13 - Die Reise - Teil 2

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Die folgenden Tage liefen alle ähnlich ab. Nachdem Emma ihren Liebsten am nächsten Tag total zerknautscht auf dem Sessel vorgefunden hatte, hatte sie ihn vorsichtig geweckt und war zur Seite gerückt, damit er sich hatte an sie kuscheln können. Das hatte die Krankenschwestern amüsiert. Sie hatten daraufhin angeboten, ein Beistellbett ins Zimmer zu schieben, doch sie hatte darauf bestanden, dass ihr Liebster künftig in seinem bequemen Bett schlief. Nicht, dass sie sich nicht darüber freute, dass er zu jeder Zeit bei ihr sein wollte, aber er brauchte seinen Schlaf genauso. Entspannten Schlaf und keinen, wo in der Nacht mehrmals die Tür aufgerissen und nach ihr gesehen wurde. Aber dank der besseren Medikation ging es ihr schon am nächsten Tag bedeutend besser. Was auch Daniel registrierte, wie ihr auffiel. Denn auch er wirkte jetzt wieder ausgeglichener.

Also war ihr Liebster am nächsten Abend mit ihren Eltern heimgefahren und sie hatten noch ein bisschen geschrieben, ehe sie geschlafen hatten. Doch schon am nächsten Morgen schlich Daniel mit einem kleinen Strauß Wiesenblumen herein. Er war so süß. Sie liebte ihn wirklich. Wenn er sie aus seinen blauen Augen mit diesem Blick ansah, dann wurde ihr immer noch schwindlig. Vor Glück. Das hatte nichts mit ihrem Ohr zu tun. So war das jetzt jeden Tag gewesen. Gott sei Dank waren Ferien, denn Daniel war es zuzutrauen, dass er weiterhin von der Schule zu Hause blieb, nur um ihr beistehen zu können.

Auch Melina und Ben hatten sie am Wochenende besucht und ihre Freundin hatte immer noch so besorgt dreingesehen, dass sie etwas gebraucht hatte, diese zu beruhigen. Doch es ging ihr von Tag zu Tag besser. Sie durfte nicht schnäuzen, fühlte sich teilweise noch schwach, ihr war oft schwindlig und da sie jetzt wieder leichtere Schmerzmittel nahm, hatte sie manchmal ein Kopfbrummen. Doch das war nichts zum Vergleich mit den Schmerzen, die sie anfangs gehabt hatte. Mit Daniel und ihren Eltern machte sie jeden Tag einen kleinen Spaziergang und genoss die Sonne auf der Terrasse bei einem Eis. Allerdings hatte sie noch ein bisschen Schmerzen beim Kauen. Doch sie schmeckte und verleibte sich einfach weichere Speisen ein. Davor hatte sie doch Angst gehabt. Denn bei der OP hätten der Geschmacks- oder der Gesichtsnerv verletzt werden können, doch es war alles gutgegangen.

Der Antrag auf ihre ambulante Reha war auch schon raus. Sie hatte nicht in eine Klinik gewollt. Sie hatte bei Familie und Freundin und vor allem bei Daniel sein wollen. Ihren Termin zur Erstaktivierung des Sprachprozessors hatte sie jetzt auch. Noch knapp dreieinhalb Wochen. Dann würde sich zeigen, ob sie hörte. Die Signale wurden jedenfalls ans Hirn weitergeleitet. Jetzt musste es diese nur noch verarbeiten. Sie hatten ihr gesagt, dass sie sich nicht zu früh freuen oder zu schnell aufgeben solle, denn das war völlig neu für ihr Gehirn. Es würde dauern. Doch Emma war bereit, zu warten. Also zumindest würde sie versuchen, ihre Ungeduld zu zügeln.

Heute wurde sie entlassen und ihre Eltern hatten sie gefragt, ob sie nach Hause käme. Sie hatte verneinen wollen. Es waren Ferien und diese Zeit wollte sie mit Daniel verbringen. Das hatten diese offenbar gemerkt, denn sie hatten sofort vorgeschlagen, dass ihr Liebster logischerweise auch die Zeit bei ihnen bleiben konnte. Bis zum Ende der Ferien. Und danach könne man nochmal darüber reden. Nachdem sie einen Blick mit Daniel gewechselt und in seine strahlenden Augen gesehen hatte, hatte sie zugestimmt.

Sie schaute auf ihre verschränkten Finger und grinste. Er saß neben ihr, weil er noch vor dem Frühstück mit einer großen Tasche aufgetaucht war. Er bräuchte die nächsten Tage schließlich Klamotten hatte er gelächelt und sie merkte ihm an, dass er sich freute, dass er die restlichen Ferien noch mit ihr verbringen konnte. Er hatte ihr gegenüber zwar auch zugegeben, dass er ein bisschen Bammel hatte, schließlich zog er quasi ein und das war für ihn eine komische Situation. Erstens hatte er lange nicht mehr in einem Familienverbund gelebt und zweitens war er überrascht, dass ihre Eltern dieses Angebot gemacht hatten.

Sie verstand ihn. Doch sie hatte ihm gesagt, dass ihre Eltern ihn als Teil der Familie ansahen. Das hatte ihn spürbar aus der Fassung gebracht. Sie merkte immer wieder, wie sehr es ihm fehlte, Eltern zu haben. Er war ein Familienmensch, so wie es aussah. Das gefiel ihr allerdings sehr. Überhaupt wirkte er nicht mehr so verbissen. Er wirkte irgendwie gelöster. Daran hatte bestimmt auch die Tatsache Anteil, dass er von ihrem engsten Umfeld so akzeptiert wurde, wie er war. Und dass er sich nicht weiter den Hintern abarbeiten musste, um ein Auskommen zu haben. Der Job, den ihr Vater ihm verschafft hatte, machte ihm sichtlich mehr Spaß und war für das gleiche Einkommen weniger zeitintensiv.

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