9 - Debatten - Teil 2

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Als sie danach in seinem Arm lag, fühlte sie sich großartig. Sie hatten nicht miteinander geschlafen, waren sich aber definitiv näher gekommen. Sie hatte sich noch nie so gefühlt. Als wäre sie eine Kostbarkeit. Doch trotzdem nagte etwas an ihr, was sie nicht benennen konnte.

„Geht es dir gut?", erkundigte sich Daniel.

„Ich denke schon", lächelte sie.

„Aber?", fragte er.

„Ich wundere mich nur, wie ein Mensch das überleben kann", stellte sie fest und Daniel grinste.

„Was genau meinst du denn?", hakte er nach.

„Die ganzen Gefühle, die in einem hochsteigen und sich zu einem Wirrwarr mit den Empfindungen mischt. Ich dachte, ich würde gleich mein Herz ausspucken, weil es so schnell klopfte, natürlich kurz bevor ich ersticke, weil mir der Atem stockte", gebärdete sie lächelnd und er lachte auf.

„Sehr bildhaft beschrieben, aber voll auf den Punkt", erklärte er, wurde ernst und fügte an: „Da das Gespräch mit deinen Eltern ein Erfolg war, fährst du nach Hause, oder?"

„Ich hab sie gefragt, ob ich noch eine Weile bei dir bleiben darf. Wenn es für dich ok ist. Falls ich dich nicht störe, denn sie haben zugestimmt", erwiderte sie und sah, dass Daniel strahlte.

„Ja, bitte bleib. Mit dir ist die Wohnung ein Heim, du füllst sie mit Leben", erklärte er und küsste sie.

„Gut. Ich musste ihnen allerdings versprechen, dass wir sie besuchen. Du hast sie beeindruckt. Sie wollen dich jetzt unbedingt kennenlernen", stellte sie fest.

„Das machen wir. Aber jetzt hab ich Hunger. Und du auch, dein Magen grummelt", sagte er und ließ sie offenbar widerwillig los.

„Darf ich vorher noch duschen?", fragte sie und Daniel nickte.

„Wieso solltest du nicht dürfen? Ich bereite derweil schon mal Abendbrot vor", erklärte er.

Sie drückte ihm einen Kuss auf und gebärdete: „Danke. Dafür, dass du mir verzeihst, obwohl ich ein Arsch bin. Dafür, dass du so geduldig mit mir bist und dafür, dass ich dich belagern darf."

„Du bist es wert", erwiderte er und küsste ihre Nasenspitze.

Sie lächelte und stand auf. Ihr wurde schwindlig. So stark, dass sie sich festhalten musste, um nicht wegzuknicken. Sofort war Daniel auf den Beinen und sah sie besorgt an.

„Hey, hey, was ist denn jetzt los?", fragte er besorgt.

„Nichts weiter. Eine Schwindelattacke. Nichts Ungewöhnliches. Ich bin nur zu schnell aufgestanden. Außerdem hab ich noch nichts gegessen und getrunken hab ich heute auch nicht viel. Kommt manchmal vor, wenn man gehörlos ist. Kein Drama. Schon vorbei. Du kannst mich loslassen", erklärte sie peinlich berührt, dass er sie so gesehen hatte.

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„Wie, du hast heute noch nichts gegessen? Und was heißt hier kein Drama? Du bist fast umgekippt", erwiderte er und sah sie zweifelnd an.

„Morgens hatte ich keinen Appetit, weil ich aufgeregt war, wegen des Termins in der Klinik und später bin ich einfach nicht dazu gekommen, etwas zu essen. Kein Drama deswegen, weil es zu Schwindel- und Übelkeitsattacken kommen kann, wenn man gehörlos ist. Liegt am Gleichgewichtssinn, der meistens gestört ist, weil er im Ohr sitzt. Aber es ist nicht schlimm. Du kannst mich also wirklich loslassen", erläuterte sie und Daniel kam ihrer Aufforderung nach, blieb jedoch vorsichtshalber neben ihr stehen.

„Jetzt hör auf, mich so anzusehen. Du gibst mir das Gefühl, als wäre ich wirklich behindert. Es ist alles gut. Ich habe meinen Gleichgewichtssinn wirkungsvoll trainiert. Mit Reiten, Fahrrad fahren und so weiter. Ich sollte nur nicht über ein zwischen zwei Hochhäusern gespanntes Seil balancieren. Es ist nicht so schlimm. Wenn ich was gegessen habe, ist es endgültig weg", erläuterte Emma und sah unwillig drein.

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