Kapitel 2 - You thrill me, you delight me

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I, I'm gonna make you mine
You're gonna feel so fine
You'll never want to leave me
I feel you belong to me
Someday you will agree
Please, believe me

You thrill me, you delight me
You please me, you excite me
You're something I'd been pleading for

Diese Nacht gehörte wohl zu den unruhigsten meines Lebens. Vor meinem inneren Auge flimmerte immer wieder ein und dasselbe Gesicht auf und egal wie sehr ich mich bemühte, es wollte einfach nicht verschwinden. Ich sah die langen, blonden Haare, die vom Wind um ihr Gesicht herumgewirbelt wurden und sich zwischen ihren vollen Lippen verfingen. Über ihrer Oberlippe saß ein kleines, aber prägnantes Muttermal, dass ihr Gesicht so interessant erscheinen ließ. Wenn sie lächelte, schob das Muttermal sich leicht nach oben und ließ sie jünger wirken als sie vermutlich war. Ich schätzte sie auf 33 Jahre und das allein war Grund genug, meine Augen zuzukneifen, um ihr Gesicht aus meinen Gedanken zu vertreiben. Dennoch poppte es Sekunden später wieder auf und ich seufzte genervt, da ich so niemals Schlaf finden würde. Ich wälzte mich auf die andere Seite des Sofas, das nach längerem Wachliegen nicht unbedingt gemütlich war und versuchte an etwas anderes zu denken, als diese Frau. Sie war viel zu alt für mich. Ich versuchte es mir einzureden, mir auszureden sie anziehend zu finden, aber vielleicht lag es auch nur an der lauen Sommernacht, den Palmen und dem Meer. Im Urlaub ließ ich mich gehen, war offener, vielleicht, ja aber auch nur vielleicht, waren diese Gedanken morgen schon wieder verflogen.

Ich wachte wie gerädert auf und rieb mir angestrengt die Schläfen, da ein pochender Schmerz meinen Kopf durchzog. „Nicht gut geschlafen?", ertönte es plötzlich vom Balkon und mein Vater schob seinen Kopf durch die Schiebetür. „Nein, irgendwie nicht... und ihr?", fragte ich und blinzelte den Schlaf aus meinen Augen. „Wir haben gut geschlafen, ich war nur einmal kurz wach, da draußen die Mülltonnen abgeholt wurden. Aber warum konntest du nicht schlafen?", hakte er nach und ich zuckte mit den Achseln, während ich mich aufraffte und streckte. „Keine Ahnung", sagte ich nur und mein Vater blickte mich mitleidig an. „Vielleicht liegt es an der neuen Umgebung und den ganzen Eindrücken. Heute Nacht ist es bestimmt besser", hörte ich ihn sagen, als ich Richtung Bad ging. „Kann sein", war alles was ich hervorbrachte und ich vernahm das Gemurmel meiner Eltern, doch schloss die Badezimmertür hinter mir. Mir war nicht nach reden zumute und wenn meine Mutter sich darüber mokierte, sollte sie das tun, wenn ich es nicht mitbekam. Ich warf einen Blick in den Spiegel und sog die Luft durch die Zähne. Meine Augenringe stachen nun deutlich hervor, meine Haut wirkte ein wenig fahl im Licht der Neonröhren und ich spritzte mir eilig Wasser ins Gesicht. Ich putzte die Zähne und machte mich für das Frühstück fertig, zog mir mein weißes Levis-Shirt über, kombinierte es mit einer kurzen Jeans und Flip-Flops. Zufrieden blickte ich an mir hinab, puderte noch einmal über meine Augenringe und verließ kurz darauf das Bad. Meine Eltern standen schon im Wohnzimmer und warteten auf mich, allerdings hielten sie eine Karte in der Hand, die die Umrisse von Gran Canaria aufzeigte. Es war der Flyer, den ich am Flughafen in die Hand gedrückt bekommen hatte. „Vielleicht können wir in der nächsten Woche einen kleinen Ausflug machen. Hast du da Lust zu?", hakte meine Mutter nach, als sie mich im Türrahmen entdeckte. „Klar, warum nicht. Was gibt es hier denn alles zu sehen?", fragte ich und trat neben sie, um nun ebenfalls einen Blick auf den verknickten Flyer zu werfen. „Dort", sie zeigte mit dem Finger auf einen Zipfel der Insel, „soll es wundervolle Strände geben und auch eine Höhle. Klingt doch interessant, oder?" „Auf jeden Fall", antwortete ich und studierte die Namen, auf die sie zeigte, „Können wir ja im Auge behalten." „Super", sagte mein Vater, „dann buche ich später einen Mietwagen." Wir stimmten ihm zu und brachen dann endlich zum Frühstück auf, mein Magen grummelte schon wieder, was meine Eltern zum Glück nicht mitbekamen.

Im Speisesaal herrschte ein reges Treiben, die Gäste eilten durch die Gänge, mit voll bepackten Tellern oder Tassen. Ließen sich auf ihren Stühlen nieder und machten sich gierig über ihr Essen her. Kinder sprangen zwischen den Tischen umher, stifteten so noch mehr Unruhe in dem Saal  und brachten manch Erwachsenen dazu, fluchend stehenzubleiben, da sie fast in sie hineingelaufen wären. Manche Teller waren so voll, dass bei abrupten Halten, etwas vom Teller flog, was kurz darauf von fleißigen Mitarbeitern des Hotels beseitigt wurde. Der ganze Speisesaal florierte mit verschiedenen Gerüchen und ich wusste nicht, welchen ich als erstes identifizieren sollte. Es roch köstlich nach Pfannkuchen und Obst, aber ich roch auch die verschiedenen Sonnenlotionen und Parfüms. Ein junger Mann schien es ein wenig zu gut mit seinem Rasierwasser gemeint zu haben, denn er zog eine unangenehme Duftwolke hinter sich her und verätzte regelrecht meine Nasenschleimhaut. „Dort drüben ist ein Tisch frei", hörte ich meine Mutter sagen, die kurz darauf zielstrebig auf einen Tisch mit vier Stühlen zuging, der in der hinteren Ecke des Speisesaals stand. Ich wich gekonnt einem kleinen Jungen aus, dessen Hände voll mit Nutella waren und sah im letzten Augenblick, wie er sich an der Tischdecke festhielt, was auch mein Bein hätte sein können und alles vollschmierte. Seine Mutter hob ihn eilig hoch und entfernte sich von dem Tisch, ohne einem Mitarbeiter von dem Malheur zu berichten. Die nächsten Gäste würden sich freuen. Ich setzte mich auf einen Stuhl, der zum Speisesaal gewandt stand und ertappte mich dabei, wie ich meinen Blick wieder einmal schweifen ließ. Doch dieses Mal nicht ohne Ziel. Meine braunen Augen suchten akribisch die Tische ab, wobei ich nur nach einem Gesicht Ausschau hielt, es jedoch nicht entdeckte. Enttäuscht konzentrierte ich mich wieder auf das Gespräch meiner Eltern, die sich mittlerweile einen Kaffee geholt hatten. „Wo bekomme ich Kaffee?", fragte ich sie und meine Mutter deutete in die Richtung hinter mir. Ich machte mich auf den Weg, holte mir einen Cappuccino und einen Orangensaft, brachte es zurück zum Tisch und schaute mir daraufhin das Angebot des Frühstücks an. Erschlagen von den ganzen Möglichkeiten, verweilte ich vor Rührei, Speck und Bohnen. Ein Mädchen in meinem Alter schob sich an mir vorbei, blickte böse drein und lud sich eine Menge Speck auf den Teller, mit dem sie kurz darauf wieder in der Menge der Gäste verschwand. Ich entschied mich für ein einfaches Ei, Müsli und etwas Obst. Pappsatt verließen wir den Speisesaal, doch ohne die Person gesehen zu haben, die meinen Schlaf raubte. Beseelt, aber aufgewühlt, gingen wir zurück aufs Zimmer, packten unsere Sachen für den Strand und rieben uns mit Sonnencreme ein.

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt