11 - Zukunftsangst - Teil 1

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Der Tag der Tests näherte sich unaufhaltsam und je näher er rückte, umso nervöser wurde Emma wieder. Da war es eine gelungene Abwechslung, dass ihre Eltern die beiden am Abend zuvor zum Grillen einluden. Sie nahmen dankbar an und brachten einen gemischten Salat mit. Daniel war immer noch etwas befangen in der Nähe ihrer Eltern, doch die gaben sich Mühe, ihn einzubinden. Während Emma ihrer Mutter mit der restlichen Zubereitung der Beilagen half, unterhielt sich Dieter mit ihm und fragte ihn, ob er mittlerweile einen Job gefunden hatte.

Als er verneinte, nickte Emmas Vater und erwiderte: „Ist für einen Schüler gewiss nicht einfach, da man zeitlich nicht flexibel ist für die meisten Jobs."

„So sieht es leider aus", gab er zu.

„Ich hoffe, Emma reißt mir nicht den Kopf ab, weil ich mich einmische und es ist allein deine Entscheidung, aber ich habe mit einem Bekannten gesprochen. Er unterrichtet DGS an der VHS und er hat mir erzählt, dass er einen Assistenten sucht. Um es kurz zu machen: Er erwartet eine Nachricht von dir. Die Kurse würden samstags stattfinden. Nebenbei könntest du gleich die Seminare für dein Studium machen. Zum vergünstigten Preis", erklärte Dieter.

Er sah ihn mit großen Augen an und wusste nicht, was er sagen sollte, ehe er rausbrachte: „Danke. Wieso tust du das für mich?"

„Noch hast du die Stelle nicht. Ich habe nur gesagt, dass ich einen Hörenden kenne, der vielleicht für die Stelle geeignet wäre. Warum ich das tue, ist eine gute Frage. Ich glaube, auch ich möchte meinen Beitrag zur Barrierefreiheit leisten, wie du so schön gesagt hast", erwiderte Emmas Vater und fügte an: „Außerdem habe ich beim letzten Treffen festgestellt, dass Emma sich schwere Vorwürfe macht, dass du deinen Kellnerjob verloren hast. Was Blödsinn ist, aber ich sehe meine Tochter nicht gerne traurig. Zudem ist es mir ein Anliegen, dir unter die Arme zu greifen."

„Wieso?", fragte er.

„Du bist der Freund meiner Tochter, sie liebt dich, das ist unschwer zu erkennen. Außerdem ist sie glücklicher, seit sie mit dir zusammen ist. Damit gehörst du zur Familie und innerhalb einer Familie hilft man sich", stellte Dieter fest und er schluckte schwer.

„Danke. Mehr kann ich im Moment nicht dazu sagen", antwortete er ergriffen und Emmas Papa nickte.

„So, kannst du mal sehen, ob unsere Frauen schon so weit sind? Das Fleisch und die Würstchen sind fertig", stellte der fest und diesmal war es an ihm zu nicken.

Er ging in die Küche und versuchte, zu verarbeiten, was gerade passiert war. Das war unglaublich, oder? Als Emma ihn sah, strahlte sie ihn an und küsste ihn.

„Ich soll fragen, ob ihr so weit seid, denn das Fleisch und die Würstchen werden in diesem Moment vom Grill genommen", erklärte er und Emma nickte.

Zu dritt trugen sie die Salate auf die Terrasse und Uta erkundigte sich, ob sie ein Radler wollten. Sie verneinten in dem Moment, als Dieter mit dem Grillgut kam. Sie ließen es sich schmecken und plauderten über den nächsten Tag. Emma gab zu, dass sie so nervös war, dass sie die Wände hochgehen könnte und ihre Eltern beruhigten sie, dass alles gut gehen würde. Nur er war still. Die Worte von Dieter hatten ihn tief berührt. Er war ein Teil der Familie. Das war weit mehr, als er sich erhofft hatte. Um ehrlich zu sein, hatte er gedacht, er würde nie wieder Mitglied einer Familie sein, bis zu dem Moment, an dem er selbst eine gründete.

****

Emma registrierte, dass irgendwas mit ihm los war, doch sie wollte ihn nicht vor ihren Eltern fragen. Sie warf ihm immer wieder verstohlene Blicke zu und fragte sich, was in der Zeit passiert war, in der sie mit ihrer Mutter die restlichen Vorbereitungen getroffen hatte. Vermisste er seine Eltern? Hatte ihr Vater ihn angegriffen? Doch der sah zufrieden und glücklich aus. Aber was war mit ihrem Freund los?

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