Kapitel 13 - Deep inside both of us can feel the autumn chill

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Nervös zupfte ich an meinem Hemd, welches ich zuvor akribisch in den Bund meiner Hose gestopft hatte, um so meinen Style zu komplettieren. Heute würde ich Sophie wiedersehen und nun war ich auch auf ein Wiedersehen vorbereitet, ich wollte ihr zeigen, wen sie dort eigentlich vor sich sitzen hatte. Oder machte ich all dies, weil ich die Bestätigung wollte, dass Sophie mich interessanter als Greta fand? Diese schickte mir bereits am frühen Morgen ein Bild von ihrem Outfit, welches ziemlich tief blicken ließ. Alles was ich in dem Moment verspürte als ich ihr Bild sah, war Wut, Fassungslosigkeit und Eifersucht. Wieder einmal. Greta und ich hatten uns in der Vergangenheit geschworen, niemals auf die gleiche Frau zu stehen, aber bisher verschwieg ich Greta mein Verlangen nach Sophie, sie wusste ja nicht mal, dass unsere Lehrerin die Sophie war. Selbst wenn sie es wüsste, ob es sie davon abhalten würde, unserer Lehrerin eindeutige Signale zu senden? Ich liebte meine beste Freundin über alles, aber wenn es um einen potenziellen Partner ging, verstand sie keinen Spaß – sie ging über Leichen. Irritiert schüttelte ich den Kopf und hielt mir vor Augen, dass sie mit unserer Lehrerin niemals eine Chance hatte. Aber hatte ich eine Chance? Bestand eine reelle Chance zwischen mir und Sophie? Oder sollte ich mich daran zurückerinnern, was sie damals auf Gran Canaria zu mir sagte – da machte sie jegliche Hoffnung mit ihren Worten zunichte und ich war mir sicher, sie hatte es auch genauso gemeint. Allerdings ahnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht, dass sie mal als meine Lehrerin fungieren würde. Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel, legte mir eine silberne Gliederkette um und machte mich auf dem Weg nach unten.

Meine Eltern saßen wie gewöhnlich bereits am Küchentisch und tranken genüsslich ihren schwarzen Kaffee. Meine Mutter sah auf als ich meinen Rucksack neben den Stuhl fallen ließ und mich das erste Mal in dieser Woche zu ihnen gesellte: „Schick siehst du aus..." An ihrem Unterton hörte ich genau, dass noch mehr kommen würde. Auch mein Vater blickte von seiner Zeitung auf, musterte mich für einige Sekunden und nickte dann: „Da gebe ich deiner Mutter Recht." „Danke", nuschelte ich und hoffte, mich geirrt zu haben. „Hast du dich etwa für jemand bestimmtes schick gemacht?", setzte meine Mutter nun ihre Gedanken fort und ich stöhnte innerlich auf, „Für Lauren vielleicht? Habt ihr mal wieder geredet?" „Nein", schoss es sofort aus mir heraus, da ich nicht wollte, dass Lauren ständig Thema war, „Ich habe es einfach für mich getan." „Okay...", antwortete nun mein Vater, da meine Mutter leicht eingeschnappt war, „Ist ja auch immer gut, wenn man all das nur für sich tut." „Hm", murmelte ich und schmierte mir ein Brötchen mit Erdbeermarmelade. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, dass ich diesen Aufriss im Endeffekt doch für eine Frau veranstaltete und nicht für mich selbst. Mein Vater predigte immer die Selbstliebe, man solle sich selbst lieben und zelebrieren. Sich nicht für andere, sondern für sich selbst schick machen. Ich liebte seine Ansichtsweise, denn diese Denkweise schien in meiner Generation leider Mangelware zu sein. Ich sah aus dem Augenwinkel wie besorgt mein Vater mich musterte, aber ich war nicht dazu bereit, etwas von meiner Gefühlslage preiszugeben. „Ich sollte los", sagte ich stattdessen und packte mir mein Essen für die Schule zusammen. „Bist du heute rechtzeitig zum Essen hier?", fragte mich meine Mutter, während ich meine Schuhe anzog. „Ja bin ich", sagte ich und ahnte zu diesem Zeitpunkt nicht, dass diese Aussage nicht stimmte.

Nervosität, zitternde Knie, abschweifende Gedanken und eine innere Unruhe beschrieben wohl meinen Zustand vor unserem erneuten Zusammentreffen am besten. Greta, die neben mir stand und Timo etwas von ihrem Urlaub erzählte, schien die Ruhe selbst zu sein. Allerdings führte ich mir vor Augen, dass sie auch keine gemeinsamen Erfahrungen mit Sophie besaß und auch keinerlei Konsequenzen fürchten musste. Je länger ich vor der Unterrichtsstunde über uns nachdachte, umso mehr wurde mir bewusst, dass Sophie vermutlich handeln würde und ein Uns gab es allemal nicht. Ich musste damit rechnen, dass sie nichts mehr mit mir zutun haben wollte. Mein anfänglicher Optimismus schwand von Minute zu Minute und Greta schien dagegen selbstbewusster denn je. Ich sank in mich zusammen und lehnte mich gegen die Betonwand hinter mir, sodass ich aus dem Sichtfeld der Schüler und Lehrer auf dem Schulflur verschwand. An Gretas Aufregung machte ich fest, dass Sophie sich uns näherte. Ich kannte meine beste Freundin nur zu gut und sie fuhr sich nicht zufällig zum wiederholten Male durch ihre Haare. „Deine Haare sitzen 1A", stichelte ich sie und erntete einen bösen Blick von ihr. „Das weiß ich", zischte sie mir zu und blickte sich nach unserer Lehrerin um, „Frau Fischer kommt." Ich linste vorsichtig an Greta vorbei und entdeckte Sophie, die heute schwarze High Heels, eine weiße, enge Hose und eine lockere schwarze Bluse trug. Ihre braune Haut stach umso mehr hervor und ihr blondes Haar wippte bei jedem einzelnen Schritt auf und ab. Mir entging nicht, wie sich mehrere Schüler nach ihr umdrehten, Gespräche verstummten und Blicke ausgetauscht wurden. Mein Herz schlug mir bis zum Hals als Sophies Blick auf mich fiel und dabei hatte ich gehofft, aus ihrem Blickfeld verschwunden zu sein. Ihre Augen ruhten für einige Sekunden auf mir und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus. Greta schien sich plötzlich größer zu machen, drückte ihren Rücken durch und versperrte mir somit die Sicht auf Sophie und genauso auch andersrum. Ich versuchte die Enttäuschung vor meinen Freunden zu verbergen, denn Timo war einer der wenigen, der Sophie keinerlei Beachtung schenkte und mich argwöhnisch musterte: „Alles okay bei dir? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen." Diese Aussage erhaschte Gretas Aufmerksamkeit, die sich nun auch zu uns umdrehte und somit den Blick auf Sophie wieder freigab, die sich gerade an uns vorbeischlängelte, um zur Tür zu gelangen. „Bist du nun etwa doch auf meiner Seite?", neckte sie mich und ich wusste, ohne mehr von ihr zu hören, wovon sie sprach, „Sie ist schon verdammt hübsch, oder?" Timo runzelte die Stirn, als müsste er über Gretas Worte nachdenken und folgte kurz darauf meinem Blick, der die Person verriet, von der wir sprachen. „Ihr steht auf die Lehrerin?", lachte er und war für meinen Geschmack etwas zu laut für solch eine Behauptung. „Psssscht!", zischte ich und auch Greta schlug unserem guten Freund zur Warnung auf den Unterarm. „Bist du verrückt!", fügte sie hinzu und schüttelte genervt den Kopf, „Sowas können auch nur Männer bringen!" „Sorry Girls", antwortete er grinsend und fuhr sich durch sein aschblondes Haar, „Aber ich war gerade einfach etwas überrascht. Die ist was? Mindestens 15 Jahre älter?" Seine Tonart verriet nicht nur mir, dass er die Vorstellung, etwas mit einer so viel älteren Frau zu haben, abstoßend fand, auch Greta schien es zu dämmern. Sie schürzte kurz darauf die Lippe, während ich versuchte, mir keinerlei Emotion anmerken zu lassen. Ich würde nicht vor meinen Freunden zugeben, dass ich Sophie interessant fand. Dann sollten sie lieber glauben, ich würde noch immer an Lauren denken. „Na und? Was ist schon dabei?", verteidigte sie sich, „Schau sie dir doch mal an! Für ihr Alter sieht sie verdammt gut aus. Du kannst nur hoffen, dass Annalena später auch noch so aussieht wie jetzt!" Ich sog erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ein, denn solch ein Spruch, würde Timo sich nicht gefallen lassen. Greta spielte eindeutig mit unfairen Karten und ich musste mir eingestehen, sie so noch nie erlebt zu haben. Auf Timos Gesicht zeichnete sich ein Hauch Wut, gepaart mit Entsetzen ab, doch er wusste es besser als auf dem Schulflur eine Szene zu machen: „Darüber sprechen wir noch, Seidel!"

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt