55 - Panzerlose Schildkröten

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Kapitel 55 – »Panzerlose Schildkröten«


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»And all I can taste is this moment
And all I can breathe is your life
And sooner or later, it's over
I just don't wanna miss you tonight

And I don't want the world to see me
'Cause I don't think that they'd understand
When everything's made to be broken
I just want you to know who I am«

Iris – The Goo Goo Dolls

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Sa., 23. Juni 2013

Moonhee


Ich war ein Feigling. Ein elendiger, nichtsnutziger Feigling. Das wusste ich spätestens jetzt, wo ich mich seit fast zwei Wochen davor drückte, bei Yoongi mit der Sprache rauszurücken. Was tat ich stattdessen? Richtig... Ich ging ihm aus dem Weg.

Als Jimin und ich am Abend ihres Debüts wieder zurück ins Wohnzimmer gegangen waren, hatte Yoongi gar nicht mehr aufgehört, mich anzustarren. Auch war er den Rest des Abends noch stiller gewesen als sonst. Er hatte sogar vergessen, seine symbolische letzte Zigarette zu rauchen. Und ich war natürlich nicht so weit gegangen, ihn daran zu erinnern. Um genau zu sein, hatte ich an diesem Abend kein Wort mehr mit ihm gewechselt. Und er war auch nicht zu mir gekommen, um mir anzubieten, mich nach Hause zu fahren...wie er es eigentlich sonst immer tat.

Nicht, dass es danach noch viel Gelegenheit gegeben hätte, um ihm von Jimin und meinem Gespräch zu erzählen. BTS war von ihrem Debüt-Programm komplett eingenommen und raste tagtäglich von einer Show zum nächsten Radio-Interview und von dort dann zu Fotoshootings. Es war, als wäre ihr normaler Alltag über Nacht gestorben. Yoongi hatte mich nach jenem Abend nur zweimal nach ein bisschen Zeit zu zweit gefragt. Ich wusste nicht, ob es ihm dabei um ein Gespräch oder unsere üblichen Sessions gegangen war, aber ich hätte dafür in den Dorm kommen müssen. Zumindest hatte er es so klingen lassen. Ich wusste nicht, ob ihnen inzwischen das Auto ihres Managers wieder zur Verfügung stand.

Ich war jeden von Yoongis Einladungen mit fadenscheinigen Ausreden aus dem Weg gegangen. Unter anderem deswegen, weil Jimin mich parallel auch immer wieder darum bat, vorbeizukommen. Hauptsächlich aber, weil ich mir vor Angst fast in die Hosen machte. Ich wollte nicht, dass Jimin sah, wie ich mit Yoongi alleine zum Reden verschwand. Genauso wenig wollte ich, dass dem Rapper unter die Nase gerieben wurde, dass Jimin und ich uns wieder näherkommen wollten. Beides war aber unvermeidlich, wenn ich demnächst einen Fuß in ihre Wohnung setzen würde, wo die sieben Jungs nach wie vor dicht auf dicht lebten.

Es war ein Dilemma höchsten Grades und ich stellte mich dabei so bescheuert an. Ja, ich wollte Yoongi gerne die Wahrheit sagen und die Sache zwischen uns zu einem fairen Ende bringen. Und ja, ich wollte Jimin sehen und mit ihm Zeit verbringen! Aber wie sagte man immer so schön? Man kann nicht alles haben. Letztendlich würde die Wahrheit einen Weg finden. Nun lag es nur an mir, wann und auf welche Weise es passieren sollte.

Nun schrieben wir den Samstag, über eine Woche nach ihrem Debüt bei M Countdown und ich schaffte es endlich, einen kleinen Tippelschritt in die richtige Richtung zu wagen. Ich hatte Yoongi eine Nachricht geschickt. Mit der Erinnerung, dass wir noch die letzte Zigarette nachholen mussten. Ich hoffte dabei inständig, dass das Grund genug sein würde, mit einem Vorwand für eine Weile mit ihm im Bad zu verschwinden, ohne dass irgendwer (oder besser gesagt Jimin) sich dabei etwas Falsches dachte.

serendipity - ͏after all this time...Where stories live. Discover now