Kapitel 7

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Überfordert mit dem Wind, der heftig in mein Gesicht klatschte und meine Lippen so unkontrolliert durch die Gegend schwabbeln ließ, versuchte ich mit zusammengekniffenen Augen irgendwie zu erkennen, wohin wir fuhren.

Doch meine Augen hatten dies nicht gerade leicht... um genau zu sein, sah ich nichts.

Alles was ich wusste war, dass Yoongi direkt vor mir auf diesem rotgelben Motorrad saß und mit einem Affenzahn durch Seoul brauste. Wenn ich wegen diesem Affen sterben würde, dann würde ich ihm das definitiv aus dem Land der geweihten heimzahlen. Darauf konnte er sich verlassen.

Und meine Beerdigung durfte er dann auch zahlen. Einfach aus Prinzip.

Aber ich war ja auch selbst schuld, wenn ich mich einfach zu ihm setzte. Ich hatte doch bloß meine Mutter schocken wollen und ganz vergessen, wie sehr mich all das hier selbst schockte. Vermutlich war der Hellhaarige auf dem Weg zu seinem nächsten Drogendeal oder so und ich kleines rosahaariges Richkind würde nun direkt in dieses Geschäft platzen... was hatte ich mir nur dabei gedacht?!

Was taten große, böse Drogendealer mit kleinen Jungs wie mir? Ach du scheiße. Ich wollte noch nicht sterben. Ich war zu jung zum sterben.

Plötzlich hielt Yoongi und das Heulen des Motorrads verstummte.
War es jetzt soweit? Hatte ich den Schauplatz meiner Hinrichtung erreicht?

Vorsichtig öffnete ich erst das eine und dann das andere Auge, während Yoongi bereits von dem Motorrad stieg und seinen Helm beiseite legte. Ohne mich zu beachten setzte er sich in Bewegung und ließ mich auf dem gelbroten Teil zurück, welches unter meinem Fliegengewicht keine Anstalten machte umzukippen.

Etwas skeptisch ließ ich meinen Kopf von einer Seite zur anderen schwenken. Wir befanden uns in irgendeinem Park. Ich kannte diesen Ort nicht, aber er war nicht so gepflegt und schön bepflanzt, wie die, die ich aus meinem Bezirk kannte. Vermutlich befanden wir uns wieder in seinem Viertel oder irgendwo in der Nähe.

Suchend schaute ich mich nach Yoongi um und entdeckte diesen ein gutes Stück weiter auf eine Bank zu laufen, auf der ein Mädchen saß. War das seine Freundin?

Schnell schüttelte ich den Kopf. Er würde sich wohl kaum mit mir treffen, wenn er vergeben war. Aber einen großen, bösen Drogendealer hatte ich mir jedenfalls anders vorgestellt.

Zögernd rutschte ich von dem Motorrad und bewegte mich vorsichtig in Yoongis Richtung. Dieser hatte sich inzwischen neben das Mädchen auf die Bank gesetzt und sie in den Arm genommen. Als ich näher herankam, bemerkte ich, dass sie weinte und fühlte mich plötzlich unglaublich fehl am Platz.

Wer war dieses Mädchen und wieso war Yoongi hier hergefahren, nur um sie zu trösten?

„War er das wieder?", knurrte Yoongi mit einer Stimmlage, die ich zuvor noch nie bei ihm gehört hatte. Etwas erschrocken zuckte ich zusammen.

„Es war ein Unfall", schluchzte sie leise und versteckte ihr Gesicht an der Brust des Hellhaarigen. Verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch. Was war ein Unfall?

„Wie zur Hölle soll das ein Unfall gewesen sein?", hakte Yoongi angespannt nach und strich ihr tröstend über das schwarze Haar. Alles was ich von ihr erkennen konnte, war die enge Jeans an ihren Beinen und die eleganten Boots, die allerdings schon an einigen Stellen abgewetzt waren und nicht die neusten zu sein schienen. „Er war nur gereizt...", erklärte sie wimmernd, „ich hab ihn provoziert. Es war also meine Schuld."

„Nein Sura...", knurrte er leise, „du darfst diesen Arsch nicht mehr treffen."

„Aber ich liebe ihn doch...", jammerte sie und löste sich von dem Hellhaarigen, worauf ich das erste Mal freie Sicht auf ihr Gesicht bekam und die bläuliche Schwellung an ihrem Auge erkannte. Geschockt schreckte ich zurück. In was für einem Viertel war ich hier gelandet, wo man zierliche Mädchen schlug?!

⭒ 𝐒𝐔𝐆𝐀𝐒 𝐌𝐎𝐂𝐇𝐈 | уຕ / ᴋᴠWo Geschichten leben. Entdecke jetzt