Kapitel 10 - I think it's taking on a new dimension

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Meine Gedanken, die sich seit unserem Kuss in meinem Kopf ausbreiteten, ließen mich nicht mehr schlafen, beschäftigten mich 24/7 und raubten mir jegliche Freude an die restlichen Tage auf dieser Insel. Meine Eltern versuchten mich aufzuheitern, mich mit Ausflügen abzulenken, auch wenn sie nicht genau wussten, wovon sie mich ablenken mussten und dennoch schafften sie es nicht, meine trüben Gedanken zu erhellen. Der zweite Tag nach unserem Kuss war wohl der schlimmste, wir sprachen nicht mehr miteinander, warfen uns nur noch flüchtige Blicke zu und am Abend entdeckte ich sie in der Hotellobby, sie lief ihren Kindern hinterher und bekam einen Kuss von ihrem Ehemann auf die Wange gehaucht. Ich verkrümelte mich so schnell es ging aus ihrem Blickfeld, aber sie musste mich gesehen haben, denn ihre Augen blickten schuldig in die Richtung, in die ich verschwunden war. Der dritte Tag versetzte mir einen Stoß, es fühlte sich an, als ob mir jemand die Luft zum Atmen nahm, auf meinen Brustkorb drückte und mich so um Atem ringen ließ. Ich entdeckte Sophie weder beim Frühstück noch beim Abendessen, auch bei der Animation tauchte sie nicht auf. Ich redete mir selbst gut zu, aber meine innere Angst keimte wieder auf und hielt mir vor Augen, wie vergänglich unsere gemeinsame Zeit gewesen ist.

„Charlotte?", hörte ich meinen Vater sagen und ich schüttelte mich, um den grauen Schleier abzulegen. „Ja?", fragte ich und nahm einen Schluck von meinem Wasser, „Entschuldige, ich war mit meinen Gedanken woanders." „So wie die letzten drei Tage, das wissen wir. Was ist los?", hakte er nach und ich bedachte meine Eltern mit einem nachdenklichen, wie auch dankbaren Blick. Es mochte nervig sein, wenn die Eltern einen ständig fragten, was ihre Kinder beschäftigte, aber es war so viel mehr, als viele anderen in ihrem Alltag bekamen. Ich genoss diese Aufmerksamkeit, auch wenn ich innerlich die Augen verdrehte, denn für mich war sie nicht selbstverständlich. Meine beste Freundin Greta buhlte mit ihrem Bruder immer und immer wieder um die Aufmerksamkeit ihrer Eltern, jedoch verlor sie den Kampf mehr als nur einmal. Ihr Bruder brachte nicht nur bessere Noten nach Hause, nein, er war sportlich, ehrenamtlich tätig und an seiner Seite schritt eine wunderschöne Partnerin, die ebenfalls im jungen Alter viel erreicht hatte. Greta glänzte in der Schule, da sie viel Zeit ins Lernen investierte, immerhin wollte sie Tierärztin werden, aber ihren Eltern war es nicht genug. Lediglich in zwei Fächern unterschieden sich die Geschwister, was in meinen Augen wirklich lächerlich war. Noch dazu kam, dass Greta sich in Frauen statt Männer verliebte und zählte in den Augen ihrer Eltern, wohl eher zu den faulen Menschen. Gretas letzte Freundin Anna, war ihnen ein besonderer Dorn im Auge – sie entsprach nicht dem, was sich Gretas Eltern für ihre Tochter gewünscht hatten, vor allem entsprach sie aber nicht ihrem Bild einer Frau. „Wenn ich jetzt mit den Schultern zucke, ist es euch nicht Antwort genug, oder?", antwortete ich lachend und erntete kritische Blicke. „Nein, das ist nicht Antwort genug, wir machen uns Sorgen", schaltete sich nun auch meine Mutter ein und ihr Beschützerinstinkt spiegelte sich mehr als deutlich wider. „Ich bin in Gedanken bei einer Person", fing ich an und hielt die Hand hoch, als meine Mutter bereits den Buchstaben L mit ihren Lippen formte, „und nein, es ist nicht Lauren." Meine Mutter atmete tief aus, fast schon enttäuscht, dass sie nicht Recht hatte und sah mich abwartend an. Mein Vater dagegen musterte mich wieder eingehend und ratterte sichtlich in seinem Kopf die Personen durch, die für meine schlechten Gedanken verantwortlich sein könnte. „Das Mädchen aus dem Speisesaal?", versuchte er es und ich schüttelte mit dem Kopf. Meine Mutter schien ratlos, denn den ganzen Urlaub über, schien ihr keine Frau aufgefallen zu sein, die mich interessiert haben könnte. „Uhm", brachte mein Vater hervor, „die Animateurin?" Seine Augen hellten sich dabei ein wenig auf und er warf einen Blick auf die Bühne, die mittlerweile wieder leer war. „Nein...", sagte ich und biss mir auf die Lippe, „ist auch egal, es bringt nichts mehr über sie zu reden. Sie ist abgereist." „Oh", entfuhr es meinen Eltern gleichzeitig und ihre Blicke wurden weich. „Das tut uns leid", säuselte meine Mutter und tätschelte meine Schulter, „Habt ihr keine Nummern ausgetauscht?" Fast wäre mir ein Lachen entwichen, aber ich hielt mich zurück – so etwas ist zwischen Sophie und mir, nicht mal eine Option gewesen, vermutlich war es besser so. Ich schüttelte also wieder nur den Kopf und lehnte mich zurück, ich wollte mich nicht mehr mit ihr befassen und meine Eltern schienen zu verstehen. Wir widmeten uns wieder unserem Kartenspiel, bis es Zeit war zurück auf unser Zimmer zu gehen.

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt