Kapitel 16 - Take a chance on me

2K 118 16
                                    

Es waren Tage voller gemischter Gefühle. Eine Woche voller Hochs und Tiefs. Ich fühlte mich hintergangen und geliebt zugleich. Greta, die offensiver war denn je, blieb fast jeden Tag nach dem Unterricht im Klassenraum, stellte Sophie Fragen, die bereits im Unterricht beantwortet wurden. Ich beobachtete wie Sophie zu Anfang geduldig war, doch schon nach dem vierten Mal unheimlich gereizt reagierte, was vielleicht auch an meiner Anwesenheit liegen mochte. Sie ignorierte mich gekonnt, sie nahm mich zwar dran, wenn ich mich mal beteiligte, würdigte mich sonst aber keines Blickes. Es tat weh, so unendlich weh. Wenn da nur die Sache mit Sophie wäre und nicht auch noch der unausgesprochene Kampf zwischen mir und meiner besten Freundin. Greta ahnte noch immer nichts von meinen Gefühlen für Sophie, die ich ihr freiwillig aber auch niemals anvertrauen würde – nicht nachdem sie mir seit Tagen von ihr vorschwärmte und nichts von unserer Liaison im Urlaub ahnte. Ich konnte mir keinen Fehltritt erlauben, dabei ging es nicht nur um mich, sondern vor allem um Sophie und ihre Familie. Der einzig schöne Part für diese Zeit bildete Daria und ihr neuer, kleiner Welpe Jasper. Nach der Schule besuchte ich die beiden ziemlich oft, wenn die Arbeit es zuließ. Ich arbeitete dreimal die Woche im Eiscafé, verstand mich gut mit meiner Chefin Vanessa und durfte mir am Ende des Tages immer eine Eiskugel aussuchen. An manchen Tagen brachte ich Daria eine Eiskugel mit, so wie am heutigen Tag.

„Du rettest mir echt immer meine Tage, Zuckerpuppe", nuschelte Daria grinsend, während sie genüsslich ihr Schokoladeneis verzehrte. „Für dich nur das Beste", antwortete ich und kraulte Jasper, der es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht hatte. „Und wann rückst du endlich mit der Sprache raus?", hakte Daria nach und ich warf ihr einen fragenden Blick zu. „Was meinst du denn bitte damit?", fragte ich und hoffte inständig, dass Daria mich nicht schon wieder durschaute. Daria und ich kannten uns lange, vielleicht auch zu lange, sie kannte mich wie ihre Westentasche. Greta war immer eifersüchtig auf unsere Beziehung zueinander, sie hasste es, wenn wir die Gedanken des anderen aussprachen, Zeit miteinander verbrachten, oder den Eindruck erweckten, wir seien beste Freundinnen. Doch das waren wir nicht. Wir waren wirklich gut befreundet, aber irgendwie ist es nie zu dem geworden, was Greta und ich teilten. Wir vertrauten uns mehr an, tiefergehende Dinge. Daria und ich waren eher für die oberflächlichen Dinge gemacht und das wertschätzte ich. Nicht mit jedem musste ich meine tiefsten Gedanken teilen, ich mochte es, wenn es auch mal unbeschwerter sein konnte. Tiefgründige Gespräche führten wir nur in Ausnahmefällen, dann wenn wir zu viel Wein tranken – wie zum Beispiel heute.

Wir tranken bereits unser drittes Glas Wein, wenn man bedachte in welch kurzer Zeit, war es kein Wunder, dass Daria wieder ihre Superkräfte einsetzte. „Nun", fing sie an und lehnte sich in ihrem Bett zurück, auf dem wir beide lagen, „wo fange ich am besten an?" Ich runzelte die Stirn, nahm einen weiteren Schluck von meinem Wein und wappnete mich innerlich auf ihre Fragen und Feststellungen. Ich hatte wirklich gehofft, ich würde dieser Situation noch einer Weile entkommen, aber was zwischen mir und Greta ablief, konnte jeder der uns kannte, auf einen Meter Entfernung wahrnehmen. „Fangen wir mit den komischen bis negativen Vibes zwischen dir und Greta an", erklärte Daria und schmiss sich einen Flip in den Mund. „Da sind keine negativen Vibes", verteidigte ich mich und versuchte eine neutrale bis empörte Mimik aufzusetzen. „Ah ah ah, keine Lügen, Charlotte", ermahnte sie mich und ich verdrehte die Augen, „Ich kenne dich einfach zu gut, mir entgeht nichts. In der Schule seid ihr immer angespannt und distanziert zueinander, so kenne ich euch nicht. Was ist passiert?" Pfeifend atmete ich aus und sagte: „Es ist bescheuert, dass wir jetzt überhaupt darüber reden müssen. Greta findet jemand toll und ist eifersüchtig, obwohl es keinen Grund dafür gibt." „Frau Fischer?", fragte Daria unverblümt und ich zuckte zusammen als ich Sophies Namen aus dem Mund meiner Freundin hörte, „Ich bin nicht blöd, Timo hat es schon erwähnt, falls du dich erinnerst... und ab dann habe ich Greta einfach etwas mehr beobachtet als sonst. Einmal stand ich nach eurer Deutschstunde vor eurer Klasse, hab auf euch gewartet und Greta hat im Klassenraum getrödelt. Erinnerst du dich noch?" Ich nickte und erinnerte mich an den Tag zurück, an dem sich Sophie besonders eisig mir gegenüber verhalten und Greta dafür mehr Aufmerksamkeit geschenkt hatte als üblich. „Wir haben gewartet und nach weiteren zwei Minuten ging ich rein, um Greta dazu zu bewegen, ihren Zuckerpopo schneller nach draußen zu verfrachten. Ich kam rein und es war fast schon peinlich sie zu beobachten, sie hat an einer ihrer Haarsträhnen gezwirbelt, mit den Augen geklimpert und sich immer weiter zu der Lehrerin vorgebeugt. Frau Fischer schien sich gar nicht wohl zu fühlen und wirkte erleichtert als ich erschienen bin und Greta mitnahm. Aber was mir noch nicht ganz klar ist, welche Rolle du hier spielst. Was ist passiert, dass Greta dir gegenüber so merkwürdig ist?" Mein Herz schlug während Darias Schilderung immer schneller und als ich an der Reihe war, stolperte ich über meine ersten Worte: „Ich... Es... ist kompliziert? Es ist... bescheuert und nicht der Rede wert." „Doch ist es, wenn es unserem Freundeskreis komische Vibes verpasst", konterte Daria und schüttete uns etwas von dem Weißwein nach. „Sie ist eifersüchtig auf mich, weil unsere Lehrerin meinen Namen eher wusste als ihren. Sie ist eifersüchtig, wenn sie mich etwas länger anschaut als sie", während ich die Worte hervorpresste, schaute Daria mich ungläubig an und schüttelte den Kopf, „Ich habe doch gesagt es ist bescheuert!" „Okay okay", sagte sie, „damit habe ich einfach nicht gerechnet." „Sie hat mich deswegen angemault und als Frau Fischer letztens über meine fehlenden Hausaufgaben hinwegsah, war sie empört darüber, dass ich keine Strafe bekommen habe", es auszusprechen führte mir vor Augen, wie lächerlich die Situation wirklich war und ich ein ernstes Wort mit Greta sprechen musste, auf jeden Fall dann, wenn ich unsere Freundschaft nicht gefährden wollte. Daria schaute mich fast schon entsetzt an und setzte sich gerade hin, um mir kurz darauf tief in die Augen zu schauen: „Sie wollte, dass du Ärger bekommst?!" „Ja, sie fand es einfach doof, dass Frau Fischer ein Auge zugedrückt hat. Vermutlich ist innerlich bei ihr eine Sicherung durchgebrannt, sie war auch so wütend darüber, dass Frau Fischer ihren Namen nicht wusste... Ach, ich hab doch keine Ahnung", antwortete ich achselzuckend und kümmerte mich lieber wieder um Jasper, der genüsslich gähnte, „Lass uns über was anderes reden." „Okay, wie du möchtest", lenkte Daria ein, „Oder hast du noch Lust auszugehen?"

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt