𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟘𝟝

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»Es freut mich, das es Ihnen bisher gefällt Frau Kopplin.« , sagte der Leiter der Musikschule, als er mit Isabelle gemeinsam wieder sein Büro betrat, das sie vorhin verlassen hatten, damit er ihr das Gebäude zeigen konnte. »Ich war wirklich sehr erfreut, das sie sich bei uns gemeldet haben.«

»Ja ich glaube, es war einfach ... der richtige Zeitpunkt ...« Sie wusste nicht, wie sie ihm ihre jetzige Situation erklären sollte, weil sie hier nicht die Frau sein wollte, die ihr Kind verloren hat, weshalb sie einfach aufhörte zu reden.

»Derzeit arbeiten nur einige unserer Lehrer hier vor Ort. Wir machen Pläne, gehen Fortschritte nach, die uns per Mail zugeschickt werden, also eigentlich immer noch alles Mögliche. Sie werden aber sehen, sobald hier wieder mehr Trubel herrscht, werden Sie es lieben.« , sagte er. »Oder vielleicht sogar verfluchen. Manche Schüler, ob jung oder alt sind nicht ... einfach zu handhaben.«

»Alles besser als Langeweile.«

»Nein Langeweile kommt hier eher weniger auf.« Er lachte dezent. »Sie waren früher sogar in einer Band tätig, wie wir erfahren haben.« Isabelle nickte und fragte sich, wer ihm das gesteckt haben könnte. Schließlich war sie ja nicht erfolgreich, so das man sie hätte googeln können. »Was halten Sie denn davon, wenn wir Sie vorerst mit für den Jugendchor einsetzen? Sie bringen ungeachtet dessen Erfahrungspotenzial mit in vielen Bereichen, insbesondere wie man gemeinsam etwas zustande bringt.«

»Klar. Wieso nicht?!« Sie stellte es sich gut beschäftigt vor, mehrere gleichzeitig zu unterrichten, statt immer wieder mit ihren Gedanken abschweifen zu können.

»Gut, das freut mich. Sie würden dann kollegial mit zwei anderen Lehrern, diese Aufgabe übernehmen.« Isabelle nickte erneut, denn auch das empfand sie als ablenkend. Der Leiter übergab ihr einige Unterlagen. »So hier wäre sofort der Vertrag und alles andere. Nehmen Sie es mit nach Hause Frau Kopplin. Lesen Sie sich das volle Programm in Ruhe durch und falls Sie dann noch Fragen haben, können Sie mich morgen früh kontaktieren.« Er stand auf, genauso wie Isabelle. »Natürlich dürfen Sie auch den unterschriebenen Vertrag, gesetzt den Fall, dass er Ihnen zusagt, morgen früh sofort vorbeibringen.«

Sie lächelte erneut. »Ich denke nicht, das ich irgendetwas zum Aussetzen finden werde.«

»Das hoffe ich.« Er gab Isabelle die Hand, als er sie in den Flur hinausführte, um dann hinter ihr jemanden zu erspähen. »Ach Herr Ergün, da kann ich Ihnen ja direkt Ihre neue eventuelle Kollegin vorstellen.«

Isabelle drehte sich mit einem Lächeln um, das sofort erfror, denn sie erblickte in kein unbekanntes Gesicht. Wie versteinert ließ sie es zu, dass er ihre Hand nahm und sie schüttelte. »Hallo Isabelle, freut mich, dich wiederzusehen.«

Sie antwortete nicht, drehte sich aber zu dem Leiter um, und richtete ihr Wort an ihn. »Ich ... ich muss jetzt gehen. Ich melde mich dann.« Flink nahm sie Reißaus. Sie sah nicht zurück, sondern beeilte sich, aus dem Gebäude rauszukommen.

»Isabelle. Warte doch, bitte.« , hörte sie die bekannte Stimme nach ihr rufen und wurde kurz danach auch festgehalten.

Wie aus einem Reflex schüttelte sie seine Hand ab. »Fass mich nicht an.«

»Isabelle, ich wollte mich bei dir entschuldigen. Für alles, was damals war. Ich war nicht ... ich.«

Da fiel ihr der Groschen und sie sah Çan mit gerunzelter Stirn an. »Hast du mich hier empfohlen und von mir erzählt?«

»Nein. Also Schüler von uns hatten mitgeteilt, dass sie bei dir Unterricht hatten, und ich habe später erzählt, dass ich bereits mit dir zusammengearbeitet habe und das du eine sehr talentierte Frau bist.«

»Warum?«

»Weil es stimmt. Ich hab dich immer bewundert für dein Talent.« Er trat näher an sie heran und sie ging einen Schritt mehr zurück. »Isabelle, ich tu dir nichts. Ich bin ein anderer Mensch, glaub mir. Ich hab Therapien hinter mir. Gegen meine Aggressionen. Gegen meine Sucht. Ich bin clean. Schon lange. Ich helfe sogar drogensüchtigen Jugendlichen ehrenamtlich. Es tut mir wirklich leid, was ich damals alles getan habe.«

Sie dachte an den Tag zurück, als er sie in der Bar angegriffen hatte ... als er sie gewürgt hatte, und schüttelte daraufhin den Kopf. »Ich muss jetzt gehen.«

»Isabelle. Wir sind erwachsene Menschen. Ich habe Fehler gemacht. Nicht nur dir gegenüber. Ich habe mir damals vieles versaut, aber ich habe gelernt. Mich verändert.« Er sah sie ein wenig betrübt an. »Die Arbeit mit den Kindern, und dann noch mein Ehrenamt, es hat mir noch mehr geholfen zu mir selbst zu finden.«

Sie betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. Seine Haare waren länger und er sah aus wie ein typischer Lehrer. Er trug sogar einer dieser Taschen, in der er Unterrichtsmaterial verstaut hatte. »Ich muss trotzdem gehen.«

»Ich hoffe, das du dir jetzt meinetwegen nicht diesen Job madig machst. Du wärst perfekt für hier.«

»Frau Kopplin.« , rief der Leiter, als er ebenso nach draußen gelaufen kam. »Sie haben Ihre Handtasche liegen lassen.«

»Danke sehr.« Sie nahm diese entgegen und nickte ihm zu, als er auch unverzüglich wieder ins Gebäude trat und beide alleine ließ.

»Frau Kopplin? Du hast Dag geheiratet? Ihr seid also noch ... zusammen.« , wollte Çan wissen.

»Ja.«

Er lächelte. »Das freut mich. Wirklich. Habt ihr Kinder?«

Der Stich in ihrem Magen. Eine Frage, auf die sie keine Antwort geben wollte, denn genau dann würde auch die Erkundigung kommen, wie viele und sie wusste nicht, was sie darauf entgegnen sollte. Sie nickte mit halber Kraft.

Er lächelte weiter und nickte ebenso. »Ich habe drei.« Çan holte sein Portemonnaie heraus und präsentierte Isabelle ein Bild, auf dem zwei Kinder im jungen Alter und ein etwas älterer Junge zu sehen waren. »Das sind Salih und Malik. Meine Jüngsten. Sie wären jetzt drei und fünf. Und der andere ist Kaya. Er ist Elf.«

Sie bekam eine Gänsehaut. »Wären?«

»Meine Ex-Frau hatte einen Autounfall. Sie hat überlebt, aber unsere beiden Kleinen nicht.« Er küsste das Bild und sah, mit einem Lächeln auf den Lippen, hinauf in den Himmel. »Sie bleiben meine Kinder, auch wenn sie nicht mehr hier sind.«

Sie wusste nicht wieso, aber sie nickte und sprach dann. »Ich habe zwei. Nia und ... Rio. Er ist ... er bleibt auch mein Kind.«

Çan nickte und lächelte. »Das bleiben sie auf ewig.«

Ich bin der falsche Mann für die richtige Frau (Band 2)Onde histórias criam vida. Descubra agora