falle in einen ruhigen Schlaf.

Ein paar Tage später wache ich mit leichten Kopfschmerzen auf und quäle mich aus dem Bett. Wie jeden Morgen mache ich mich fertig und gehe dann nach unten, wo mich mal wieder mein Dad mit seiner Zeitung in der Hand begrüßt. Ich frühstücke zusammen mit ihm und verlasse wenig später das Haus, um auf Arbeit zu fahren. Dort angekommen konzentriere ich mich voll auf die Arbeit und versuche die Probleme und die Kopfschmerzen, die immer schlimmer werden zu ignorieren. Als ich nach ein paar Stunden die Boutique verlasse, atme ich ein paar Mal tief ein und halte mir den Kopf, weil die Schmerzen noch immer nicht weg sind. Erschöpft und genervt hole ich Erin vom Kindergarten ab und fahre mit ihr nach Hause, wo sie sofort im Garten verschwindet. Ich hole uns was zu trinken und setze mich auf einen Stuhl auf der Terrasse.

„Hey Issy. Aufwachen!", werde ich etwas später von Marie aus dem Schlaf gerissen. Ich sehe sie leicht verwirrt an. „Wo ist Erin?", frage ich noch immer etwas durcheinander und sie zeigt nur auf den kleinen Sandkasten etwas weiter hinten in unserem großen Garten. „Lenny! Kommst du?", schreit sie ins Haus rein. „Nicht so laut", ich lasse den Kopf auf meine Arme fallen und schließe die Augen. „Kopfschmerzen?". fragt sich und ich nicke nur. „Kommt bestimmt vom Stress", Lenny betritt die Terrasse und setzte sich mir gegenüber auf einen der Stühle. „Was macht ihr eigentlich hier?", frage ich, statt näher auf die Kopfschmerzen einzugehen. „Heute ist Mittwoch Issy. Da müssen wir nicht so lange arbeiten, schon vergessen?" Ich schüttle nur den Kopf. „Vielleicht ist es besser, wenn du dich etwas hinlegst, dann-", Lenny will gerade weiter reden, als Marie ihn mit einem Pschhhhht unterbricht.

„Jetzt halt deine Klappe Cal", höre ich Luke genervt sagen. „Warum muss ich mitkommen? Ich möchte sie nicht sehen und ich bin sicher sie mich auch nicht", murrt Calum und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mir seine Worte nicht zu Herzen nehme. „Ich muss mit ihr reden und vielleicht wäre es besser, wenn ihr auch mal reden würdet, anstatt euch immer nur zu streiten oder... zu küssen", höre ich Ashton sagen und dann kommt nur noch ein „Halt die Klappe" von Calum.

„Ich gehe mal zur Tür und du Issy, legst dich hin. Wir passen auf Erin auf", sagt Marie. Lenny brummt etwas Unverständliches vor sich hin und wir sehen ihn fragend an. „Das der noch hier auftaucht. Er hat dich so verletzt", spuckt er und Marie versucht ihn zu beruhigen: „Schatz jetzt werde bitte nicht zu diesem total beschützerischen Bruder ok?" Lenny grummelt nur und ich mache mich seufzend auf den Weg nach oben, wo ich mich ins Bett lege.

Daddy- Calum Hood FF Where stories live. Discover now