Kapitel 15

1.8K 266 76
                                    

Leise öffnete ich meine Zimmertür und schlich durch den Flur. Aus dem Wohnzimmer konnte ich die Stimmen meiner Eltern hören. „Du kannst unserem Sohn doch nicht einfach so gewalttätig gegenüber werden", fuhr meine Mutter ihren Mann an. „Aber er kann sich doch nicht einfach von irgendsoeinem Rowdy durchnehmen lassen", zischte der, „dieses Haus hat Ehre."

Mit finsterer Miene verließ ich schließlich leise das Apartment und wollte mit dem Lift gerade in den Keller, in welchem mein Auto geparkt war, fahren als mir einfiel, dass ich ja Alkohol getrunken hatte. Verdammt in diesem Zustand konnte ich kein Auto fahren. Verzweifelt seufzend drückte ich den Knopf für das Erdgeschoss und spürte kurz darauf das kurze Kribbeln in meinem Bauch, als der Lift in die Tiefe sank.

Ich hasste das Gefühl.

Ohne die Rezeption zu beachten, schlenderte ich mit meiner geschulterten Tasche nach draußen. Die Sonne war bereits untergegangen, sodass lediglich die Scheinwerfer der Autos und Straßenlichter, die Luft erhellten. Mein erster Gedanke war es zu Taehyung zu fahren, doch der wohnte im Gegensatz zu mir etwas weiter abseits des Stadtzentrums. Ohne Auto würde ich es wohl kaum zu ihm schaffen... immerhin hatte ich noch nie in meinem Leben die Öffis genutzt.

Und in dieses Untergrund Labyrinth wollte ich mich ganz sicher nicht begeben. Etwas aufgeschmissen ließ ich die Arme hängen und seufzte einmal laut.

„Und erfüllen sie dir deinen Traum?", erklang plötzlich eine bekannte Stimme hinter mir.

Erschrocken drehte ich mich um und entdeckte Yoongi hinter mir. Angelehnt an die Wand stand er dort und musterte mich lässig. „Weiß ich noch nicht genau...", erklärte ich bedrückt und umklammerte den Gurt meiner Tasche. Ich hatte nicht damit gerechnet, den Hellhaarigen hier draußen anzutreffen. Und die Tatsache, ihn jetzt zu sehen, erinnerte mich augenblicklich an das Problem, das dieser Affe in meiner Hose ausgelöst hatte. Doch das würde ich mir sicherlich nicht anmerken lassen.

„Was machst du hier?", fragte ich verwirrt und kniff die Augen zusammen. „Hab gerade geschaut, mit welchem Bus ich nach Hause komme", erklärte er und hielt dabei sein Handy in die Luft. Schweigend nickte ich, als sich mein Gegenüber von der Wand abstieß und einen Schritt auf mich zukam.

„Und du?"

Beschämt richtete ich den Blick gen Boden. Es war sicherlich nicht in meinem Interesse mit diesem Affen über meine Familienprobleme zu schnacken, doch auf der anderen Seite, hatte er mir den gesamten Tag geholfen, also schuldete ich ihm wohl etwas Ehrlichkeit. „Meine Eltern haben mich noch nie geschlagen...", gestand ich kleinlaut und presste angespannt die Lippen aufeinander.

„Dann weißt du jetzt ja, dass sowas nicht nur im Ghetto vorkommt", erwiderte er trocken, was mich genervt die Augen verdrehen ließ. War ja klar, dass sowas kommen würde. Wie hatte ich auch nur ein wenig Empathie von einem minderentwickelten Affen wie ihm erwarten können?!

Doch plötzlich fiel mir wieder seine Schwester ein. Irgendjemand hatte diese ebenfalls geschlagen und riesiges Mitgefühl hatte das nicht in mir ausgelöst... eher Furcht - vor Menschen wie ihnen. Doch Yoongi hatte recht. Es war mein Vater, der mich geschlagen hatte und das trotz der guten Verhältnisse, in denen wir lebten.

Schluckend straffte ich die Schultern. Was für ein beschissener Abend das doch war und dabei hatte der Tag so gut angefangen.

„Und was hast du jetzt vor?", fragte Yoongi seufzend und stellte sich weiter vor an den Straßenrand, wo er die Hände in den Hosentaschen verschwinden ließ. „Na ich will ganz sicher nicht wieder da hoch...", fuhr ich ihn etwas gereizt an. Wieso musste ausgerechnet er derjenige sein, der mich in dieser Situation sah?!

„Und wo willst du dann hin?"

Die Tatsache, dass er mich nichtmal ansah, während er das fragte, machte mich irgendwie wütend. Und die Tatsache, dass ich keine Antwort auf seine Frage hatte, brachte mich förmlich zum Kochen. „Keine Ahnung...", murrte ich und stampfte mit meinem Fuß auf einer am Boden zerdrückten Zigarette herum.

Ich könnte Tae fragen, ob er mich abholt, aber so wie ich diesen kannte, war der ohnehin gerade in irgendeinem Club. Immerhin liebte er es unter Menschen zu sein und es war Samstag Abend.

Von Yoongi kam ein langes Seufzen und ich wollte ihn gerade anpampen, dass er ja schließlich nicht mit mir reden brauchte, wenn es so eine Qual war, als er plötzlich das Wort ergriff.

„Wenn du keinen Platz zum Schlafen hast, kannst du auch mit zu mir kommen", erklärte er mit rauer Stimme und zuckte kurz unbeeindruckt mit den Schultern. Verdutzt klappte mir das Kinn herunter. Yoongi stand nach wie vor mit dem Rücken zu mir und beobachtete den Straßenverkehr.

„Also nur für ein paar Tage", hing er hinterher, was mich wieder aus dem Schock riss. Genau in diesem Moment bog ein Bus um die Ecke und hielt schwergängig vor Yoongi am Bürgersteig. Erst jetzt verstand ich, dass wir uns an einer Bushaltestelle befanden und der Hellhaarige deswegen hier gewartet hatte. Zischend öffneten sich die Türen, woraufhin Yoongi in das Gefährt einstieg und sich im Eingang wieder zu mir umdrehte.

„Also was ist jetzt Kleiner?"

______________

Wie schnell sich so eine Unterkunftsfrage doch klären kann^^ macht klein Jimin sich auf einen Überlebenstrip ins Ghetto?

Thanks for 3 K Reads❤️

⭒ 𝐒𝐔𝐆𝐀𝐒 𝐌𝐎𝐂𝐇𝐈 | уຕ / ᴋᴠWo Geschichten leben. Entdecke jetzt