Kapitel 26 - I can still recall our last summer

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Das Autoradio knisterte in der Stille der Nacht, das leise Surren des Motors und die sich unentwegt drehenden Reifen waren alles was sonst noch zu vernehmen war. Während der Fahrt warf ich ihr immer wieder einen verstohlenen Blick zu, doch keinen davon erwiderte sie. Sie blickte stur auf die Straße vor sich und ich kämpfte gegen die leicht vernebelte Sicht an, denn in der letzten Stunde war es dann doch nicht nur bei einem Glas Wein geblieben. „Ich sollte meinen Freunden schreiben", sagte ich mehr zu mir selbst als zu Sophie, da sie nicht sonderlich gesprächig schien. „Mach das lieber, nachher machen sie sich Sorgen", antwortete sie und überraschte mich damit. Ich tippte entschuldigende Worte an Daria und Annalena, die beide überhaupt nicht begeistert von meinem Abgang waren, deshalb entschied ich mich, Daria mehr zu verraten, sodass sie Annalena eine Ausrede auftischen konnte. Daria würde Verständnis haben und für mich einstehen, auch wenn es der Geburtstag ihres Freundes war. Sie hatte mitbekommen wie es mir in der letzten Woche erging und anstatt mir vorzuhalten, sie hätte es mir ja gesagt, wich sie mir nicht von der Seite. Wir bogen in das Neubaugebiet ab, durch welches ich Tag für Tag fuhr und immer wieder die neuen Häuser bestaunte. Hier wohnte sie also? Wieso wunderte es mich überhaupt? Sie fuhr immer langsamer, bis sie vor einem weißen Neubau stehen blieb, die Auffahrt war noch nicht richtig befestigt und bestand aus losem Schotter. Mittelhohe Lampen umsäumten die Schotterauffahrt, aber auch diese schienen noch nicht angeschlossen zu sein. In der Dunkelheit war es schwer auszumachen, aber es sah aus, als würden lose Kabel aus den Seiten hervorkommen. „Da wären wir", murmelte Sophie und ihre Stimme zitterte leicht, „Wir müssen leise sein, die Mädchen schlafen oben." „Okay", antwortete ich noch verunsicherter als zuvor und stieg aus dem Auto aus. Ich schloss die Autotür so leise es ging, folgte Sophie zur grauen Haustür, in der mehrere Milchgläser eingelassen waren und wartete, bis sie die Tür aufgeschlossen hatte.

Als wir eintraten traf mich ein gewohnter und doch unbekannter Geruch, so hatte jede Familie einen Eigengeruch, aber dieser erinnerte mich doch sehr an Sophie. Ich machte es Sophie nach, zog meine Schuhe aus, hängte meine Jacke an der metallenen Garderobe auf und folgte ihr ins leicht erleuchtete Haus hinein. Wir gingen durch einen offenen Flur ins Wohnzimmer, in dem ein kleines Licht brannte. Sophie legte einen Finger an ihre Lippen und deutete auf die Küche: „Macht es dir etwas aus, dort kurz zu warten?" Mit fragendem Blick nickte ich und Sophie zeigte auf eine Tür, die noch geschlossen war. Leise öffnete ich diese und schlüpfte in die Küche hinein, Sophie schloss die Tür hinter mir. Ich hielt vor lauter Aufregung den Atem an und sah mich verstohlen in der dunklen Küche um. Ein leises Ticken verriet mir die Anwesenheit einer Wanduhr, die Digitalanzeige vom Herd leuchtete rot und gab mir die Umrisse einer Kücheninsel preis. „Jenny?", hörte ich Sophie leise rufen und alles in mir erstarrte. Reflexartig wich ich an eine Wand und drückte mich dagegen. Wer war diese Jenny? „Ah, Frau Fischer", ein junge Mädchenstimme ertönte und ich versuchte auszumachen, ob ich sie kannte, doch durch die Tür war das schwer zu beurteilen, „Die beiden schlafen friedlich." „Sehr schön", ich hörte etwas rascheln und dann fuhr Sophie fort, „Ich danke dir, komm gut nach Hause, ja?" „Aber natürlich. Bis zum nächsten Mal!", erwiderte Jenny und ich hörte Schritte und kurz darauf die Haustür, die leise geschlossen wurde. Keine zwei Sekunden später öffnete sich die Tür zur Küche und Sophie schaltete das Licht ein. Als sie mich an der Wand gepresst dastehen sah, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht: „Das war die Babysitterin von Lena und Luisa, sie passt seitdem wir hier wohnen immer mal wieder auf die beiden auf." „Okaaaay", ich schluckte die restlichen Fragen hinunter und begutachtete nun die Küche. „Möchtest du etwas trinken?", nuschelte Sophie, holte zwei Gläser aus einem Schrank und fragte, „Ich habe Cola, Wasser und Eistee im Haus. Worauf hast du Lust?" „Wein steht wohl nicht zur Debatte?", erwiderte ich grinsend und Sophie schüttelte den Kopf. „Nein, keinen Alkohol", sagte sie nur und blickte mich fragend an. „Ich nehme Eistee, danke", ich beobachtete, wie sie den amerikanischen Kühlschrank öffnete, Eistee hervorholte und die Gläser damit befüllte. Die Küche war wunderschön, die Theken waren grau, während der Fliesenspiegel darüber in weiß war. In der Mitte stand die Kücheninsel, die ich bereits erahnt hatte und worauf nun unsere zwei Gläser standen. Eine große Palme stand am Rand der Küche und daran angebunden war das Esszimmer, welches nicht direkt mit dem Wohnzimmer verbunden war, was ich besonders schön fand. Ich persönlich mochte das Konzept einer offenen Wohnküche nicht und war erstaunt, es bei Sophie nicht vorzufinden, denn die meisten neuen Häuser setzten auf dieses Konzept. „Habt ihr das Haus so gekauft, oder selbst gebaut?", fragte ich neugierig nach und nahm das Glas entgegen, das sie mir vor die Nase hielt. Sie atmete einmal tief aus und erwiderte: „Gekauft. Die Besitzer, die das Haus gebaut haben, konnten den Kredit nicht tilgen, weshalb sie das Haus aufgegeben haben, bevor sie überhaupt eingezogen sind." „Da haben sie aber ganz schön Geld verloren", sagte ich und wanderte um die Insel herum, „Aber dir gefällt das Haus?" Sophie nippte von ihrem Eistee und beobachtete jeden meiner Schritte. Ich sah ihr an, dass sie selbstkritisch darüber nachdachte, ob es gut war, mich in ihrem Haus zu sehen. Vermutlich hinterfragte sie ihre eigene Entscheidung, denn wirklich glücklich sah sie nicht damit aus, dass ich hier war. „Wir wären nicht hier eingezogen, wenn mir das Haus nicht gefallen hätte", erwiderte sie und seufzte, „Ich..." „Wir können auch rausgehen, wenn du nicht hier drinnen sein willst. Ich würde es verstehen", kam ich ihr zuvor und zuckte mit den Schultern. Ihre Augen weiteten sich ein wenig und ihre Wangen nahmen einen zarten Rosaton an, doch sie schüttelte sanft den Kopf: „Es ist sehr kalt draußen und ich finde es schön, dich bei mir zu Hause zu haben. Allerdings sind die Kinder oben und ich hoffe einfach mal nicht, dass sie aufwachen und runterkommen. Ich glaube sie würden dich erkennen." „Dann sind wir wohl besonders leise, oder?", wisperte ich und blieb vor einem Bilderrahmen stehen, in dem mir die kleine Familie von Sophie entgegenstrahlte. Ein Stich in mein Herz zeigte mir, dass mir nur allzu bewusst war, was für sie auf dem Spiel stand. Und auch für mich.

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt