2 - Nachwirkungen - Teil 3

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Sie konnte nicht genug bekommen von seinem Lächeln. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzten Polka oder sowas. Es ließ seine Augen noch mehr strahlen und er wirkte nicht so ernst. Er erschien jünger dadurch, denn wie 18 verhielt er sich nicht. Es musste etwas in seiner Vergangenheit passiert sein, dass er derart ernsthaft war. Die anderen Jungs in seinem Alter waren weitaus naiver. Doch bisher hatte er ihr nichts erzählt. Sie würde warten, ob er sich ihr öffnete.

Daniel berührte sie sanft am Arm und riss sie damit aus ihren Gedanken. Er fragte sie nochmal, ob sie Durst oder Hunger hätte, und sie nickte lächelnd. Während er den Inhalt seines Rucksacks zutage förderte, betrachtete sie sein Profil. Wieder hatte er die Stirn gerunzelt, wie so oft. Sie würde gerne wissen, was sich in seinem Kopf abspielte. Wenn sie schrieben, war es leichter. Sie wusste nicht, wie sie mit ihm sprechen sollte. So, dass er sie verstand. Ob es ihm genauso ging?

Er wandte sich zu ihr und sie las: „I' wus'e ni't, was 'u 'erne iss'."

Sie besah sich die Lebensmittel: Er hatte Baguette besorgt, ebenso wie Käsewürfel, Würstchen, frische Erdbeeren und Weintrauben und sie erwiderte, dass sie alles davon mochte. Er schien erleichtert zu sein. Er hatte sich wirklich Gedanken gemacht. Sie fasste nach einer Traube und steckte sie in ihren Mund, während sie beobachtete, wie er die Getränke aus der Tasche zog. Sie konnte nicht verhindern, dass sie die Stirn runzelte, und ehe sie sich wieder im Griff hatte, hatte er es bemerkt. Er hielt mitten in der Bewegung inne und sah sie fragend an. Sie wollte nicht mäkelig wirken. Er hatte sich solche Mühe gemacht.

„Tut mir leid. Alles ok", murmelte sie hastig, aber sie sah, dass er ihr nicht glaubte.

Was sich bestätigte, als er fragte: „Nein, irgendetwas ist doch. Also, was ist es?"

„Denke ich viel nach über Umwelt. War Reflex, weil versuche ich, Plastikmüll zu vermeiden. Denke immer, fängt im Kleinen an mit Umweltschutz. Aber ist ok. Kein Problem. Nur meine Meinung", gab sie zu und zuckte mit den Schultern.

„Ach so, weil die Einweg sind? Du hast Recht. Das ist nicht umweltfreundlich. Sollte ich darauf achten, oder?", meinte er und sie nickte schulterzuckend.

„Ist ok. Mein Ding. Meine Meinung. Du kannst haben deine eigene", scherzte sie und wieder fiel ihr auf, wie seine Augen funkelten, wenn er lächelte.

Er erwiderte grinsend, dass sie zu freundlich sei, und Emma wurde sich seiner Körperwärme jetzt allzu sehr bewusst. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch spielten völlig verrückt, als sie in seine blitzenden Augen sah.

‚Reiß dich zusammen, Emma!', schimpfte sie mit sich selbst und verfolgte, wie er ebenfalls eine Weintraube in seinen Mund schob.

Er hatte einen schönen Mund, dachte sie und wurde prompt knallrot. Wie kam sie nur auf solche blöden Gedanken. Sie warf ihm einen Seitenblick zu und bemerkte, dass er sie interessiert ansah. Sie brauchte irgendein unverfängliches Thema, über das sie mit ihm reden konnte, dachte sie und überlegte fieberhaft. Essen. Essen war harmlos, oder?

„Darf ich?", fragte sie und zeigte auf das Baguette.

Offenbar hatte sie die richtige Lautstärke getroffen, denn sein Kopf blieb da, wo er war. Nur ein neues Lächeln zupfte an seinen Lippen, während er ihr stumm das Brot reichte. Sie riss sich ein Stück ab und kaute darauf herum, als hätte sie noch nie welches gegessen. Sie war wirklich megaoberpeinlich. Aber seine Nähe machte sie schwindelig. So hatte sie noch nie empfunden. Die Unbeschwertheit war auch irgendwie weg. Wenn sie zu Hause gewesen war und sie per Laptop oder Handy gechattet hatten, hatten sie sich über Gott und die Welt unterhalten können, aber jetzt? Sie hatte keine Ahnung. War es vielleicht doch zu kompliziert? Sollte sie sich Daniel aus dem Kopf schlagen? Und wieso machte sie sich Gedanken? Sie wusste nicht mal, wie er darüber dachte.

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