Kapitel 38 - We know the start, we know the end

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A/N:
Keine Sorge.

Nach jedem Regen folgt ein Regenbogen.

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Seit mehr als drei Tagen hatte ich nichts mehr von Sophie gehört und es war bereits wieder die Dunkelheit im Anmarsch. Jeder Tag glich einer Qual mit einem Wechselbad der Gefühle, eine unbändige Angst wechselte sich immer wieder mit meiner Sorge um Sophie ab. Ich kämpfte mich mit Müh und Not durch den ersten Tag, dann den zweiten und am dritten Tag, konnte ich mich in der Schule überhaupt nicht mehr konzentrieren. Gegen meine Versprechung sie nicht mehr auf ihrem Handy anzurufen, erreichte ich dort immer nur die Mailbox und in der Schule war sie seit dem Vorfall auch nicht wieder aufgetaucht. Die Priorität für mich war ganz klar, dass sie gesund aus der Nummer herauskam, mich wurmte jedoch, dass ich kein Teil davon sein durfte. Ich war komplett außen vor, abgeschnitten von ihr und dabei war sie mir so wichtig, dass es regelrecht wehtat nichts von ihr zu hören. Ich besaß keinerlei Recht sie zu besuchen, dennoch war es alles was ich wollte. Genau aus diesem Grund stand ich bereits seit mehr als 10 Minuten vor dem Krankenhaus und stierte die dreckige Fassade an, die in der nahenden Dunkelheit immer bedrohlicher aussah. An der Säule lehnende tippte ich eine Antwort an Daria, die ein Update zu Sophie wollte. Auch sie blieb für die nächsten Tage der Schule fern, ihre Nase war gebrochen und für diese Woche war sie noch krankgeschrieben.

Nichts Neues von Sophie – C

Und wenn du mal reingehst und doof nach ihr fragst? - D

Habe ich eben schon versucht, wenn ich nicht zur Familie gehöre, dürfen sie mir keine Auskunft geben - C

Seufzend stieß ich mich ab, warf einen letzten Blick aufs Krankenhaus, nahm mein Fahrrad und machte mich auf den Weg nach Hause. Hier würde ich nicht weiterkommen, alles was mir blieb war abzuwarten. Jedoch nahm ich nicht den Weg nach Hause, der am kürzesten war, sondern fuhr durch das Neubaugebiet, in dem Sophie mit ihrer Familie lebte. Jeden Tag fuhr ich vorbei, um ein Lebenszeichen von ihr zu erhaschen, doch die meiste Zeit war es dort dunkel, oder wenn Licht war, dann waren die Rollläden bereits unten und lediglich das Milchglasfenster der Haustür gab die Anwesenheit der Familie preis. Meine Beine schmerzten, da ich schneller als normal fuhr, doch das war mir egal. Ich hatte keine Ahnung was ich mit meiner Fahrt zu ihrem Haus bezweckte, denn ich konnte schlecht einfach klingeln und nach ihr fragen. Allerdings gab es mir ein gutes Gefühl, als würde ich nicht nur dumm dastehen und Nichtstun. Ich fuhr um die letzte Kurve, doch bereits von weitem wurde mir klar, niemand war zu Hause. Schweren Herzens fuhr ich einfach daran vorbei und machte mich auf den Weg nach Hause. Zu Hause entging ich den Fragen meiner Eltern, den bohrenden Blicken, denn sie verstanden die Geschehnisse nicht vollkommen. Zu ihrer Verteidigung musste ich wohl zugeben, dass ich ihnen auch nicht alles erzählt hatte, was dazu führte, dass sie nicht alles nachvollziehen konnten. Doch nie im Leben würde ich jedes Detail von diesem Abend ausplaudern, es reichte schon, wie sie nun über Greta dachten, denn zuvor hatten sie sie immer wieder in Schutz genommen. Ich war immerhin mit Greta aufgewachsen, meine Eltern waren wie ihre zweite Familie, deshalb konnten sie zuvor nicht verstehen, wieso sie mich so behandeln sollte. Eilig schloss ich meine Tür, warf mich auf mein Bett und presste schmerzhaft fest meine Augen zusammen. Ich hoffte der Schlaf würde mich heute schneller holen als die Tage zuvor.

Es vergingen weitere zwei Tage, bis endlich mein Handy klingelte. Ich warf zum wiederholten Male einen Blick auf den Bildschirm, um mir auch ganz sicher zu sein, dass es wirklich Sophies Name war, der dort aufblinkte. „Na los, geh schon ran", sagte eine Stimme neben mir und ich blickte meine Chefin Vanessa irritiert an. „Was?", fragte ich und hielt das Handy fester. „Du bist seit Tagen unter Strom, ich glaube auf diesen Anruf wartest du schon eine Weile, nicht wahr? Also na los, geh nach hinten und nimm das Gespräch an", erklärte sie nüchtern und schob mich Richtung Büro. Ich funktionierte wie auf Autopilot, schloss die Tür hinter mir und nahm das Gespräch an. „Hallo?", quäkte ich mühevoll und meine Beine gaben fast unter mir nach. „Charlotte?", Sophies Stimme klang kratzig, wie Millionen Lichtjahre entfernt und überhaupt nicht nach ihr. „Sophie", Tränen kullerten an meiner Wange hinab und meine Stimme brach bei meinen nächsten Worten, „G-geht es dir gut?" Nun hörte ich Sophie schwer atmen, auch sie rang um die Beherrschung: „Ja-aa... Ja, mir geht es gut, besser, sagen wir es lieber so. Wie geht es dir?" Erleichterung machte sich in mir breit, eine Last, die mich seit Tagen erdrückte, mir die Luft zum Atmen nahm, verpuffte innerhalb kürzester Zeit. Erleichtert ließ ich mich auf einem Stuhl nieder und lehnte meinen Kopf an die Wand hinter mir: „Ich glaube das ist gerade sowas von egal. Bist du aus dem Krankenhaus raus?" Es raschelte für einen Moment, dann hörte ich wie eine Tür geschlossen wurde. „Ich bin wieder zu Hause, aber ich muss dir was sagen...", sagte Sophie und mein Herz rutschte mir in die Hose, „Ich hätte mich sehr gerne früher gemeldet, allerdings konnte ich nicht." „Sophie, du musst dich nicht erklären. Du brauchtest Zeit, um dich zu erholen und...", ratterte ich hinunter und wollte ihr kein schlechtes Gewissen bereiten. „Nein, stopp, Charlotte!", unterbrach sie mich energisch und der Ton in ihrer Stimme ließ mich sofort innehalten, „Ich wollte mich melden, aber ich konnte nicht! Arne hat mir das Ladekabel verwehrt, weil ich sonst zu viel am Handy hängen würde." Ich schluckte schwer, warf ihre Worte in meinem Kopf hin und her und konnte nicht fassen, was sie mir da gerade erklären wollte. „Wie bitte? Du kannst doch wohl mit deinem Handy machen was du willst?", rutschte es mir heraus und Sophie seufzte laut. „Natürlich, aber Arne meinte, ich würde mich nicht auf meine Genesung, ihn oder unsere Kinder konzentrieren und dabei ging es ihm nicht nur um heute, gestern oder vorgestern...", antwortete sie auf meine Frage und die Last, die gerade erst verschwunden war, machte es sich wieder auf meinen Schultern gemütlich. Sprachlosigkeit machte sich in mir breit und bevor ich mich überwinden konnte auch nur einen Ton rauszubringen, sprach Sophie weiter: „Er hat sich zu einem Kontrollfreak entwickelt, das ist mir die Tage im Krankenhaus klargeworden, aber Charlotte? Alles woran ich denken konnte, sobald ich Zeit für mich allein hatte, warst du. Ich... ich wollte nur mit dir reden, in deinen Armen liegen... Doch diese Chance hat er mir mit dieser kleinen Geste genommen... Ich habe mir bei einer Krankenschwester ein Ladekabel geliehen, die es komisch fand, dass mein Mann mir bis zu dem Tag, an dem ich endlich wieder fit war, keins mitgebracht hat. Sie hat es nicht kommentiert, aber ihr Blick sprach Bände. Tja, allerdings kam Arne vorbei, da ging das Handy gerade wieder an und er nahm es mit. Er hat mein Handy mitgenommen und... ich war so perplex, dass ich es habe geschehen lassen. Bin ich etwa so schwach, Charlotte?" Fassungslos strich ich mir die Haare nach hinten und erwiderte: „Du bist alles andere als schwach, Sophie. Du lebst seit Wochen unter so viel Druck und Arne..." „Er manipuliert mich", unterbrach sie mich und ich hörte, wie sie anfing zu weinen, „Er manipuliert mich schon so lange und ich habe es einfach hingenommen. Ich fasse es nicht, wie konnte ich so dumm sein? Er hat das alles getan, damit er in Ruhe seine Affäre fortführen konnte. Arne stellte mich ruhig, damit er mich hintergehen konnte." Ihr entfuhr ein leises, verrücktes Lachen und es schmerzte mir, dass ich sie nicht in meinen Armen halten konnte. „Ich will dich sehen", wisperte ich, „Ich will dich in meinen Armen halten, dir durch dein Haar streichen und dir sagen, dass alles gut wird." „Das wäre zu schön", flüsterte sie, „und ich würde mir nichts mehr wünschen als das. Aber ich kann nicht." „Ich weiß", antwortete ich, „Wann sehen wir uns wieder? Wann kommst du wieder zur Schule?"

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt