07 - Einmal quer durch Seoul, bitte

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Kapitel 7 – »Einmal quer durch Seoul, bitte«


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»But if you sing along
A little fucking louder to a happy song
You'll be just fine 'cause

Every now and again we get that feeling
And the great big void inside us opens up
And I really wish that you could help
But my head is like a carousel
And I'm going round in circles
I'm going round in circles«

Happy Song – Bring Me The Horizon

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Sa., 22. September 2012

Moonhee


Zum zwanzigsten Mal checkte ich den Akku meiner Spiegelreflex-Kamera, der mir nur zum zwanzigsten Mal zeigte, dass er vollgeladen war. Auch die SD-Karte schien den dafür vorgesehenen Schlitz auch nach mehrmaligem Nachschauen noch nicht auf mysteriöse Weise verlassen zu haben. Seufzend packte ich das schwere Gerät in meinen Rucksack, zusammen mit einer Wasserflasche, einem Cardigan und all dem anderen Kleinkram, den man unterwegs gebrauchen konnte. Dabei wusste ich nicht einmal, wo Taehyung uns heute hin entführen wollte.

Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel. Das schwarze Top und die zerschlissene Boyfriend-Jeans zeugten nicht gerade von Kreativität, doch ich musste schließlich auch irgendwas tragen, womit ich tanzen konnte. Und in Jogginghosen wollte ich heute wirklich nicht rumlaufen. Meine Haare hatte ich, wie immer, geglättet und zu einem hohen Zopf gebunden. Es fühlte sich schräg an, da ich so mein Gesicht für den Notfall nicht hinter einem Vorhang verstecken konnte...doch für sportliche Aktivitäten war es so eindeutig bequemer.

Wäre Sohee da gewesen, hätte sie mich sicher darüber ausgefragt, wo ich hinwollte, doch ein Glück hatte sie heute Extrastunden mit den anderen Trainees. Ihr Bett stand leer und verlassen auf der anderen Seite unseres gemeinsamen Zimmers, dank dem ich so gut wie keine Privatsphäre mehr besaß. Himmel, war ich froh, wenn sie endlich in ihrem Dormitory, oder wie sie es nannte, einzog. Dann würde dieses ohnehin schon ziemlich kleine Zimmer endlich mir alleine gehören.

»Ich bin dann weg«, rief ich meinen Eltern in der Küche zu, ehe ich in meine Vans schlüpfte und, ohne eine Antwort abzuwarten, die Wohnung verließ. Ich hatte den beiden erzählt, ich würde mich mit Chaewon treffen. Niemals durften sie herausfinden, dass neben ihr heute auch zwei Jungs mit von der Partie waren. Schulprojekt hin oder her. Koreanische Eltern konnten in dieser Hinsicht die Hölle sein. Und ganz besonders meine.

Schnell stürzte ich unser Treppenhaus hinunter, wobei ich mal wieder dem Schicksal dankte, dass unsere Wohnung »nur« im vierten Stock lag. Dem Fahrstuhl dieses Gebäudes traute ich nicht. Unten angekommen begrüßte mich die warme spätsommerliche Luft und eine milchige Wolkendecke, durch die die Sonne schien. Perfektes Wetter, um Fotos zu schießen.

Ich verlor nicht viel Zeit und machte mich auf den Weg zur nahegelegenen U-Bahn-Haltestelle Tsukseom, um die nächste Verbindung der Linie 2 zur Seoul National University im Gwanak-gu zu nehmen. Fast 17 Stationen musste ich passieren, bis ich endlich dort ankam. Immerhin würden Jimin und Taehyung in Seocho und Chaewon kurz darauf an der Sadang-Station zusteigen. Das hieß, solange ich ihnen rechtzeitig sagte, in welcher U-Bahn ich mich befinden würde.

Kaum hatten meine Beine mich vom stinkenden unterirdischen Bahnhof in den klimatisierten grünen Waggon getragen, schlossen sich auch unter lautem Piepen die Türen hinter mir und das Gefährt setzte sich in Bewegung. Bald schon hüllten sich die Fenster nur noch in die Dunkelheit der Tunnel und die Spiegelungen der Innenraumbeleuchtung und das dumpfe Rattern der Räder auf den Gleisen erfüllte die Luft.

serendipity - ͏after all this time...Where stories live. Discover now