𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟘𝟟

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Isabelle saß gedankenverloren im Schneidersitz auf einer kleinen Empore. Vor ihr war Rebecca, die mit ihr und Çan den Jugendchor leiten würde.

Während die knallrotgefärbte Rebecca, mit dem Kurzhaarschnitt und der dazu passenden Brille mit dem roten Rahmen vor ihr einige Sachen erklärte, war sie gedanklich bei Dag.

Er hatte natürlich auch nochmal versucht gehabt, ihr den Job madig zu machen, doch sie war jetzt bereits drei Wochen hier beschäftigt. Dag schlief zwar wieder neben ihr, jedoch sprachen sie nicht viel. Sie wusste, dass es nur an Çan lag, aber nachdem sie erfahren hatte, dass er sogar doppelt fast dasselbe Schicksal wie sie erlitten hatte, wollte sie ihm diese Chance geben. Sie glaubte an das Gute im Menschen.

Isabelle hörte gar nicht so genau hin, als Rebecca sie fragend ansah. Çan stupste sie an. »Was?« Irritiert sah sie beide abwechselnd an.

»Ich hab gefragt, welche Musikrichtung für dich, denn die angenehmere Variante ist.« , wiederholte die Rothaarige.

»Oh, ich bin, was Musik angeht, in vielen Richtungen offen. Ich hab da eigentlich keinen Favoriten.«

»Das finde ich gut. Wir hatten hier mal Erna ... weißt du noch Çan? Die wollte, dass wir komplett nur auf Klassik umsteigen.« , sprach Rebecca. »Also ich mag auch Klassik. Ich gehe auch gerne in die Oper. Das gebe ich zu, aber jetzt nur darauf umzusteigen, wäre nichts für mich. Ich benötige Abwechslung.«

»Klassik kann zudem nicht jeder.« , meinte Isabelle. »Die Gesangstechnik ist nicht für jeden machbar.«

»... und hört sich auch scheiße an.« , äußerte sich Çan dazu. »Ich will ja mehr ... peppiges.«

»Ich finde, Isabelle sollte sich erst einmal die Tapes anschauen, die wir aufgenommen haben. Wartet. Ich hole den Laptop.« Rebecca eilte aus dem Raum hinaus.

»Du bist so ruhig.« , meinte Çan plötzlich und unerwartet. »Lass mich raten. Dag ist immer noch sauer, weil du den Job angenommen hast.«

»Sauer wäre übertrieben. Er ist halt ... nicht begeistert.«

»Ich versteh' ihn.« Er ging zum Fenster rüber und öffnete es ein Stück. »Was hältst du davon, wenn ich euch beide zum Essen einlade. Ich will mich gerne auch bei deinem Mann für mein Verhalten von damals entschuldigen.«

»Oh ich weiß nicht. Er ist wirklich nicht ...« Sie überlegte. Vielleicht hatte Çan Recht. Eine Aussprache würde eventuell helfen, alte Sachen zu begraben. »Was hältst du davon, wenn du zu uns kommst?«

Er zuckte mit den Schultern. »Mir egal. Wie du möchtest. Ich richte mich nach euch.«

»Ich werde dann auch Katja und Vincent Bescheid sagen. Wird unter Umständen eine kleine Stütze sein.«

»Katja und Vincent? Ihr habt alle noch Kontakt? Auch zu Hannah?«

»Hannah ist mit ihrem Mann gerade erst vor kurzem weggezogen und Vincent und Katja sind verheiratet.«

»Zusammen? Ich meine beide sind verheiratet? Nicht mit anderen, sondern die beiden?«

»Ja.« Sie schmunzelte ein wenig. »Sie haben auch einen Sohn.«

»Wow, also damit hätte ich nicht gerechnet. Ich wusste zwar, dass die gelegentlich gevögelt haben, aber ... wow.« Çans Augen wurden überraschen groß. »Aber auch das Dag und Vincent noch immer Freunde sind überrascht mich. Wer ist heutzutage noch so lange befreundet?!«

»Sie machen sogar weiterhin Musik.«

»Ja aber doch nicht richtig, oder?«

»Klar. Vincent hat sich sogar richtig gut im Produzenten-Leben rar gemacht.«

»Ehrlich?«

»Ja.« Sie holte ihr Handy raus und zeigte erst einige Musik-Videos von SDP, ehe sie Çan Lieder präsentierte, wo Vincent seine Finger im Spiel hatte.

»Ich kenn 'n paar Lieder, aber ich hab die trotz der Stimmen irgendwie nie mit denen in Verbindung gebracht. Die haben sich damals zwar auch SDP genannt, aber ... ey, ich hab das voll verdrängt.« , sagte er. »Also steckst du ja quasi komplett im Musikleben drin durch Dag.«

»Na ja nicht ganz. Wir bleiben außen vor. Berufliches und Privates wird getrennt. Also natürlich kennen wir jetzt auch sämtliche Künstler, aber wir werden halt nirgendwo erwähnt, was auch gut ist.«

»Wolltest du das nie? Ich meine, du warst immer gut auf der Bühne. Du hast gelebt auf der Bühne und jetzt ... du hast dich zurückgezogen, während Dag im Vordergrund steht.«

»Es ist gut so, wie es ist. Ich bin Mutter geworden und ... als Künstler bist du manchmal sehr lange unterwegs. Zudem ... nachdem die Band auseinandergebrochen ist, mit wem hätte ich denn da weitermachen sollen?«

»Du warst auch solo immer eine Koryphäe.« Sie schmunzelte erneut. »Ich hab' dir damals vieles kaputt gemacht. Es tut mir wirklich leid.«

»Schon okay.«

»Nein. Ist es nicht. Du hättest etwas Großes werden können, wenn ich nicht so ... ein Arschloch gewesen wäre.«

»Ja das warst du.« Sie hob wiederholt ein wenig die Mundwinkel an. »Aber man kann daran nichts ändern.«

»Ich hoffe aber, das du mir irgendwann verzeihen kannst ... und das ich es eventuell irgendwie wiedergutmachen kann.«

Rebecca kam wieder rein und stellte den Laptop auf einen Tisch. »Ich glaube, von Alisha wirst du begeistert sein Isabelle. Sie hat echt großartiges Talent.«

Sie kam zu ihr und sah sich die Tapes an, während sie gedanklich durchging, wie sie Dag zu einem Treffen mit Çan überzeugen könnte.

Ich bin der falsche Mann für die richtige Frau (Band 2)Where stories live. Discover now