59 - Von hallenden Wänden und zerbrechlichen Gesprächen

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Kapitel 59 – »Von hallenden Wänden und zerbrechlichen Gesprächen«


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»Is it cool that I said all that?
Is it chill that you're in my head?
'Cause I know that it's delicate
Is it cool that I said all that
Is it too soon to do this yet?
'Cause I know that it's delicate«

Delicate – Taylor Swift

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»Das kann doch jetzt echt nicht dein Ernst sein, Unnie.«

Meine Stimme hallte in den leeren Räumen des Apartments wider, in denen sich noch kein einziges Möbelstück befand. Auch die Wände waren kahl, weiß und ohne jeglichen Charakter. Ganz im Gegensatz zu den zwei fast komplett aus Glas bestehenden Seiten des Wohnbereichs. Die Fenster reichten nicht ganz bis zum Boden und waren noch in Abschnitte unterteilt, die man tatsächlich öffnen konnte. Seouls Skyline erstreckte sich vor uns wie eine graue Spielzeugstadt im hauchzarten Smogmantel.

»Wie findest du es?«, grinste Sohee und drehte sich auf dem aus hochwertigem dunklem Holz bestehenden Boden. »Ich habe am Wochenende den Kaufvertrag unterschrieben.«

Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus, während ich ein Zimmer nach dem anderen inspizierte. Die Wohnung, gelegen im 34. Stock in einem der wohl modernsten Apartment-Komplexe des Seocho-gus, war mit ihren zwei Zimmern gar nicht mal so groß. Trotzdem fühlte man in jedem Zentimeter, dass sie ein Schweinegeld gekostet hatte. Ob man jetzt den schönen Balkon oder die offene moderne Küche mitzählte, oder nicht.

»Heißt das, du ziehst jetzt aus dem Dorm aus?«, fragte ich meine Schwester, während meine Finger über die schwarze Marmorplatte der Kochinsel strichen.

Sohee lachte schallend auf und alle Wände gaben es gespenstisch wieder. »Natürlich nicht, Dummerchen. Ich habe mir dieses Apartment als kleinen...nun ja...Rückzugsort gekauft. Du weißt schon...wenn es mir mal zu viel wird mit fünf anderen Mädels, die inzwischen alle fast zeitgleich ihre Periode bekommen." Sie schlich geistesabwesend an mir vorbei und blieb letztendlich an der einen der beiden Fensterfronten stehen. „Achso...und ich habe es natürlich gekauft, damit du endlich alleine wohnen kannst. Wenn man meine seltene Anwesenheit mal nicht mitzählt.«

Ich riss bei diesem fast schon beiläufigen Kommentar meinen Kopf herum, genauso wie meine Hand von der Arbeitsplatte. »Was hast du gesagt?!«

Die blauen Haare meiner Schwester flatterten, als sie sich schwungvoll umdrehte und mich scheinheilig anlächelte. »Oh ja, Moonilein. Du hast mich schon richtig verstanden.«

»Nein«, antwortete ich schlicht und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ein ganz klares Nein.«

Sohee verdrehte die Augen. »Ach komm schon, jetzt stell dich nicht so an. Ich weiß, wir hatten diese Diskussion schon und du wolltest was Kleines, was du dann, wenn du deinen ersten Job hast, selbst finanzieren kannst. Ich hätte diese Bude aber auch ohne dich gekauft. Es wäre so eine Verschwendung, wenn sie die meiste Zeit leer steht. Außerdem ist sie gekauft. Das heißt, man zahlt keine Miete, nur Strom und Wasser.«

»Ich weiß, was das heißt«, giftete ich sie an und fühlte mich auf der Stelle wie ein trotziges Kind. »Ich kann das trotzdem nicht annehmen. Das ist zu viel, Sohee. Und ich will mir meine Unabhängigkeit selbst erarbeiten...«

serendipity - ͏after all this time...Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang