Kapitel 5 - Just wait and see

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Das Kreischen der Möwen drang durch die wummernden Bässe meiner Musik, ich drückte die kleinen Kopfhörer noch ein Stück fester ins Ohr, doch alles half nichts. Seufzend zog ich die Stöpsel aus den Ohren, rutschte auf der Liege nach vorne und warf einen Blick in den tiefblauen Himmel. Keine Wolke zierte den Himmel und die Sonne brannte auf uns alle nieder. Es war nur ein kurzer Moment, in dem ich nicht unter dem Sonnenschirm lag und schon meinte ich zu spüren, wie meine Haut leicht prickelte. Es mochte Einbildung sein, aber ich prüfte noch einmal kurz den Himmel, die Möwen schienen in Aufruhr zu sein und verschwand dann wieder unter meinem Schirm. „Alles in Ordnung, Charlotte?", fragte meine Mutter, die von ihrem Groschenroman aufsah und ein leichtes Schmunzeln auf dem Gesicht trug. „Ich habe mich nur gefragt was mit den Möwen los ist, ich habe sie plötzlich so laut wahrnehmen können", antwortete ich mit einem Achselzucken und schob das Handtuch wieder in die richtige Position unter meinen Kopf. „Dort war vorhin eine Frau, die ihnen Brot in die Luft geworfen hat", erklärte meine Mutter und ich ertappte mich dabei, wie ich eilig den Strand absuchte, nur um mich zu vergewissern, dass ich nicht verpasst habe wie Sophie, was für ein schöner Name, am Strand unterwegs war. Vermutlich war sie gar nicht hier. Ich schüttelte über mich selbst den Kopf, konnte mir aber eine Frage nicht verkneifen: „Was für eine Frau? War sie allein hier?" Meine Mutter runzelte die Stirn, strich sich ihr braunes Haar zurück hinters Ohr und antwortete lachend: „Das weiß ich doch nicht, Charlotte. Meinst du, ich beobachte permanent die Leute am Strand?" Ich sah wie es hinter ihrer Stirn arbeitete und als dann auch noch mein Vater seine Sonnenbrille ein Stück nach unten schob, um mich besser ansehen zu können, wusste ich, ich war zu auffällig. Ich wusste selbst nicht so genau was mit mir los war, aber das gestrige Aufeinandertreffen beschäftigte mich permanent. Meine Gedanken kreisten nur noch um diese Frau. Jetzt wo ich auch noch ihren Namen kannte, bekamen alle Szenerien in meinem Kopf einen Namen. Sophie hier. Sophie da. Wieder seufzte ich und versuchte mich rauszureden: „Mir ging es nur darum, ob sie niemand aufgehalten hat. Es ist verboten den Tieren Brot zu geben." Auf den Gesichtern meiner Eltern spiegelte sich so etwas wie Erleichterung wider, immerhin war mein Verhalten wirklich merkwürdig und mein Vater nickte stolz: „Da hast du absolut Recht, aber leider haben wir das auch nicht so genau mitbekommen, nicht wahr, Birgit?" Meine Mutter schüttelte ebenfalls den Kopf und sagte etwas zu meinem Vater, aber da ich bereits wieder dabei war den Strand abzusuchen, bekam ich nicht mit, worum es ging. Sie schienen in ein Gespräch vertieft zu sein, was ich für mich zunutze machte. Aber ich entdeckt den Blondschopf, oder ihre Familie, nirgends.

Mit leicht prickelnder Haut, sandigen Füßen und salzigen Haaren ging es zurück zum Hotel. Ich vermisste schon das Rauschen der Wellen, da waren wir kaum außer Reichweite. Lächelnd betrachtete ich das kleine, zierliche Tattoo einer Welle an meinem rechten Handgelenk – ein Geschenk meiner Tante zu Weihnachten. „Gehst du jetzt kurz duschen? Wir würden noch eine Weile an den Pool gehen", riss meine Mutter mich aus meinen Gedanken. „Ja, ich wasche wenigstens kurz das Salz von der Haut, dann gehe ich zum Zumba", endlich war es soweit, denn dieses Mal stand einer Tanzstunde nichts im Wege. „Dann bis später", meine Eltern verabschiedeten sich und ich ging eilig zu den Aufzügen, drückte ungeduldig den Kopf und hörte, wie er sich aus dem vierten Stock ruckelnd in Bewegung Richtung Erdgeschoss begab. Als er endlich ankam und sich die Türen öffneten, schlug mir eine stickige Luft entgegen und ich hielt automatisch den Atem an. Froh darüber endlich oben zu sein, verließ ich diesen, ging aufs Zimmer und duschte in Windeseile. Mir blieben noch 10 Minuten, die ich dafür nutzte, die Sportklamotten über meinen noch klammen Körper zu ziehen, meine Haare zum Zopf zu binden und Sonnencreme auf die gerade gereinigte Haut aufzutragen. Zumba fand im Freien statt und ich wollte auch hier keinen Sonnenbrand riskieren. Ich schlüpfte in meine ausgelatschten Nikes, schnappte mir eine Wasserflasche und joggte Richtung Treffpunkt. Es ging vorbei am Palmenhain, vorbei am Pool und Richtung Sportplatz. Ein ziemlich heruntergekommenes Fußballfeld erstreckte sich vor mir, auf dem mehrere junge Leute dem Ball hinterherliefen. Laut Plan musste ich hier links und eine Treppe hoch. Als ich ein Stimmengewirr wahrnahm spürte ich, wie meine Beine ein wenig weicher wurden, neue Leute kennenzulernen gehörte nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, das war auch beim Sport nicht anders. Die letzte Stufe war die schwerste, aber als mich eine rothaarige, durchtrainierte Frau anlächelte, schien meine Aufregung direkt verschwunden. Manche Menschen besaßen dieses Talent. „Hi", sagte sie und hob die Hand, „machst du heute beim Zumba mit?" Ich nickte nervös und sah mich um, der Großteil waren junge Frauen und zwei Jungs im Alter von 14 Jahren waren dabei. „Schön, das freut mich. Ich bin Sabrina und du?", fragte sie und schüttelte meine Hand. „Charlotte", antwortete ich und lächelte, „und ich habe noch nie Zumba gemacht." Sabrina lachte kehlig und tätschelte meine Schulter: „Das macht überhaupt nichts, beim Zumba geht es um Spaß und nicht um Können! Pack deine Sachen doch einfach dort hinten hin, dann starten wir gleich." Ich folgte ihren Anweisungen und stellte mich nach ganz hinten, was Sabrina mit einem Zwinkern quittierte. Sabrina klatschte in die Hände, sodass sie die Aufmerksamkeit ihrer Teilnehmer bekam und kündigte den Start der Stunden an. Sie ging zu der großen Anlage, die in der Ecke stand und drückte auf Play – keine zwei Sekunden später hallten die Bässe spanischer Lieder über den Innenhof. „Auf geht's!", rief sie und begann sich zu den Klängen zu bewegen, eine schweißtreibende Stunde lag vor mir.

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt