13 - Die Reise - Teil 3

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Daniel sah ihr perplex hinterher und brauchte einen Moment, um auf die Reihe zu kriegen, was gerade passiert war. Hatte Emma ihn tatsächlich vor ein paar Sekunden rausgeworfen? Aber wieso? Ja, ok, er war müde. Sie hatte Recht mit dem, was sie gesagt hatte, aber er wollte nur für sie da sein. Ihr zeigen, dass er da war. Sie unterstützte.

„Sie hat Recht, du bist sehr müde", stellte auch Dieter fest und setzte sich ihm gegenüber.

„Ja schon", gab er zu und ihr Vater nickte und sah ihn nachdenklich an, so dass ihm unbehaglich wurde.

‚Wirft er mich jetzt auch raus?', fragte er sich, als Emmas Papa sagte: „Du zerreißt dich für Emma. Das finde ich toll, weil es zeigt, wie viel sie dir bedeutet. Aber sie hat Recht. Auch du bist wichtig. Das haben wir vielleicht vergessen. Alle außer Emma. Ich denke, das wollte sie sagen. Auf ihre Art. Na ja. Sie weint im Bad, oder?"

Daniel nickte, weil er sie schluchzen hörte, und dachte sich, dass ihr Vater ihm jetzt bestimmt verbot, dass er weiter jeden Tag zu Emma kam. Aber das war ihm wichtig. Verdammt wichtig. Er wollte bei ihr sein.

Das wollte er gerade sagen, als Dieter erneut das Wort ergriff und erklärte: „Vielleicht solltest du erst mal auch hier schlafen. Das spart dir die Bahnfahrt am Abend und die morgens, weil ich dich zur Schule bringen kann, wenn ich zur Arbeit fahre. Emma werde ich ohnehin ab nächste Woche bringen. Ich trau mich nicht, sie schon Bahnfahren zu lassen, gerade in der Rushhour. Mittags geht es ohnehin nicht anders, als sie mit der Bahn zu schicken, aber vielleicht kann ich da noch mit Ben verhandeln. Oder ich lege meine Mittagspause so, dass ich sie schnell bringen kann. Egal. Das ist nicht das Thema. Wenn du hier schlafen könntest, müsstest du aber die Hausaufgaben machen. Das wäre die einzige Bedingung. Du tust zu viel für unsere Tochter, als dass ich zulassen würde, dass deine schulische Zukunft darunter leidet. Außerdem mag ich dich. Also für einen Hörenden."

Ein leichtes Lächeln zupfte an den Lippen ihres Vaters und Daniel bekam die Klappe nicht mehr zu. Hatte Dieter ihm gerade gesagt, dass er ihn mochte? Wörtlich? Und hatte er ihm erlaubt, bei Emma zu bleiben, ohne dass er dafür hatte kämpfen müssen? Hatte er ihm einfach so sein Heim endgültig geöffnet? Träumte er? War er eingeschlafen und das war ein Traum? Das musste so sein, oder?

‚Offenbar nicht', dachte er, denn Dieter fragte: „Also, was sagst du?"

Er musste sich räuspern, ehe er erklärte: „Das klingt nach einem machbaren Deal."

****

Emma war aufgeregt. Sie konnte kaum mehr stillsitzen. In ein paar Stunden würde sich herausstellen, ob sie etwas anderes als Stille wahrnehmen konnte. Sie hatte den Termin extra so gelegt, dass Daniel anwesend sein konnte. Sie wollte ihn dabei haben. Genauso wie ihre Eltern. Am liebsten auch Melina, die ihr immer wieder amüsierte Blicke zuwarf, weil sie so zappelte.

Es hatte gutgetan die Schule zu besuchen, auch wenn sie bis auf weiteres nicht beim Sport mitmachen durfte. Dafür war die OP noch nicht lange genug her, aber bald durfte sie wieder. Hoffte sie. Das Rumsitzen machte sie kirre. Wobei sie während der Freistunden nach Absprache mit dem Direx die verpassten Klausuren peu à peu nachschreiben durfte. Denn dank Melina hatte sie den Anschluss tatsächlich nicht komplett verpasst. Und den Rest hatte sie mit Hilfe der Lehrer nachholen können.

Die hatten ihr das Material gegeben und sie hatte es nachgearbeitet, wenn ihr Liebster seine Aufgaben gemacht hatte. Das tat er immer zwischen Kaffeetrinken und Abendessen. Er sah wie der Daniel aus, den sie so liebte. Er schlief nicht mehr im Stehen ein und war wieder aufmerksam, weil er nicht unter ständigem Schlafmangel litt. Seit ihr Vater vor knapp einer Woche mit ihrem verdatterten Freund im Schlepptau im Bad aufgetaucht war und sie von ihrem Entschluss in Kenntnis gesetzt hatten.

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