61 - Kugelsichere Nester Pt. II

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Kapitel 61 – »Kugelsichere Nester Pt. II«


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»We keep this love in a photograph
We made these memories for ourselves
Where our eyes are never closing
Hearts are never broken
And time's forever frozen, still«

Photograph – Ed Sheeran

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Es dauerte eine Weile und mindestens zwei Gläser Wein, bis Jimin sich dazu bereiterklärte, mir eine Führung durch Hoseoks und sein Zimmer zu geben. Ich hatte ihn nicht darum gebeten, aber innerlich wahrlich darauf gebrannt, es zu sehen. Es war ein Teil von ihm, den ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Ein eigenes Zimmer. Auch wenn er sich dieses noch mit einer Person teilte, so war es doch mehr etwas, was ihm alleine gehörte. Zumindest die linke Hälfte des Raums, die sich direkt an der Fensterfront befand.

Zum ersten Mal sah ich Dinge, die er sich als Einrichtung in seine Regale gestellt hatte. Kleine Erinnerungsstücke an Reisen, Fotorahmen mit Bildern von ihm und seiner Familie, ein paar Bücher und sogar ein alter Plattenspieler. Über dem Bett hing eine große Schwarzweißaufnahme von ihm beim Stand-Up-Paddling. Das Einzige, was noch an die alte Zeit erinnerte, war die immer noch himmelblaue Bettwäsche.

Das, was jedoch letztendlich am meisten meine Aufmerksamkeit erregte, befand sich etwas versteckt in seinem Regal. Und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als ich realisierte, worum es sich dabei handelte. Es war die alte Polaroid-Kamera, die ich ihm damals zu seinem Geburtstag geschenkt hatte. Dort stand sie fein säuberlich, als wäre sie nicht einfach nur abgestellt worden, sondern mitunter selbst ein Teil des dekorativen Touchs.

»Du hast sie immer noch?«, fragte ich ihn leise und deutete dabei auf die Kamera.

Jimin nickte mit einem kaum merklichen Lächeln und ging auf das Regal zu. Seine Finger wanderten aber nicht zu dem Gerät, sondern zu einem der Bücher, das sich eine Etage tiefer zwischen andere seiner Art reihte. Als er damit auf mich zukam, erkannte ich, dass es sich bei dem Einband um nichts Geringeres als ein Fotoalbum handeln musste. Als er es vor meinen Augen aufschlug, wurde mir dieser Gedanke bestätigt. Es war vollgeklebt mit Polaroids, die er wohl über die letzten Jahre geschossen hatte.

Es wunderte mich nicht, dass es meistens Taehyung und Jungkook waren, die mir von den Bildern Grimassen entgegenschnitten. Zu ihnen gesellten sich Landschaftsfotografien, einige unbemerkte Aufnahmen der anderen Members, aber auch viele unbekannte Gesichter. Der Ähnlichkeit nach musste es sich dabei auch um Jimins Familie handeln.

Insgesamt rührte es mich ungemein, dass er die Kamera so intensiv über die letzten Jahre genutzt hatte. Bei einem impulsiven Menschen wie Jimin hätte ich eigentlich darauf gewettet, dass er sie nach unserem Streit nicht mehr anrühren würde. Doch hier stand ich nun. Im Dorm von BTS. Und blätterte durch ein Fotoalbum mit Polaroids aus einer Kamera, die ich ihm einmal zum Geburtstag geschenkt hatte.

Jimin zeigte mir noch einige weitere Dinge in seinem Zimmer. Erinnerungsstücke an die Länder, die er inzwischen schon bereist hatte, kleine Fangeschenke und Fotos, die er mit seinen anderen Kameras – zu denen inzwischen einige zählten – geschossen hatte. Ich verbrachte einige Minuten damit, die teuren Modelle zu inspizieren, für die ich selbst niemals das Geld aufbringen können würde. Ein wenig wehleidig machte mich diese Tatsache schon, doch auch Jimin schien es offensichtlich ein wenig unangenehm zu sein. Immerhin war ihm bewusst, dass sich hier gerade jemand seine Sammlung ansah, der einen Studienabschluss in Fotografie besaß.

serendipity - ͏after all this time...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt