Kapitel 2

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Auf leisen Sohlen schlich ich mich noch am selben Abend ins Apartment. Nach meinem falschen Outing war ich einfach umgedreht und hatte die Event-Halle verlassen. Tae war mir gefolgt und zusammen waren wir erstmal ein Weilchen herum gefahren und hatten Musik gehört. Doch früher oder später musste ich nunmal wieder nach Hause und so hatte Tae mich hier vor ca. 10 Minuten abgesetzt.

Inständig hoffte ich, dass ich meinen Eltern heute nicht mehr begegnen würde, obwohl ich die geladene Anspannung in unserem Loft schon förmlich spüren konnte. Mit angehaltenem Atem tapste ich den Flur entlang, bis ich schließlich zu meiner Zimmertür kam. Diese gerade öffnend, hörte ich plötzlich Schritte hinter mir und zuckte zusammen.

„Junger Mann! Wo geht's denn hin so heimlich?", erklang die kalte Stimme meiner Mutter hinter mir. Seufzend drehte ich mich um. Mal einen Abend, ohne eine Auseinandersetzung mit meinen Eltern, ins Bett gehen zu können, war wohl ein zu utopischer Gedanke.

„Komm bitte in's Wohnzimmer", verlangte sie schließlich als ich nichts sagte, „wir müssen dringend über dein unangebrachtes Verhalten sprechen."

Immer wieder, wie als sei es mein Mantra, trichterte ich mir ein, dass ich es einfach ruhig hinter mich bringen müsste. Meistens reichte ein braves Nicken und ein „ihr habt ja recht", um den Konflikt schnell zu lösen... jedenfalls bis zum nächsten Abend.

Im Wohnzimmer wartete schon mein Vater mit einem Weinglas in der Hand. Doch das friedliche Bild trügte und das verriet mir auch sein angespannter Gesichtsausdruck.

„Deine Mutter hat mir erzählt, mit welch katastrophalen Verhalten du heute den Chois entgegen getreten bist", fing er langsam an und stellte sein Weinglas auf dem kleinen Getränketisch ab, „was fällt dir ein Jimin, dich vor unseren Partnern als Schwuchtel auszugeben? Hast du vergessen, welch Ehre dieses Haus hat? Und du beschmutzt diese einfach."

Fassungslos schnaubend sah ich ihn an. „Welche Ehre Vater? Ihr schiebt die Leute hin und her, so wie sie euch zum Vorteil dienen... das hat nichts mit Ehre zu tun." „Wie kannst du es wagen, das Wort gegen mich zu erheben?", drohte er nun mit mehr Nachdruck in der Stimme, doch das beeindruckte mich schon lange nicht mehr.

Beruhigend legte meine Mutter ihm die Hand auf die Schulter und trat hervor.
„Jimin ich habe Mr. und Mrs. Choi beruhigen und diese davon überzeugen können, dass es sich bei deinem kleinen Outing bloß um einen schlechten Scherz gehandelt hat", erklärte sie ruhig, jedoch mit nicht weniger Nachdruck in der Stimme, als bei meinem Vater. „Du wirst demnach nächste Woche zu dem Vorstellungsgespräch gehen und die Stelle in seiner Firma annehmen, sofern er dir diese noch anbietet."

Ich wollte mich gerade zu einem Protest auflehnen, als sie mich mit ihrer erhobenen Hand wieder zum Schweigen brachte.
„Und", setzte sie energisch hinterher, „du wirst dich mit seiner Tochter treffen und dir das Wohlwollen dieser Familie zurück holen, hast du das verstanden Jimin?"

Ihre Stimme jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Nur sie schaffte es, einen mit ihren Worten gefühlt in die Eiszeit zu katapultieren.

Mit zusammen gekniffenen Augen funkelte ich sie an. „Ich gestehe, dass ich mich zu Männern hingezogen fühle und ihr zwingt mich, mich mit einem Mädchen zu treffen?", hinterfragte ich ihre Aussage und wanderte mit einem fassungslosen Blick zwischen den beiden hin und her. „Ttz Jimin", schnalzte meine Mutter unbeeindruckt, „das ist doch nicht viel mehr als nur eine Phase. Wir dulden keinen schwulen Sohn, so haben wir dich nicht erzogen!"

Als ob auch nur irgendeiner der beiden in den vergangenen 18 Jahren irgendwie die Zeit darauf verwendet hatte, mich zu erziehen. Das hatten immer Kindermädchen übernommen - Lucy.

⭒ 𝐒𝐔𝐆𝐀𝐒 𝐌𝐎𝐂𝐇𝐈 | уຕ / ᴋᴠWhere stories live. Discover now